14.03.2024

Liebe, Heimat und andere Vorkommnisse

Square the Circle
Hanna Hovities Quadratur des Kreises
(Foto: Bunter Hund)

Das 23. Kurzfilmfestival »Bunter Hund« setzt auf Vielfalt und Abwechslung. Auch wenn es meist nicht allzu ernst wird, gibt es doch immer wieder auch Nachdenkliches zu sehen

Von Hanni Beckmann

Menschen, die unter Hunde­phobie leiden, unter­scheiden gerne zwischen Hunden, die bellen, aber nicht beißen, und den gemeinen Waden­zwi­ckern. In der Fachwelt spricht man auch von harmlosen »Hundis« versus gemein­ge­fähr­li­chen »Hundos«. Welcher Kategorie entspricht wohl der »Hasso«?

Er ist ein »plüschiges Maskott­chen«, das zum Festival aus seinem »Körbchen« kommt, beruhigen die Macher des Münchner Kurz­film­fes­ti­vals »Bunter Hund«. Hasso ist damit zwei­fels­frei ein super­süßes Hundi, das sich gerne auf dem Schoß der vielen Besucher*innen nieder­lässt, die beim »Bunten Hund« das Werk­statt­kino füllen. Zum 23. Mal können die Kurz­film­be­geis­terten der Stadt vier Tage lang Filme sehen, bis es ihnen zu bunt wird. Durch­halten sollten sie aber bis zur Vorstel­lung am Sonntag um 19 Uhr, denn da wird der Preis­trä­ger­film gekürt und mit dem »Hasso« ausge­zeichnet, der immerhin 500 Euro wert ist. Eine ganze Menge für einen kurzen Film!

Länger als 20 Minuten pro Film wird’s zumindest nicht beim »Bunten Hund«. Die vier Wett­be­werbs­reihen und ein Special Programm verspre­chen große Abwechs­lung. Alle Genres sind erlaubt: Spiel- und Doku­men­tar­film, Anima­tions- und Expe­ri­men­tal­film. Durch das Programm führen die ehren­amt­li­chen Macher, selbst ein bunter Haufen unter­schied­lichster Charak­ter­köpfe, mit launigen Sprüchen und sinn­stif­tenden Gedan­ken­spielen.

Vier Wett­be­werbs­pro­gramme perspek­ti­vieren Filme zu Liebe & andere Grau­sam­keiten, Arbeit ist das halbe Leben, Heimat und Anders & Artig. Letzteres ist gleich das erste Programm, und es stellt wie ein Motto für das Festival die Vielfalt in den Fokus. Anima­ti­ons­filme aus Argen­ti­nien, Tsche­chien und Deutsch­land gesellen sich zu drei Expe­ri­men­tal­werken aus Finnland, zwei Spiel­filme aus Schweden und Litauen garnieren das bunte Programm. Da tanzt ein Typ im Wald, Kirschen werden gepflückt, die Quadratur des Kreises wird gesucht, und eine Flamme rebel­liert gegen das System der Glüh­birnen.

Wenn Arbeit das halbe Leben ist, hat man dabei meist nur halb so viel Spaß. Beim Bunten Hund ist das anders, gemäß dem Motto »Geteiltes Leid ist halbes Leid«. Auch das »Arbeits­pro­gramm« verspricht deshalb gute Laune. Allein schon beim Filme­ma­chen, wenn die Klappe fällt, steigt das Adrenalin. Oder als Krimi­nal­in­spektor. Als Dragster-Driver in hals­bre­che­ri­schen Beschleu­ni­gungs­rennen sowieso. Aber es gibt hier auch weniger spaßige Filme, etwa einen schwe­di­schen Doku­men­tar­film, in dem Frauen den Mut hatten, sich aus einem Leben voller Verzweif­lung zu befreien.

In Heimat lassen sich ebenfalls ernstere Filme finden. Ein Vorfall an der Mauer im geteilten Berlin. Ein lieb­ge­won­nenes Kalb soll an einen Schlachter gehen. Das »Einschu­lungs-Abitur«. Aber auch die Tätigkeit als »Zombie« haben die Bunten Hunde hier als Arbeit einge­stuft, und sorgen damit wieder dafür, dass es dann trotzdem nicht zu ernst wird.

Liebe und andere Grau­sam­keiten: Dem Titel des vierten Programms muss man eigent­lich kaum noch was hinzu­setzen, so selbst­er­klä­rend ist er. Ob Alters­heim, schwie­rige Vater-Tochter-Beziehung, erste Liebe, Homo­se­xua­lität in einer polni­schen Straf­an­stalt oder die verwun­schene Reise auf einen anderen Planeten: Die Kurzfilme des »Bunten Hund« wissen zu verzau­bern, stimmen nach­denk­lich, sind herz­er­wär­mend oder herz­zer­reißend.

Top-Seller des Programms ist das Special Trash & Sonder­bares, für das man sich unbedingt früh in die Einlass­schlange reihen sollte. »Diese unver­gleich­li­chen Perlen sind ein Garant für ein unver­gess­li­ches Kino­er­lebnis«, verspre­chen die Bunten Hunde (dieses Jahr sind das: Anna Serafin, Julia Lehmann, Markus Mathar, Markus Sauermann, Noni Lickleder und Stephan Golega). Und weiter: »Mit schönen Grüßen aus des Teufels Giftküche kommen diese süßsauren Kost­bar­keiten direkt aus der untersten Schublade, um Euch mit Wucht in die Kurz­film­hölle zu kata­pul­tieren.« Dafür sorgen die Satire »Die Meise der Pinguine« mit der Stimme von Werner Herzog, die Alli­te­ra­tion in »Pissen aufs Patri­ar­chat« und ein Film ganz in Rosa. Nein, Barbie ist es nicht. Schließ­lich tanzt noch ein Roboter in einer Münchner Disco. Nach der bunten Sams­tag­nacht ergibt sich ja viel­leicht noch was.

23. Bunter Hund
14.03.–17.03.2024

Werk­statt­kino München

Eintritt 6 Euro
Rabatt für Kurz­süch­tige: Wer um 18 Uhr für alle drei Vorstel­lungen eines Tages Karten kauft, zahlt nur 15 statt 18 Euro