Die nackte Kanone

The Naked Gun

USA 2025 · 86 min. · FSK: ab 12
Regie: Akiva Schaffer
Drehbuch: , ,
Kamera: Brandon Trost
Darsteller: Liam Neeson, Pamela Anderson, Paul Walter Hauser, Kevin Durand, Danny Huston u.a.
Die nackte Kanone
Grau, lau, mau...
(Foto: Sony/Paramount)

Kaputte Kanone

Akiva Schaffers Reboot eines Meilensteins der Slapstick-Komödien zeigt die woken Grenzen unserer Gegenwart und ist ein Schatten des wilden und heute inkorrekten Originals

Nach den Flops der Reboots von Superman und den Fantastic Four – zumindest in Europa – dürfte manch einer gehofft haben, dass in so düsteren Zeiten wie den unseren, wenigs­tens dem Reboot einer der großen Komö­di­en­klas­siker der späten 1980er Jahre Erfolg beschieden sein könnte. Denn die von dem legen­dären Komö­di­anten-Trio David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker aka ZAZ konzi­pierte Filmreihe The Naked Gun: From the Files of Police Squad! (1988), The Naked Gun 2½: The Smell of Fear (1991) und Naked Gun 33 1/3: The Final Insult (1994) mit Leslie Nielson in der Haupt­rolle waren nicht nur in den USA, sondern auch in Deutsch­land große Erfolge. Und das nicht nur, weil rabiater, misogyner, rassis­ti­scher, sexis­ti­scher und politisch inkor­rekter Humor inter­na­tional austauschbar sind, sondern weil ZAZ es gelang, verbalen mit körper­li­chen Humor radikal zu kreuzen und weder Scham noch Schande kannten, so dass dem legen­dären Film­kri­tiker der Chicago Sun-Times Roger Ebert nach dem ersten Teil nichts anderes übrig blieb als zu schreiben: »Der Film ist, das muss man einge­stehen, genauso lustig wie jede andere Komödie, die dieses Jahr erschienen ist ... Man lacht, aber dann lacht man im nächsten Moment auch über sich selbst und das eigene Lachen.«

Es ist der Schrecken über die unvor­stell­baren Abgründe, über die man zu lachen fähig ist, die den Kern einer wirklich guten Komödie ausmachen. Das Ausloten der Grenzen, die über­schritten werden können, ohne sich um die herr­schende Moral zu kümmern. Oder sich halt nur in verach­tender Weise um sie zu kümmern, sie durch Dreck und Schlamm zu ziehen, bis sie so rein ist wie die sauberste Amoral.

Dass bei all der woken Gegenwart, auch wenn sie noch so sehr unter Beschuss durch die neuen Auto­kra­tien steht, eine Komödie wie damals nicht möglich ist, war sicher­lich allen Betei­ligten dieses Franchise-Reboots von vorne­herein klar. Dass sie es aller­dings mit den Mitteln der Vorläu­fers versuchen, wenigsten ein wenig des alten Witzes in die Gegenwart zu retten ist, ist dabei so faszi­nie­rend wie depri­mie­rend.

Denn so wie damals, als ZAZ das Erfolgs­re­zept ihres Ur-Klas­si­kers Airplane! (1980) noch einmal ins Extrem ausreizten und neben Leslie Nielsen ein Cast stellten, das gerade nicht komö­di­e­n­er­fahren war und gnadenlos auf Witz und Gegenwitz prallte wie Nielsen selbst, versucht es Akiva Schaffer in seiner Neuauf­lage genauso und besetzt sogar die Haupt­rolle mit einem Schau­spieler, der für so ziemlich alles, aber keine Komödien bekannt ist. Liam Neeson macht seine Sache im Sinne seines „Vorgän­gers“ Leslie Nielson gut. Nicht nur die Namen der Schau­spieler klingen frap­pie­rend ähnlich, auch im Film kopiert Neeson Nielson so gut es denn geht, was aller­dings auch dem gene­ra­ti­ons­ü­ber­grei­fenden Drehbuch geschuldet ist, denn die gute alte Police Squad der späten 1980er und frühen 1990er ist in der Neuauf­lage mit den nun erwach­senen Kindern der damaligen Helden besetzt, die sich in einer grotesken Szene dann auch den Konter­feien ihrer Väter und Mütter stellen und genauso vertrot­telt daher­kommen wie damals.

Und Liam Neeson als Lt. Frank Drebin Jr.? Darf als Plagiat seines Vaters die Poten­zie­rung aller trans­ge­ne­ra­tio­naler Traumata und igno­ranter Dummheit sein, darf wie damals die Sprache seiner Gegenüber genauso wörtlich nehmen wie damals, Pistolen abbeißen und Kaffee aus dem Nichts entge­gen­nehmen, also sowohl Slapstick also auch Wort­ka­priolen versuchen und ist dabei so nah an gegen­wär­tiger Poli­ti­ker­dreis­tig­keit- und Dummheit, dass man eigent­lich auch lachen sollte dürfen können. Aber verblüf­fen­der­weise passiert Lachen nur selten in diesem so über­be­tont komischen Film, der so verzwei­felt versucht, alle Komö­di­en­re­gister seines Vorgän­gers zu ziehen.

Aber der Witz, die Aura, das Timing, nichts zündet wirklich, auch nicht die Riege großer Schau­spieler, die wie Pamela Anderson, Paul Walter Hauser, Kevin Durand, Liza Koshy oder Danny Huston ganz nach Zucker-Abrahams-Zucker-Rezeptur stramm gegen ihre bishe­rigen Rollen gebürstet sind, dabei aber nur wie Mario­netten wirken, die von Puppen­spie­lern bewegt werden, deren Arme para­ly­siert sind. Und mit Dialogen leben müssen, die ein Verspre­chen verkünden, das sie im nächsten Moment wieder zurück­nehmen.

Es ist ein Film, der mit ange­zo­gener Hand­bremse durch die Städte und Land­schaften seines Plots torkelt, sich in Anspie­lungen und Zitaten verliert und dabei mehr über unsere Gegenwart erzählt, als er viel­leicht will. Denn die ja im Kern dieses Fran­chises liegende Möglich­keit, ein wenig direkter, aggres­siver und ja: witziger (!) den Irrsinn gegen­wär­tiger Politik und demago­gi­scher Wokeness zu kommen­tieren, wird einfach links und rechts liegen­ge­lassen und jeder Witz und Gag, jede körper­liche Täuschung und Verdre­hung, und sei sie immerhin in Ansätzen anzüglich, wird in den Sekunden danach zum Rohr­kre­pierer, zu einer „kaputten Kanone“, die nicht einmal mehr raucht.