23.01.2025

Cinema for Future

Wind - Die Vermessung der großen Luftozeane
Den Wetterzeppelin starten
(Foto: ZDF/3sat)

Das Filmmuseum München zeigt in der Tradition der FilmWeltWirtschaft Alexander Riedels »Wind« über die Zusammenhänge des Windes, des Wetters und des Klimas

Von Dunja Bialas

Welt­wirt­schafts­forum in Davos, die Inau­gu­ra­tion von Donald Trump in seine zweite Amtszeit als US-ameri­ka­ni­scher Präsident, Sicher­heits­kon­fe­renz in München: Der Januar hat es in sich. Vor allem Donald Trump hält mit seinen Dekreten die Welt in Atem – der Ausstieg aus der WHO und dem Klima­ab­kommen machen die größte Volks­wirt­schaft der Welt zum bizarren Einzel­gänger.

Im Januar wagt auch dieses Jahr wieder das Film­mu­seum München einen genauen Blick in die Phänomene der Welt­wirt­schaft – früher mit der Reihe »FilmWel­tWirt­schaft«, dieses Jahr in der Open Scene (heute, Donnerstag, 23.01.) mit dem Film Wind – Die Vermes­sung des großen Luft­ozeans. In ihm unter­nimmt der Münchner Doku­men­tar­fil­me­ma­cher Alexander Riedel eine Reise rund um den Globus, auf den Spuren des titel­ge­benden Winds, dem wichtigen Wetter- und Klima­ma­cher. Es geht von den Wetter­sta­tionen in der Extrem­kälte des arkti­schen Spitz­bergen in die Wüste von Namibia, wo der zu erwar­tende Regenfall in Milli­me­tern angekün­digt wird. Er macht Station in Hamburg beim Extrem­wet­ter­kon­gress und in Genf, wo die Welt­or­ga­ni­sa­tion für Mete­reo­logie ihren Sitz hat. Der Mete­reo­loge Özden Terli, den manche als Akti­visten abstem­peln wollen, begleitet den Filme­ma­cher über weite Strecken seiner Reise, ist das Vehikel, das die Türen und den Blick auf die weltweite Problem­wet­ter­lage öffnet.

Sach­kundig sprechen in Wind die Exper­tinnen und Experten über den Jetstrom, über die Verän­de­rung der Winde, über die globalen Auswir­kungen, wenn sich ein lokales Phänomen ändert. Alexander Riedel macht seine Entde­ckungs- und Lehrreise stell­ver­tre­tend für alle Zuschaue­rinnen und Zuschauer, die in seinem Film grund­le­gend etwas erfahren.

Zugleich aber, und das macht Wind zum Glücks­fall unter den Filmen, die man unter das Label »Cinema for Future« fassen könnte, sorgt sich Riedel auch um das »schöne Bild« – eine Kategorie, die im enga­gierten Doku­men­tar­film geschmäht ist –, denn dieses macht anschau­lich, um welchen Verlust es geht, werden die Winde erst einmal unwi­der­ruf­lich durch­ein­an­der­ge­wir­belt und das Klima ein anderes. Die Weltreise als Recher­che­fahrt, die bis nach Sri Lanka führt, zeigt sorg­fältig kadriert (Kamera: Alexander Riedel, Marcus Winter­bauer und Sebastian Bolenius) die Diver­sität der globalen Klima­zonen, die Schönheit der Land­schaften – und die Details am Wegesrand. Einmal kriecht eine Schnecke über einen sich selbst über­las­senen terrain vague, wo die Gräser hoch­wachsen können. Spitz­bergen wird im recht schnell montierten Orts­wechsel zum Gegenpol zur Sandwüste, die Teeplan­tagen von Sri Lanka fast zu einem Locus amoenus, so grün ist hier alles. Die kühlen Kongress­säle und Konfe­renz­räume, die Forschungs­sta­tionen mit ihrer ausge­feilten Technik wirken wie hoch­gerüs­tete Trutz­burgen der Theorie, in denen verhan­delt wird, was draußen im Gange ist.

Nach diesem Film, der völlig ohne Alar­mismus oder den Schrecken von Kata­stro­phen auskommt (wir bekommen die bekannten Bilder ohnehin nicht mehr aus unseren Köpfen), kann keiner mehr leichthin sagen: »Wetter ist immer.« Ein wenig frus­triert und insgesamt auch ratlos und ein wenig wütend-verzwei­felt (Stichwort: Trump) lässt einen das schon zurück. Gut aber, dass die Bilder zärtlich sind und es einen klaren Kopf macht, der Theorie bei der Arbeit zuzusehen. Das zumindest, vorläufig: hilft.

Wind – Die Vermes­sung des großen Luft­ozeans
Donnerstag, 23.1.2025, 19 Uhr Film­mu­seum München
Zu Gast: Alexander Riedel und der Mete­reo­loge Özden Terli.