Cinema for Future |
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Den Wetterzeppelin starten | ||
(Foto: ZDF/3sat) |
Von Dunja Bialas
Weltwirtschaftsforum in Davos, die Inauguration von Donald Trump in seine zweite Amtszeit als US-amerikanischer Präsident, Sicherheitskonferenz in München: Der Januar hat es in sich. Vor allem Donald Trump hält mit seinen Dekreten die Welt in Atem – der Ausstieg aus der WHO und dem Klimaabkommen machen die größte Volkswirtschaft der Welt zum bizarren Einzelgänger.
Im Januar wagt auch dieses Jahr wieder das Filmmuseum München einen genauen Blick in die Phänomene der Weltwirtschaft – früher mit der Reihe »FilmWeltWirtschaft«, dieses Jahr in der Open Scene (heute, Donnerstag, 23.01.) mit dem Film Wind – Die Vermessung des großen Luftozeans. In ihm unternimmt der Münchner Dokumentarfilmemacher Alexander Riedel eine Reise rund um den Globus, auf den Spuren des titelgebenden Winds, dem wichtigen Wetter- und Klimamacher. Es geht von den Wetterstationen in der Extremkälte des arktischen Spitzbergen in die Wüste von Namibia, wo der zu erwartende Regenfall in Millimetern angekündigt wird. Er macht Station in Hamburg beim Extremwetterkongress und in Genf, wo die Weltorganisation für Metereologie ihren Sitz hat. Der Metereologe Özden Terli, den manche als Aktivisten abstempeln wollen, begleitet den Filmemacher über weite Strecken seiner Reise, ist das Vehikel, das die Türen und den Blick auf die weltweite Problemwetterlage öffnet.
Sachkundig sprechen in Wind die Expertinnen und Experten über den Jetstrom, über die Veränderung der Winde, über die globalen Auswirkungen, wenn sich ein lokales Phänomen ändert. Alexander Riedel macht seine Entdeckungs- und Lehrreise stellvertretend für alle Zuschauerinnen und Zuschauer, die in seinem Film grundlegend etwas erfahren.
Zugleich aber, und das macht Wind zum Glücksfall unter den Filmen, die man unter das Label »Cinema for Future« fassen könnte, sorgt sich Riedel auch um das »schöne Bild« – eine Kategorie, die im engagierten Dokumentarfilm geschmäht ist –, denn dieses macht anschaulich, um welchen Verlust es geht, werden die Winde erst einmal unwiderruflich durcheinandergewirbelt und das Klima ein anderes. Die Weltreise als Recherchefahrt, die bis nach Sri Lanka führt, zeigt sorgfältig kadriert (Kamera: Alexander Riedel, Marcus Winterbauer und Sebastian Bolenius) die Diversität der globalen Klimazonen, die Schönheit der Landschaften – und die Details am Wegesrand. Einmal kriecht eine Schnecke über einen sich selbst überlassenen terrain vague, wo die Gräser hochwachsen können. Spitzbergen wird im recht schnell montierten Ortswechsel zum Gegenpol zur Sandwüste, die Teeplantagen von Sri Lanka fast zu einem Locus amoenus, so grün ist hier alles. Die kühlen Kongresssäle und Konferenzräume, die Forschungsstationen mit ihrer ausgefeilten Technik wirken wie hochgerüstete Trutzburgen der Theorie, in denen verhandelt wird, was draußen im Gange ist.
Nach diesem Film, der völlig ohne Alarmismus oder den Schrecken von Katastrophen auskommt (wir bekommen die bekannten Bilder ohnehin nicht mehr aus unseren Köpfen), kann keiner mehr leichthin sagen: »Wetter ist immer.« Ein wenig frustriert und insgesamt auch ratlos und ein wenig wütend-verzweifelt (Stichwort: Trump) lässt einen das schon zurück. Gut aber, dass die Bilder zärtlich sind und es einen klaren Kopf macht, der Theorie bei der Arbeit zuzusehen. Das zumindest, vorläufig: hilft.
Wind – Die Vermessung des großen Luftozeans
Donnerstag, 23.1.2025, 19 Uhr Filmmuseum München
Zu Gast: Alexander Riedel und der Metereologe Özden Terli.