Das Herz der Helligkeit |
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Zwischen Tradition und Moderne: C. J. „Fiery“ Obasis Mami Wata | ||
(Foto: 13. Afrikanische Filmtage) |
Von Axel Timo Purr
Wer schon von den auf Netflix kuratierten Filmen aus Nigerias Nollywood durch ihre komplexe Diversität überrascht worden ist – man denke nur an Produktionen wie Namaste Wahala oder den gerade gestarteten The Black Book oder an die großen Urgesteine Nollywoods wie einen der Wegbereiter Nollywoods und frühen Verfechter der Restitution von afrikanischem Kulturerbe, den legendäre Regisseur und Produzent Chief Eddie Ugbomah – der sollte unbedingt auch einen Blick auf den kleinen Nigeria-Schwerpunkt der diesjährigen 13. Afrikanischen Filmtage in Münchens Gasteig HP8 werfen, um gleich noch einmal mehr überrascht zu werden.
Denn im Schatten von Nigerias Nollywood – immerhin die zweitgrößte Filmindustrie der Welt – hat sich nicht anders als im Schatten Hollywoods mit seiner kreativen Independent-Industrie eine wachsende Zahl nigerianischer Filmschaffender etabliert, deren international erfolgreichen Werke – darunter Arthouse, Dokumentarfilme und Kurzfilme – sich deutlich von Nollywood-Produktionen unterscheiden.
Unter dem Motto BEYOND NOLLYWOOD präsentieren die 13. Afrikanischen Filmtage in München deshalb drei Spielfilme nigerianischer Regisseure, die diesem nigerianischen Independent-Segment zuzuordnen sind.
Im kontrastreichem Schwarzweiß gedrehten Eröffnungsfilm (DONNERSTAG, 19. OKTOBER 2023, 19:00 UHR), dem Fantasy-Drama Mami Wata steht ein Kult im Zentrum der Handlung: Im westafrikanischen Küstendorf Iyi vermittelt Mama Efe zwischen den Menschen und der Wassergottheit Mami Wata – der Mutter des Wassers. Als Zweifel an Mami Watas Existenz und somit
an Mama Efes Kräften aufkommen, bricht ein Konflikt unter den Dorfbewohner:innen aus. Geschürt werden diese sozialen und politischen Auseinandersetzungen, die auf Spannungen zwischen traditionellen Glaubenssystemen und Moderne basieren, von Jasper, einem Deserteur, den das Meer eines Tages an den Strand spült. Von nun an kämpfen Mama Efes Töchter Prisca und Zinwe für den Zusammenhalt der Gemeinschaft.
Beim panafrikanischen Film- und Fernsehfestival FESPACO 2023 erhielt
Mami Wata den Preis der afrikanischen Kritiker:innen und wurde zudem für die beste Kameraführung und das beste Szenenbild ausgezeichnet.
All the Colours of the World Are Between Black and White (FREITAG, 20. OKTOBER 2023, 20:30 UHR) hingegen ist weit von westafrikanischen kultischen Handlungen und traditionellen Ideen entfernt und thematisiert stattdessen in ruhigen, teilweise auch schonungslosen Szenen die absolute Gegenwart, die Annäherung zweier Männer in einer Gesellschaft, die gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen tabuisiert und homosexuelle Handlungen strafrechtlich verfolgt.
Bravo, Burkina! (SAMSTAG, 21. OKTOBER 2023, 16:00 UHR), der auf dem Sundance Film Festival 2023 seine Premiere feierte und das panafrikanische Film- und Fernsehfestival FESPACO 2023 eröffnete, ist zwar vom nigerianischen Regisseur Walé Oyéjidé in Szene gesetzt, spielt allerdings in Burkina Faso und konzentriert sich auf die Lebensgeschichte Aimés, der in einem malerischen Dorf in Burkina Faso aufwächst. Als ihm eines Tages die Rinder seiner Familie, die er hüten soll, davonlaufen, kommt es zum Streit: Wütend und verzweifelt fragt ihn sein Vater, wovon sie jetzt leben sollen. Aimé läuft davon, watet in ein Gewässer und taucht als erwachsener Mann in einem italienischen Dorf aus einem Brunnen wieder auf. Dort lässt er sich nieder, findet Arbeit und lernt seine große Liebe Asma kennen. Doch die Erinnerungen an das Dorf seiner Kindheit lassen ihn nicht los und so begibt er sich auf die Suche nach einem Weg, in die Vergangenheit zurückzukehren, um zurückzugewinnen, was er einst verloren hat.
Filme von der Insel Mauritius, aus der Zentralafrikanischen Republik und der Diaspora komplettieren das diesjährige Programm und repräsentieren die regionale, inhaltliche und künstlerische Vielfältigkeit des zeitgenössischen afrikanischen Kinos.
Während in Gazing at Stars (FREITAG, 20. OKTOBER 2023, 18:30 UHR) bei einem nächtlichen Road-Trip, quer über die Insel
Mauritius, Traumhaftes mit Übernatürlichem verschmilzt, erzählt Eat Bitter (SAMSTAG, 21. OKTOBER 2023, 18:00 UHR) aus afrikanischer und chinesischer Perspektive vom Leben und Arbeiten in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui.
Der letzte Film der diesjährigen Filmtage, Our Father, the Devil (SAMSTAG, 21. OKTOBER 2023, 20:00 UHR), begibt sich in die afrikanische Diaspora und reflektiert die gemeinsame kongolesische Vergangenheit zweier Menschen, die sich in der Diaspora wieder begegnen.
Im Anschluss an das Screening ihres Film Mon Père, le Diable wird die kamerunische Regisseurin Ellie Foumbi anwesend sein.
Weitere Informationen zu den 13. Afrikanischen Filmtagen auf der Website des Festivals.