07.12.2023

Die Unvergessliche

La Romana
Die resolute Schöne: Lollobrigida in La Romana
(Foto: Cinema Archivio 1954, Public Domain)

Der Circolo Cento Fiori, Mitglied der Filmstadt München e.V., zeigt von kommendem Freitag, 8. Dezember, bis Sonntag, 10. Dezember, eine Filmreihe zu Ehren der italienischen Schauspiellegende Gina Lollobrigida

Von Elke Eckert

Gina Nazionale, wie sie von ihren Lands­leuten liebevoll genannt wurde, hat ein halbes Jahr­hun­dert den italie­ni­schen Film mit ihrer beson­deren Ausstrah­lung berei­chert. Fast ein ganzes Jahr­hun­dert hat sie gelebt.

Am 16. Januar dieses Jahres ist Lollo­bri­gida im Alter von 95 Jahren gestorben. Vor ihrer Schau­spiel­kar­riere belegte sie vordere Plätze bei Schön­heits­wett­be­werben und über­raschte als 20-Jährige bei der Wahl zur „Miss Italia“ mit der Aussage: »Ich möchte aus meinen Fähig­keiten etwas Seriöses machen.« Tatsäch­lich hatte sie viele Talente und Inter­essen, denen sie in ihrer zweiten Lebens­hälfte mehr Raum gab. Sie arbeitete als Bild­hauerin und Foto­grafin, porträ­tierte Personen der Zeit­ge­schichte wie Fidel Castro oder Salvador Dali. 1999 wurde sie nicht nur UN-Botschaf­terin, sondern kandi­dierte auch für das Europäi­sche Parlament, aller­dings ohne Erfolg.

Was sie nicht davon abhielt, im Jahr vor ihrem Tod hoch­be­tagt bei den italie­ni­schen Parla­ments­wahlen anzu­treten. Diese Unbe­irr­bar­keit gepaart mit einem scheinbar uner­schüt­ter­li­chen Selbst­be­wusst­sein war es auch, die sie als Schau­spie­lerin so unver­wech­selbar machte. 1961 wurde Lollo­bri­gida bei der Golden-Globe-Verlei­hung als belieb­teste inter­na­tio­nale Darstel­lerin ausge­zeichnet. Zwischen Anfang der fünfziger und Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahr­hun­derts lagen ihre großen Jahre als Lein­wand­star, in denen sie nicht nur in ihrem Heimat­land drehte, sondern auch im Ausland mit Regis­seuren wie John Huston oder Orson Welles. Aus dieser Zeit­spanne sind auch die fünf ausge­wählten Filme, die im Kino Neues Rottmann gezeigt werden.

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Die Filmreihe startet mit der Erst­auf­füh­rung des Kurzfilms Stor­nel­lata Romana. Im Anschluss ist Vita da cani (Ein Hunde­leben) zu sehen, mit dem Gina Lollo­bri­gida 1950 in einer Haupt­rolle auf sich aufmerksam machte. Sie spielt Marg­he­rita, eines von drei jungen Mädchen aus armen Verhält­nissen, die sich einer Varieté-Truppe anschließen. Beim Tingeln durch die Provinz gerät die Gruppe immer wieder in skurrile Situa­tionen. Träume platzen, nur Marg­he­rita wird eine umjubelte Soubrette… Gina Lollo­bri­gida bot die Rolle vor allem die Gele­gen­heit zu zeigen, wie gut sie singen und tanzen konnte. Ihr Kollege Aldo Fabrizi, der den Komiker Nino Martoni und Leiter der Truppe darstellte, hatte zuvor schon Erfah­rungen als Varieté-Künstler gesammelt.
(Freitag, 8. Dezember, 19 Uhr)

