Dokumentation (16 mm)
»Fünf Filme erzählen von straffällig gewordenen Kindern und Jugendlich aus dem Hamburger Johannes-Petersen-Heim.
Ende März 1984 fahren zwei Sozialpädagogen und ein Lehrer mit sieben Jungen zwischen 12 und 15 Jahren nach Südportugal, um dort drei Monate in Zelten zusammenzuleben und zu lernen. Ende Januar 1985 verlassen vier Erzieher, diesmal mit fünfzehn Jugendlichen, Hamburg wieder. Für sieben Monate. Ihr Anspruch: Sieben Jugendliche auf den Hauptabschluß vorzubereiten
und die Jüngeren – alle bisher massive Schulverweigerer – an regelmäßigen Schulunterricht heranzubringen.
Film 1 (60 Minuten): ABGEHAUEN, ZURÜCKGEBRACHT, WIEDER ENTLAUFEN
Christian, 15 Jahre alt, wird drei Tage vor der Abreise aus der Jugendstrafanstalt Neuengamme am 23.4.1984 entlassen, um mitzufahren. Noch vor der Abfahrt stiehlt er ein Auto. Tarkan, 13 Jahre alt, ist seit einer Woche im Johannes-Petersen-Heim. Die Biographien der sieben Jungen ähneln sich. Schulen und andere Heime weigern sich, diese Kinder aufzunehmen. Sie kommen alle aus kaputten Familien, sind auf der Straße
und im kriminellen Milieu aufgewachsen, in Erziehungsanstalten gesteckt worden und von dort immer wieder abgehauen. Schulunterricht haben sie bisher entweder radikal verwiegert oder nur ab und zu mal mitgemacht. Dafür kennen sie sich auf dem Kiez, auf dem Haptbahnhof, in der Stricher- und Drogenszene aus. Diese Kinder aus ihrer Revolte zu befreien und dabei ihre Lebenssituation zu würdigen, erfordert eine entsprechend außergewöhnliche berufliche und menschliche
Leidenschaft. In Portugal, nach fünf Tagen Fahrt, ist Tarkan verschwunden. Er hat der Gruppe 800 Mark geklaut.
Film 2 (65 Minuten): WARTEN, BIS DER LETZTE VON UNS DA IST
Der zweite Film beginnt Anfang April mit der Rückkehr von Tarkan. Mit den geklauten 800 Mark wollte er wieder nach Hamburg. In der nächsten Nacht ist Christian weg. Die Gruppe fährt weiter nach Lissabon, um dort Nachforschungen über Christian einzuleiten. Gleichzeitig beginnt der Schulunterricht. Christian ist von der Polizeit wieder einmal bei einem Autodiebstahl erwischt worden. Drei Tage später ist er wieder bei der
Gruppe. Ein pädagogischer Klärungsversuch beginnt: Warum das Abhauen? Warum das Klauen? Warum das mit den Autos?
Film 3 (43 Minuten): LIEBE GRÜSSE AUS PORTUGAL
Der dritte Film zeigt den Alltag der Gruppe in Südportugal – das Leben in Zelten und in einem kleinen Bus mit Anhänger und dem täglich unerbittlichen Schulunterricht im Frühling 1984.
Film 4 (42 Minuten): MORGEN WIRD WIEDER ALLES GANZ ANDERS SEIN
Christians Beteiligung an dieser Fahrt ist nur durch eine engagierte Zusammenarbeit zwischen seiner Bewährungshelferin, dem Staatsanwalt und den Erziehern des Johannes-Petersen-Heims möglich geworden. Gedacht und durchgesetzt als letzter Versuch, seine sozial ungünstigen Verhältnisse noch zu beeinflussen. Erst unmittelbar vor Abfahrt darf Christian aus dem Hamburger Untersuchungsgefängnis abgeholt
werden. Nach zwei Monaten lebt Christian wieder im Gefängnis, in Portugal. Wegen Diebstahls von Radios und Armbanduhren. ›Behördenskandal! Eigenartige Therapie für schwer erziehbare Jugendliche. Sieben Monate Traumreise auf Kosten der Steuerzahler!‹ steht in der Zeitung. Der Bauer-Verlag schickt zwei Reporter nach Südportugal. Es kommt zum Zusammenprall. Der Verzicht auf Bestrafung von ›kriminellen‹ Kindern ist Angriffsziel rechter Politik und
ihrer Presse. Das Amt für Jugend erwägt, das Projekt abzubrechen. Aber, es ist nicht die Zeit für Selbstmitleid – die Gruppe arbeitet weiter.
Film 5 (80 Minuten): DER WEG DES GERINGSTEN WIDERSTANDS IST NICHT UNSER WEG INS LEBEN
Der letzte Film beginnt Ende August 1985 mit der Rückkehr der Gruppe nach Hamburg. Drei Tage später ist der erste Schultag, in zwei Wochen für Dirk, Mirko, Wolfgang, Kader, Tommy, Sven und Astrid der wichtigste Prüfungstag für ihren Hauptabschluß vor einer Kommission. Die sieben Monate vorher haben alle auf diese Prüfung hingearbeitet. Astrid geht zurück in alte Kreise von Zuhältern. Wird sie zur
Prüfung kommen
Produktion: Film 1 und 2: NDR, Film 3,4 und 5: Common Film Produktion/NDR, gefördert vom Hamburger Filmbüro e.V.
Preise: Adolf-Grimme-Preis in Silber, 1985 für Film 1; Lobende Erwähnung der ökumenischen Jury, 1986 Nyon; Dokumentarfilmpreis 1986 der AG Filmjournalisten u.a. mehr«
(15. internationales Dokumentarfilmfestival München)