Warum ich die Petition unterschrieben habe |
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Wolfram Weimer (2019) | ||
(Foto: Raimond Spekking · CC BY-SA 4.0) |
Für mich, wie vermutlich für alle Kulturschaffende kam die Ernennung von Wolfram Weimer zum designierten Kulturstaatsminister völlig überraschend.
Wir in Berlin waren diesbezüglich schon Kummer gewohnt. Die Ernennung von Joe Chialo zum Kultursenator Berlins war ähnlich überraschend und hatte leider unerfreuliche Folgen. Die Kultur in Berlin hatte in ihrem Kultursenatoren meistens einen Fürsprecher und Verteidiger ihrer Interessen gehabt.
Plötzlich schien sich alles umzudrehen, der Kultursenator war plötzlich zum Überbringer schlechter Nachrichten aus dem Senat an die Kultur degradiert worden, vorgeschickt wie eine Art Prügelknabe, um der fassungslosen Kulturszene radikale Einsparungen in ihrem Bereich salbungsvoll zu verkünden, ohne vorher das Gespräch mit ihr gesucht zu haben, um anschließend die berechtigte Wut, dieses Vorgehen ausgelöst hat, über sich ergehen zu lassen.
Es wurde gemunkelt, wenn Chialo das politisch überleben würde, würde er mit dem Kulturstaatsministerium dafür belohnt. Jetzt wurde diese Befürchtung einfach von rechts überholt. Wolfram Weimer hat sich aus Friedrich Märzens (rechten) Ärmel zaubern lassen.
Zu Wolfram Weimer lässt sich viel recherchieren, anders als zu Chialo, und es entsteht das Bild eines Erzkonservativen mit großem Sendungsbewusstsein und mit einem Hang zu rhetorischen Ausflügen in extrem rechte Narrative. Eine Nähe zur Kultur scheint er bisher nicht gesucht zu haben.
Man könnte nun sagen: jetzt lass ihn erst mal machen, was ich für sehr falsch hielte, (siehe Chialo) oder zum Beispiel eine Petition unterschreiben, die davor warnt diese Person zum Kulturstaatsminister zu ernennen.
Das habe ich getan, nicht weil ich die Illusion habe, durch eine solche Petition könne Wolfram Weimer noch verhindert werden, sondern um mit anderen das Zeichen zu setzen:
wir wissen, für was dieser Journalist und Medienunternehmer bisher gestanden hat und durch welche Äußerungen er bisher aufgefallen ist und wir werden ihn deshalb sehr genau beobachten.
Denn auch wenn die deutsche Kultur bisher zumindest bei den gemäßigten Konservativen immer recht gut aufgehoben war, scheint es angesichts leerer öffentlichen Kassen und eines immer raueren politischen Tones damit vorbei zu sein, als wären Kunst und Kultur plötzlich wieder nur kostspieliges Beiwerk, das sich der Staat in guten Zeiten gerne leistet, in schlechteren aber eher wieder loswerden will.
Oder, um es mit Rolf Hochhuth zu sagen: »Als die Zennsur abgeschafft wurde, wurde
die Subvention eingeführt«
Hans-Jochen Wagner ist ein deutscher Schauspieler.