16.11.2023

Statement der AG Filmfestival

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Aufruf der AG Filmfestival zum Filmförderungsgesetz
(Foto: AG Filmfestival)

Die AG Filmfestival zur aktuellen Situation und den Angriffen auf Filmfestivals

Von Rüdiger Suchsland

»Die AG Film­fes­tival steht – ihrem Prinzip nach mehr als offener Verbund, denn als hier­ar­chisch orga­ni­sierter Verband – für die große Vielfalt und die erfreu­liche Viel­stim­mig­keit einer deutschen Film­fes­ti­valland­schaft. In ihren rund 120 Mitglieds­or­ga­ni­sa­tionen und natürlich auch vielen anderen Film­fes­ti­vals mani­fes­tiert sich durch das tägliche Zusam­men­wirken verschie­denster Menschen ein einmalig plurales und sich immer auch wieder verän­derndes Spektrum an Blick­win­keln auf die Kunst, den Film und die Welt, in der wir leben. Wir respek­tieren verschie­dene Perspek­tiven, sind uns aber in unserer Haltung einig: Extre­mismen, Rassismus, Anti­se­mi­tismus, Gewalt (auch in der Sprache) und diskri­mi­nie­rende Ressen­ti­ments gegenüber Bevöl­ke­rungs­gruppen und Einzelnen gehören nicht auf die Festivals und nicht in unsere Gesell­schaft. Das gilt für die, die sich mit uns beschäf­tigen oder uns besuchen, und auch für unser eigenes Wirken. Wir halten pola­ri­sie­rende State­ments für wenig ziel­füh­rend und verstehen unsere Aufgabe darin, Anlässe für einen konstruk­tiven Dialog zu schaffen, der Menschen zusam­men­bringt und bei dem sich auch zugehört wird. Wir lehnen es daher genauso strikt ab, wenn Festivals jetzt ins Kreuz­feuer nicht auf Vers­tän­di­gung zielender Anfein­dungen geraten, insbe­son­dere, wenn sich deren Macher*innen erklären und versuchen, Miss­ver­s­tänd­nisse auch wieder auszu­räumen.«

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Zum Hinter­grund dieser Erklärung: Im Zuge des vergan­gene Woche hier veröf­fent­lichten Offenen Briefs deutscher und deutsch­spra­chiger Film­schaf­fender, sowie der kurz darauf öffent­lich gewor­denen Cancel-Attacken und Boykott-Aufrufe gegen die Kurz­film­tage Ober­hausen haben wir uns gefragt, wie es eigent­lich um die gegen­sei­tige Soli­da­rität der Film­fes­ti­vals mitein­ander bestellt ist?
Warum gab es bislang keine öffent­liche Unter­s­tüt­zung seitens einzelner Film­fes­ti­vals für die Kurz­film­tage?

Denn derartige Boykott­auf­rufe gefährden alle Film­fes­ti­vals und Kultur­in­sti­tu­tionen und damit die film­kul­tu­relle Land­schaft gemeinsam.
Jenseits der aktuellen Streit­fragen um Anti­se­mi­tismus und die Haltung gegenüber Israel können auch diverse andere poli­ti­sche, gesell­schaft­liche oder kultu­relle Posi­tio­nie­rungen oder die Auswahl bestimmter Filme und Programm­punkte die selbst­er­nannten neuen Sitten­wächter der inter­na­tio­nalen Kultur­com­mu­nity triggern.

Der natür­liche Akteur einer solchen Soli­da­ri­täts­ak­tion der Festivals mitein­ander wäre in Deutsch­land die »AG Film­fes­tival«, bislang noch kein einge­tra­gener Verein, sondern wie nach­zu­lesen eher ein offener Verbund. Gleich­wohl sind hier nahezu alle der wichtigen deutschen Film­fes­ti­vals beiein­ander. Wir haben daher die AG Film­fes­tival nach ihrer Position gefragt und die oben nach­zu­le­sende Antwort erhalten. Diese kann schon allein aufgrund der Kürze der Zeit, aber auch inhalt­lich nur eine erste Antwort sein, der weitere Antworten und inhalt­liche wie poli­ti­sche Posi­tio­nie­rungen folgen müssen.
Es liegt nahe, von den Film­fes­ti­vals zu erwarten, dass sie dafür Sorge tragen, dass solche haltlosen Boykott-Aufrufe nicht nur für die Betrof­fenen Folgen haben, sondern auch für die Initia­toren und Unter­zeichner. Es liegt also nahe, jene, die sie durch Boykott­auf­rufe bedrohen, wiederum selbst auch die Konse­quenzen ihrer Hand­lungen spüren zu lassen.
Warum kann man nicht gemeinsam sagen: Wer ein deutsches Festival canceln möchte, der wird auf alle anderen deutschen Festivals umgekehrt auch nicht einge­laden – denn wir wollen gemein­schaft­lich nicht von entspre­chenden Aktionen profi­tieren?

Wir danken der AG Film­fes­tival sehr für die schnelle Reaktion und für die Erlaubnis, ihre Antwort hier exklusiv zu veröf­fent­li­chen.

Rüdiger Suchsland