Vertrauenssachen |
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Eine bissige Satire über ein Phänomen unserer Zeit: Interviews zu einer Liebesgeschichte | ||
(Foto: CINEMA! ITALIA!) |
Von Elke Eckert
Die Geschichte von Frank und Nina (La Storia Del Frank E Della Nina) spielt in einem Mailänder Vorort und erzählt vom Leben und den Träumen dreier Jugendlicher. Genauer gesagt, erzählt einer der drei davon, und weil dieser Carlo, der auch Gollum genannt wird, nicht sprechen kann, sprüht er das, was er denkt, an die Wände. Frank redet dafür umso mehr und es gibt auch wenig, wozu er nichts zu sagen hat. Nina, die Dritte, will unbedingt studieren, um ein freieres Leben zu haben. Was angesichts der Tatsache, dass die 16-Jährige schon Mutter ist und in einer Beziehung mit einem Kriminellen steckt, nicht so einfach ist... Paola Randis unkonventionelles Außenseiter-Porträt ist eine Liebeserklärung an ihre Heimatstadt und ihre jugendlichen Helden. Und auch ihre Liebe zum Kino kommt durch visuelle Besonderheiten und viele Filmzitate nicht zu kurz. (Sonntag, 12.10., 18 Uhr / Dienstag, 21.10., 18 Uhr)
Anna hat nach ihrer Scheidung Mailand den Rücken gekehrt und sich für ein Leben auf dem Land entschieden. Das Grundstück an der Küste Sardiniens, auf dem die junge Frau jetzt mit einer Ziegenherde lebt und Käse produziert, gehörte ihrem verstorbenen Vater. Als eines Tages die Bagger anrollen, weil auf diesem Fleckchen Erde ein Luxushotel entstehen soll, beginnt für Anna ein erbitterter Kampf gegen übermächtige Gegner… Die Handlung des David-gegen-Goliath-Dramas ist von einer wahren Geschichte inspiriert, die vor nicht allzu langer Zeit auf Sardinien passiert ist. Regisseur Marco Amenta hat die Titelrolle mit einer Newcomerin besetzt, und Rose Aste enttäuscht das in sie gesetzte Vertrauen nicht. Ihre intensive Performance trägt den Film und bleibt in Erinnerung. (Freitag, 10.10., 18 Uhr / Mittwoch, 22.10., 18 Uhr)
Vertrauen ist auch das Schlüsselwort des gleichnamigen Dramas Confidenza. Während einer Affäre mit seiner Schülerin Teresa offenbart ihr Lehrer Pietro ein Geheimnis, das sonst niemand kennt. Sie tut es ihm gleich. Und so wissen die beiden etwas voneinander, das besser nicht publik werden sollte, weil es das Bild, das ihr Umfeld von ihnen hat, völlig verändern würde. Doch kann man jemandem vertrauen, von dem man sich schon vor Jahren getrennt hat und mit dem einen nichts mehr verbindet außer dieses Geheimnis? – Regisseur Daniele Luchetti inszeniert sein Psychodrama auf mehreren Zeitebenen und steigert damit die Fallhöhe, weil Pietro über die Jahre zum verheirateten, sehr bekannten Buchautor wird, der viel zu verlieren hat. Elio Germano spielt ihn grandios und macht seine Zerrissenheit und Angst vor dem Verrat spürbar. Die Geschichte basiert auf einem Roman von Domenico Starnone. (Samstag, 11.10., 20.15 Uhr / Freitag, 17.10., 20.15 Uhr / Sonntag, 19.10, 17.45 Uhr)
Lucia und Paolo sind bereit, sehr viel von sich preiszugeben und das auch in der Öffentlichkeit. Auch wenn Letzterer erst von Lucia überredet werden muss, an der TV-Reality-Show „Leichen im Keller“ teilzunehmen. Mit auf den ersten Blick guten Argumenten: Nach acht Jahren ist die Beziehung der beiden etwas eingeschlafen und auch ihre Schauspielkarrieren stecken in einer Sackgasse fest. Da kann ein bisschen Abwechslung und Sichtbarkeit doch nicht schaden… Interviews zu einer Liebesgeschichte (Indagine Su Una Storia D’Amore) ist eine bissige Satire über ein Phänomen unserer Zeit, in der der Wunsch nach Selbstdarstellung und die Neugierde auf das Leben anderer sich gegenseitig bedingen und Einschaltquoten und Klicks in die Höhe treiben. Was das mit den handelnden Personen und einer Gesellschaft macht, verdeutlicht Gianluca Maria
Tavarelli in seiner unterhaltsamen und entlarvenden Tragikomödie.
(Donnerstag, 9.10., 18 Uhr / Samstag, 18.10., 18 Uhr)
Stefano Chiantinis berührender Film Eine Mutter (Una Madre) zeigt, was es bedeutet, eine solche zu sein. Und das auf außergewöhnliche Art und Weise. Es geht um ein Baby und drei Frauen, von denen keine die Mutter des Kindes ist. Die junge Deva hat vielmehr eine schwierige Beziehung zu ihrer eigenen Mutter Giovanna, mit der sie in prekären Verhältnissen zusammenlebt. Weil das Geld sehr knapp ist, übernimmt Deva einen Job im Fischladen von Carla, die ihren einjährigen Enkel alleine aufzieht. Als sie gelegentlich auf ihn aufpasst, lernt Deva Verantwortung zu übernehmen, auch für ihr eigenes Leben… Hauptdarstellerin Aurora Giovinazzo schlüpft nicht nur beeindruckend in die Rolle einer harten, traumatisierten jungen Frau, sondern spielt auch deren weiche und verletzliche Seite überzeugend. (Montag, 13.10., 18 Uhr / Donnerstag, 16.10., 18 Uhr)
Im Filmklassiker Hände über der Stadt (Le mani sulla città) stürzt im Rahmen der Stadterweiterung ein Wohnhaus in Neapels Armenviertel ein. Der verantwortliche Bauunternehmer versteht es, die Situation für sich zu nutzen, indem er sich mächtige Verbündete schafft. – Das gesellschaftskritische Drama gewann 1963 bei den Filmfestspielen in Venedig den Goldenen Löwen und machte Francesco Rosi, der 1922 in Neapel geboren wurde und 2015 in Rom starb, zu einem der bedeutendsten italienischen Regisseure der Nachkriegszeit. 2008 erhielt Rosi bei der Berlinale den Goldenen Bären für sein Lebenswerk. (Dienstag, 14.10., 18 Uhr / Sonntag, 19.10., 11 Uhr)
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Alle Filme werden im italienischen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.