13.03.2025

Mensch gegen Maschine

flimmern&rauschen

Spot auf das flimmern&rauschen Jugendfilmfestival 2025

Von Anna Edelmann

Das Maskott­chen des flimmern&rauschen Jugend­film­fes­ti­vals ist seit Jahren ein sympa­thi­scher kleiner Roboter – ein passendes Wappen­tier für ein Festival, das sich der cine­as­ti­schen Zukunft verschrieben hat. Seit über 40 Jahren bietet es film­in­ter­es­sierten Kindern, Jugend­li­chen und jungen Erwach­senen eine Bühne, um ihr kreatives Potenzial zu entfalten und die Schaf­fens­lust der jungen Münchner Filmszene zu präsen­tieren.

Und nun? Groß und unüber­sehbar prangt auf den Postern das dies­jäh­rige Motto: »Do More Human Things! – Mach mehr Mensch­li­ches!«

Ist diese Auffor­de­rung ausschließ­lich bezogen auf das Sonder­thema »Gerech­tig­keit«, ein Appell zu mehr Mensch­lich­keit? Oder steckt darin gar ein Kampf­schrei gegen die wachsende Macht der Maschinen? Die Filmwelt ringt – mal wieder – mit den Heraus­for­de­rungen moderner Technik. Künst­liche Intel­li­genz droht an vielen Stellen kreativen Menschen die Arbeit abzu­nehmen. Wie also navi­gieren wir durch diese neue Realität, in der Roboter immer präsenter werden?

Was sind es denn für Eigen­schaften, die uns mensch­lich machen? Da gäbe es einer­seits die großen, zwischen­mensch­li­chen Werte wie Nächs­ten­liebe.

20 Lkws, 180 Tonnen Lebens­mittel pro Woche, ehren­amt­liche Helfe­rinnen und Helfer im Alter von 14 bis 96 Jahren – das sind die beein­dru­ckenden Eckdaten gelebter Nächs­ten­liebe. Doch ist es nicht vielmehr auch eine soziale Verant­wor­tung – gerade in einer so wohl­ha­benden Stadt wie München – dafür zu sorgen, dass essen­zi­elle Dinge wie Lebens­mittel gerecht verteilt werden? In ihrem Doku­men­tar­film begleiten die Regie­papst Next Azubis & Volos Einen Tag bei der Münchner Tafel lang Menschen, die dort helfen und bedürf­tige Gäste, die auf diese Hilfe ange­wiesen sind.

Aber hat das Mensch­sein ande­rer­seits nicht auch etwas herrlich Verspieltes an sich? Und ist somit nicht der Expe­ri­men­tal­film sein idealer Spiel­platz?

Das haben sich auch unsere artechock-Autorin Paula Ruppert und ihre Regie­part­nerin Antonia Bader gefragt, die sich als Regieduo »Wir2« Auf der Suche nach dem verlo­renen Glühwein befinden und erneut zeigen, wie unkon­ven­tio­nell Nach­wuchs­kunst in Deutsch­land sein kann. Entgegen der kalen­da­ri­schen Konven­tionen wird ihr Weih­nachts­film so kurz vor Ostern gezeigt, beein­dru­cken­der­weise noch bevor die Schoko-Nikoläuse wieder zu früh in den Super­markt­re­galen Stellung beziehen. In ihrem Kurzfilm hat ein essen­zi­eller Bestand­teil der Feier­lich­keiten auch genug von dieser zuneh­menden Kommer­zia­li­sie­rung: Der heiß geliebte Glühwein verdampft und macht Urlaub in warmen Gefilden. Er hat das mit dem »Fest der Liebe« persön­lich genommen und ist nun selbst auf der Suche nach einer Beziehung.

Die Frage bleibt: Wie kann die Kunst mit künst­li­cher Intel­li­genz umgehen? Die Regis­seurin Antonia Bader von Mopsfilm wagt eine Annähe­rung und macht sich die KI als Werkzeug zu eigen. Das Geheimnis der Essig­gurke – Eine salzige Saga ist volls­tändig mit Hilfe künst­li­cher Intel­li­genz bebildert – der skurril-trockene Witz von Baders Text aber ist unver­kennbar mensch­lich. Es ist keine bitter­süße, sondern eine süß-essig­saure Ange­le­gen­heit: Ein penibel recher­chiertes und doch augen­zwin­kerndes Essay über die Geschichte der gemeinen Essig­gurke und ihren erstaun­li­chen Einfluss auf unsere Welt – von ihrer Rolle in der Archi­tektur bis hin zu ihrer unver­zicht­baren Bedeutung in Schul­ex­pe­ri­menten.

Moderne Technik soll uns unter­s­tützen, nicht ersetzen. Sie darf uns liebend gerne die mühsamen und lästigen Alltags­auf­gaben abnehmen – aber nicht die wilden und bunten Eigen­arten, die uns als Menschen ausmachen. Ange­leitet ausge­rechnet von dem freund­li­chen Maschi­nen­men­schen­mas­kott­chen des Festivals können wir uns diese Woche im Gasteig HP8 auf unsere Mensch­lich­keit zurück­be­sinnen und uns selbst neu entdecken. Letzt­end­lich ist es viel­leicht doch ganz einfach, den ewigen Kampf zwischen Mensch und Maschine zu entscheiden: Nicht die Technik selbst ist die Bedrohung – sondern eine Welt, die aus Bequem­lich­keit allzu bereit­willig alle Echtheit durch ober­fläch­liche, verlogene Künst­lich­keit ersetzt. Genau das zeigen die über 80 Kurzfilme im Programm – allesamt Werke von Kindern, Jugend­li­chen und jungen Erwach­senen unter 26 Jahren. Produ­ziert mit wenig Budget, aber mit umso mehr über­mü­tiger Freude am Medium Film, mit spie­le­ri­scher Neugier auf das Leben und mit dem uner­müd­li­chen Drang, neue Wege zu finden, um ihre Geschichten zu erzählen.

Eben zutiefst mensch­lich.

flimmern&rauschen – das Jugend­film­fes­tival
13.03. – 15.03.2025 – Gasteig HP8

Eintritt frei – Um eine Spende von 5 Euro wird gebeten.

Ein Großteil der Filme ist ab dem 13. März online verfügbar; das Streamen der Filme ist kostenlos. Die Preis­ver­lei­hung wird am 15. 03.2025 ab 20 Uhr im Live­stream auf der Webseite des Festivals über­tragen.

Weitere Infor­ma­tionen zu Film­pro­gramm und Rahmen­ver­an­stal­tungen auf der Webseite des Festivals.