01.05.2025

Warum ich die Petition unterschrieben habe

Wolfram Weimer 2019
Wolfram Weimer (2019)
(Foto: Raimond Spekking · CC BY-SA 4.0)

Von Hans Jochen Wagner

Für mich, wie vermut­lich für alle Kultur­schaf­fende kam die Ernennung von Wolfram Weimer zum desi­gnierten Kultur­staats­mi­nister völlig über­ra­schend.

Wir in Berlin waren dies­be­züg­lich schon Kummer gewohnt. Die Ernennung von Joe Chialo zum Kultur­se­nator Berlins war ähnlich über­ra­schend und hatte leider uner­freu­liche Folgen. Die Kultur in Berlin hatte in ihrem Kultur­se­na­toren meistens einen Fürspre­cher und Vertei­diger ihrer Inter­essen gehabt.

Plötzlich schien sich alles umzu­drehen, der Kultur­se­nator war plötzlich zum Über­bringer schlechter Nach­richten aus dem Senat an die Kultur degra­diert worden, vorge­schickt wie eine Art Prügel­knabe, um der fassungs­losen Kultur­szene radikale Einspa­rungen in ihrem Bereich salbungs­voll zu verkünden, ohne vorher das Gespräch mit ihr gesucht zu haben, um anschließend die berech­tigte Wut, dieses Vorgehen ausgelöst hat, über sich ergehen zu lassen.

Es wurde gemunkelt, wenn Chialo das politisch überleben würde, würde er mit dem Kultur­staats­mi­nis­te­rium dafür belohnt. Jetzt wurde diese Befürch­tung einfach von rechts überholt. Wolfram Weimer hat sich aus Friedrich Märzens (rechten) Ärmel zaubern lassen.

Zu Wolfram Weimer lässt sich viel recher­chieren, anders als zu Chialo, und es entsteht das Bild eines Erzkon­ser­va­tiven mit großem Sendungs­be­wusst­sein und mit einem Hang zu rheto­ri­schen Ausflügen in extrem rechte Narrative. Eine Nähe zur Kultur scheint er bisher nicht gesucht zu haben.

Man könnte nun sagen: jetzt lass ihn erst mal machen, was ich für sehr falsch hielte, (siehe Chialo) oder zum Beispiel eine Petition unter­schreiben, die davor warnt diese Person zum Kultur­staats­mi­nister zu ernennen.
Das habe ich getan, nicht weil ich die Illusion habe, durch eine solche Petition könne Wolfram Weimer noch verhin­dert werden, sondern um mit anderen das Zeichen zu setzen: wir wissen, für was dieser Jour­na­list und Medi­en­un­ter­nehmer bisher gestanden hat und durch welche Äuße­rungen er bisher aufge­fallen ist und wir werden ihn deshalb sehr genau beob­achten.

Denn auch wenn die deutsche Kultur bisher zumindest bei den gemäßigten Konser­va­tiven immer recht gut aufge­hoben war, scheint es ange­sichts leerer öffent­li­chen Kassen und eines immer raueren poli­ti­schen Tones damit vorbei zu sein, als wären Kunst und Kultur plötzlich wieder nur kost­spie­liges Beiwerk, das sich der Staat in guten Zeiten gerne leistet, in schlech­teren aber eher wieder loswerden will.
Oder, um es mit Rolf Hochhuth zu sagen: »Als die Zennsur abge­schafft wurde, wurde die Subven­tion einge­führt«

Hans-Jochen Wagner ist ein deutscher Schau­spieler.