Un spécialiste

F/D/Ö/B/Israel 1998 · 123 Minuten
Regie: Eyal Sivan
Drehbuch: ,
Kamera: Leo Hurwitz

In diesem Justiz­drama entfaltet sich das Portrait eines Büro­kraten, der sich beflissen an Gesetz und Hier­ar­chie hielt und als Funk­ti­ons­träger und Nazio­f­fi­zier für die Vernich­tung von Millionen Menschen verant­wort­lich war – ein mons­tröser Verbre­cher im zwan­zigsten Jahr­hun­dert.
Der Ange­klagte Adolf Eichmann ist ein Mann mittlerer Größe, um die Fünfzig, kurz­sichtig, fast kahl, mit seltsam nervösen Zuckungen. Während des gesamten Prozesses sitzt er in einer Glas-Box, umgeben von sorg­fältig gesta­pelten Doku­menten, die er mit Anmer­kungen versieht, in denen er nachliest und uner­müd­lich blättert. Experte für Emigra­tion, Spezia­list für die »jüdische Frage«, zwischen 1941 und 1945 verant­wort­lich für den Transport der »aus rassi­schen Gründen« Depor­tierten in die Nazilager, beschreibt er seine Arbeit mit beklem­mender büro­kra­ti­scher Präzision. Ange­sichts des Gerichts und der Opfer, die der Hölle entkamen und nun einander in den Zeugen­stand folgen, räumt er ein, den Todes­fa­briken die Kontin­gente zur Vernich­tung geliefert zu haben. Er gibt sich alle Mühe, seinen Konflikt zwischen beruf­li­cher Pflicht und mensch­li­chem Gewissen darzu­legen und besteht dann darauf, daß niemand ihm vorwerfen könne, seine Arbeit schlecht getan zu haben.
Berauscht vom Wahn­ge­bilde seiner eigenen Ohnmacht, beschreibt sich der Ange­klagte als einen »Tropfen im Ozean, Instru­ment in den Händen über­ge­ord­neter Mächte«. Wenn er es nicht gemacht hätte, so sagt er, dann hätte ein anderer seinen Platz einge­nommen.
Der Kontrast zwischen der Monstro­sität des Verbre­chens und der Mittel­mäßig­keit des Ange­klagten frappiert auf den ersten Blick – aber mehr noch in dem Maße, wie die 13 Szenen aufein­an­der­folgen, aus denen dieser Film kompo­niert ist: das Portrait eines entsetz­lich normalen Menschen. Un spécia­liste wurde ausschließ­lich unter Verwen­dung der 350-stündigen Film­auf­zeich­nungen von Leo Hurwitz montiert. Er hatte 1961 in Jerusalem mit der Video­ka­mera den spek­ta­ku­lären Prozeß gegen den Nazi-Verbre­cher Adolf Eichmann doku­men­tiert.

The Specia­list is a courtroom drama and an unfolding portrait of an bureau­crat. It describes a man who zealously adhered to the law and to hierarchy, a man who, as a top official and Nazi officer, was respon­sible for the destruc­tion of millions of people – a criminal in an modern age. The accused, Adolf Eichmann, is a man of average height; he is around fifty years of age, short-sighted, almost bald and has a strange nervous twitch. During the entire trial he sits in a glass box, surrounded by carfully piled up documents which he annotates, reads and constantly flicks through. Eichmann, who was an expert on emigra­tion, a specia­list in the »Jewish question« and respon­sible for the trans­por­ta­tion »on account of their race« of those who were deported to the concen­tra­tion camps between 1941 and 1945, describes his work with oppres­sive bureau­cratic precision. Up against the court and face to face with those victims who managed to escape hell and who now take the witness stand one after another, Eichmann admits to having supplied the death camps with their »contin­gent for destruc­tion«. He does his best to explain his conflict between a profes­sional sense of duty and his moral consci­ence – but then insists that nobody could accuse him of having done a bad job.
Carried away by an illusion of his own power­less­ness, the accused describes himself as a »drop in the ocean, a tool in the hands of superior powers«. If he had not done it, he says, then someone else would have taken his place. The contrast between the mons­tro­sity of Eichmann’s crimes and the medi­o­crity of the accused man himself is asto­nis­hing right from the outset, but becomes more extreme during the course of the thirteen scenes that follow which make up this film. The result is the portrait of a horri­fy­ingly normal person.
The Specia­list was put together solely from the three-hundred-and-fifty hours of film recorded by Leo Hurwitz during the spec­ta­cular trial against Nazi war criminal Adolf Eichmann, which took place in Jerusalem in 1961.

BIO-FILMOGRAPHIE
Eyal Sivan
1964 in Haifa geboren, aufge­wachsen in Jerusalem. Verließ das Gymnasium vor dem Abitur, um sich der Foto­grafie zu widmen. Als er 1982 während des Liba­non­kriegs zum Militär­dienst einbe­rufen wird, gelingt es ihm, sich für untaug­lich erklären zu lassen. Wird Mode­fo­to­graf und siedelt 1985 nach Frank­reich um. Doku­men­tar­filmer seit 1987.

Filme:
1987 AQUABAT JABER – VIE DE PASSAGE
1990 IZKOR – LES EXCLAVES DE LA MEMOIRE
1991 ISRALAND
1993 ITGABER – LE TRIOMPHE SUR SOI
1994 JERUSALEM – LE SYNDROME BORDERLINE
1995 AQUABAT JABER – PAIX SANS RETOUR
1996/97 POPULATION EN DANGER
1999 UN SPECIALISTE

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