Mensch gegen Maschine |
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Von Anna Edelmann
Das Maskottchen des flimmern&rauschen Jugendfilmfestivals ist seit Jahren ein sympathischer kleiner Roboter – ein passendes Wappentier für ein Festival, das sich der cineastischen Zukunft verschrieben hat. Seit über 40 Jahren bietet es filminteressierten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Bühne, um ihr kreatives Potenzial zu entfalten und die Schaffenslust der jungen Münchner Filmszene zu präsentieren.
Und nun? Groß und unübersehbar prangt auf den Postern das diesjährige Motto: »Do More Human Things! – Mach mehr Menschliches!«
Ist diese Aufforderung ausschließlich bezogen auf das Sonderthema »Gerechtigkeit«, ein Appell zu mehr Menschlichkeit? Oder steckt darin gar ein Kampfschrei gegen die wachsende Macht der Maschinen? Die Filmwelt ringt – mal wieder – mit den Herausforderungen moderner Technik. Künstliche Intelligenz droht an vielen Stellen kreativen Menschen die Arbeit abzunehmen. Wie also navigieren wir durch diese neue Realität, in der Roboter immer präsenter werden?
Was sind es denn für Eigenschaften, die uns menschlich machen? Da gäbe es einerseits die großen, zwischenmenschlichen Werte wie Nächstenliebe.
20 Lkws, 180 Tonnen Lebensmittel pro Woche, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Alter von 14 bis 96 Jahren – das sind die beeindruckenden Eckdaten gelebter Nächstenliebe. Doch ist es nicht vielmehr auch eine soziale Verantwortung – gerade in einer so wohlhabenden Stadt wie München – dafür zu sorgen, dass essenzielle Dinge wie Lebensmittel gerecht verteilt werden? In ihrem Dokumentarfilm begleiten die Regiepapst Next Azubis & Volos Einen Tag bei der Münchner Tafel lang Menschen, die dort helfen und bedürftige Gäste, die auf diese Hilfe angewiesen sind.
Aber hat das Menschsein andererseits nicht auch etwas herrlich Verspieltes an sich? Und ist somit nicht der Experimentalfilm sein idealer Spielplatz?
Das haben sich auch unsere artechock-Autorin Paula Ruppert und ihre Regiepartnerin Antonia Bader gefragt, die sich als Regieduo »Wir2« Auf der Suche nach dem verlorenen Glühwein befinden und erneut zeigen, wie unkonventionell Nachwuchskunst in Deutschland sein kann. Entgegen der kalendarischen Konventionen wird ihr Weihnachtsfilm so kurz vor Ostern gezeigt, beeindruckenderweise noch bevor die Schoko-Nikoläuse wieder zu früh in den Supermarktregalen Stellung beziehen. In ihrem Kurzfilm hat ein essenzieller Bestandteil der Feierlichkeiten auch genug von dieser zunehmenden Kommerzialisierung: Der heiß geliebte Glühwein verdampft und macht Urlaub in warmen Gefilden. Er hat das mit dem »Fest der Liebe« persönlich genommen und ist nun selbst auf der Suche nach einer Beziehung.
Die Frage bleibt: Wie kann die Kunst mit künstlicher Intelligenz umgehen? Die Regisseurin Antonia Bader von Mopsfilm wagt eine Annäherung und macht sich die KI als Werkzeug zu eigen. Das Geheimnis der Essiggurke – Eine salzige Saga ist vollständig mit Hilfe künstlicher Intelligenz bebildert – der skurril-trockene Witz von Baders Text aber ist unverkennbar menschlich. Es ist keine bittersüße, sondern eine süß-essigsaure Angelegenheit: Ein penibel recherchiertes und doch augenzwinkerndes Essay über die Geschichte der gemeinen Essiggurke und ihren erstaunlichen Einfluss auf unsere Welt – von ihrer Rolle in der Architektur bis hin zu ihrer unverzichtbaren Bedeutung in Schulexperimenten.
Moderne Technik soll uns unterstützen, nicht ersetzen. Sie darf uns liebend gerne die mühsamen und lästigen Alltagsaufgaben abnehmen – aber nicht die wilden und bunten Eigenarten, die uns als Menschen ausmachen. Angeleitet ausgerechnet von dem freundlichen Maschinenmenschenmaskottchen des Festivals können wir uns diese Woche im Gasteig HP8 auf unsere Menschlichkeit zurückbesinnen und uns selbst neu entdecken. Letztendlich ist es vielleicht doch ganz einfach, den ewigen Kampf zwischen Mensch und Maschine zu entscheiden: Nicht die Technik selbst ist die Bedrohung – sondern eine Welt, die aus Bequemlichkeit allzu bereitwillig alle Echtheit durch oberflächliche, verlogene Künstlichkeit ersetzt. Genau das zeigen die über 80 Kurzfilme im Programm – allesamt Werke von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 26 Jahren. Produziert mit wenig Budget, aber mit umso mehr übermütiger Freude am Medium Film, mit spielerischer Neugier auf das Leben und mit dem unermüdlichen Drang, neue Wege zu finden, um ihre Geschichten zu erzählen.
Eben zutiefst menschlich.
flimmern&rauschen – das Jugendfilmfestival
13.03. – 15.03.2025 – Gasteig HP8
Eintritt frei – Um eine Spende von 5 Euro wird gebeten.
Ein Großteil der Filme ist ab dem 13. März online verfügbar; das Streamen der Filme ist kostenlos. Die Preisverleihung wird am 15. 03.2025 ab 20 Uhr im Livestream auf der Webseite des Festivals übertragen.
Weitere Informationen zu Filmprogramm und Rahmenveranstaltungen auf der Webseite des Festivals.