Pane, amore e fantasia (Brot, Liebe und Phantasie) von 1953 zählt zu den ersten Filmen der „Commedia all’italiana“. Weil er so erfolg­reich war, gab es vier Fort­set­zungen. Gina Lollo­bri­gida spielte zweimal Maria Di Ritis, die weibliche Haupt­rolle an der Seite von Vittorio De Sica. Der 26 Jahre ältere Schau­spieler und Filme­ma­cher war damals auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Bereits 1948 feierte er als Regisseur von „Fahr­rad­diebe“ einen Welt­erfolg. Das sozi­al­kri­ti­sche Drama erhielt nicht nur den Oscar als bester fremd­spra­chiger Film, sondern gilt auch als einer der besten Filme aller Zeiten. In Pane, amore e fantasia kommt De Sica als neuer Leiter der Cara­bi­nieri-Station in ein südita­lie­ni­sches Bergdorf und wird dort bald mit einigen Damen in Verbin­dung gebracht… Die Rolle des schlag­fer­tigen Dorf­mäd­chens Maria wurde für Gina Lollo­bri­gida zu einer Art Marken­zei­chen. Wie die Maria im Film erhielt Lollo­bri­gida den Beinamen „La Bersa­gliera“, der als Synonym für ihren ziel­stre­bigen Stolz stand.
(Samstag, 9. Dezember, 19 Uhr)

Auch in La romana (Die freudlose Straße) von 1954 gab Lollo­bri­gida die resolute Schöne. Anfangs naiv vertraut sie als Adriana auf ihre Mutter, der vor allem wichtig ist, dass ihre Tochter eine gute Partie macht. So gerät Adriana an Männer, die sie nicht lieben oder die sie nicht liebt. Bei Mino ist das anders, doch der junge Mann läuft als Anti­fa­schist ständig Gefahr, im Gefängnis zu landen. Trotz allem verzwei­felt Adriana nicht und ist auch nicht bereit, sich zum Opfer machen zu lassen. – Der Film überzeugt durch seine Milieu­zeich­nungen und lässt das Italien zu Zeiten der Mussolini-Diktatur mit all seinen mora­li­schen und poli­ti­schen Beson­der­heiten wieder­auf­er­stehen.
(Samstag, 9. Dezember, 17 Uhr)

1972 erweckte Gina Lollo­bri­gida als gute Fee eine legendäre Holzpuppe zum Leben, nachdem sie mit selbiger einen Pakt geschlossen hatte. Le avventure di Pinocchio (Pinocchio), die Verfil­mung des italie­ni­schen Kinder­buch­klas­si­kers von Carlo Collodi, erzählt die märchen­haften Abenteuer der welt­berühmten Holzfigur und die Geschichte ihres Schöpfers Geppetto. – Regisseur Luigi Comencini gelingt es, die Poesie der lite­ra­ri­schen Vorlage auf seine Adaption zu über­tragen. Die Film­fas­sung einer Miniserie dauert im gezeigten italie­ni­schen Original eine gute halbe Stunde länger als die stark gekürzte deutsche Kino­ver­sion, die von Kritikern als lieblos und vers­tüm­melt bezeichnet wurde.
(Sonntag, 10. Dezember, 15 Uhr)

Der letzte Film der Reihe ist eine Aschen­puttel-Variante. Anfang des 20. Jahr­hun­derts wird ein Waisen­mäd­chen aus der Provinz zum gefei­erten Opernstar. Die schöne Lina singt nicht nur an den großen Häusern, sondern erregt auch das Interesse eines russi­schen Prinzen… La donna più bella del mondo (Die schönste Frau der Welt) wurde 1955 zum Publi­kums­er­folg, und Gina Lollo­bri­gida erhielt für ihr tempe­ra­ment­volles und char­mantes Spiel zum ersten Mal den italie­ni­schen Filmpreis „David di Donatello“. Vor Beginn des Abschluss­films ist die Erst­auf­füh­rung des Kurzfilms ‘Na sera e maggio zu sehen.
(Sonntag, 10. Dezember, 18 Uhr)

Die schönste Frau der Welt wird im Original mit deutschen Unter­ti­teln gezeigt, bei den anderen vier Filmen ist die Origi­nal­fas­sung in engli­scher Sprache unter­ti­telt.