Blade Runner 2049

USA/GB/CDN 2017 · 164 min. · FSK: ab 12
Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: ,
Kamera: Roger Deakins
Darsteller: Ryan Gosling, Harrison Ford, Ana de Armas, Jared Leto, Mackenzie Davis u.a.
Kunst oder Kitsch, perfekt dosierte Droge oder goldener Schuss?

Goldener Schuss

»Alles ist gut, alles. Für alle die ist es gut, die da wissen, dass alles gut ist. Wenn sie wüssten, dass sie es gut haben, dann hätten sie es gut, aber so lange sie das nicht wissen, so lange werden sie es auch nicht haben. Das ist der ganze Gedanke, der ganze Sinn, einen weiteren gibt es überhaupt nicht!«
– Fjodor Dosto­je­wski, Die Dämonen

Es gab genug Bedenken vor dieser Fort­set­zung. Eine Fort­set­zung, die eigent­lich nicht hätte sein dürfen. Denn wer hat je daran gedacht, eine Fort­set­zung von Dosto­je­w­skis Brüder Karamasow oder Arnos Schmidts Zettels Traum zu schreiben? Aber die vertrackte Sehnsucht der Baby­boomer- und Danach-Gene­ra­tionen wenn nicht schon nach Unsterb­lich­keit des Körpers, dann doch wenigs­tens nach der Unsterb­lich­keit der Gefühle hat eh schon die verrück­testen Remakes und Sequels provo­ziert, warum also nicht auch eine der großen ikono­gra­fi­schen Blau­pausen unseres post­mo­dernen, tech­no­iden Zeit­al­ters in Angriff nehmen, Ridley Scotts 1982 erschie­nenen Blade Runner? Doch Scotts auf Philip K. Dicks Roman basie­render Film war schon damals mit inhalt­li­cher Ambi­guität, visi­onärem Sound, schau­spie­le­ri­scher Finesse und dysto­pi­schen Gedan­ken­spielen derartig aufge­heizt und dementspre­chend vom produ­zie­renden Studio mit zahl­rei­chen Schnitten runter­ge­kühlt worden, dass er es bis zum Jahre 2007 auf sechs Versionen und einen abschließenden »Final Cut« gebracht hat.

Wie also mit unserer kümmer­li­chen Zukunft an ein derar­tiges Visi­ons­raum­schiff andocken und vor allem mit wem als Piloten und welcher Crew? Die beste aller Ideen schien gleich am Anfang die Wahl des Regis­seurs zu sein, die auf Denis Ville­neuve fiel, der nicht nur zuletzt mit Arrival bewiesen hatte, dass er nicht nur zu inno­va­tivem, intel­li­gentem Science Fiction, sondern auch mit seinen Filmen davor immer wieder gezeigt hatte, dass er zu über­ra­schenden Gren­züber­schrei­tungen fähig ist. Dass dann auch noch Ridley Scott als Produzent und Harrison Ford in seiner alten Rolle als Rick Deckard mit an Bord dieses Zubrin­gers durften und auch einer der Autoren des alten Blade-Runner Scripts, Hampton Fancher, mit dabei war, gab eigent­lich genug Sicher­heit, dass nichts schief gehen konnte. Und Ryan Gosling als neuer Andro­iden­jäger schien diesen Kurs zu bestä­tigen: denn ähnlich wie seiner­zeit Harrison Ford zeichnet sich auch Goslings Spiel gerade durch sein Nicht-Spiel, seine schau­spie­le­ri­sche Mufflig­keit aus, wirkt doch selbst eine leiden­schaft­lich angelegte Tanzrolle wie in La La Land bei Gosling eher so, als ob er – wie in fast jeder seiner Rollen – ein wenig neben sich steht und wie ein Replikant wirkliche Gefühle erst noch lernen bzw. einge­stehen muss, dass er für so etwas nicht geschaffen wurde. Für einen Blade Runner also tatsäch­lich erste Wahl.

Und tatsäch­lich fühlt man sich gleich schon in den ersten Sequenzen von Blade Runner 2049 in sicheren Händen. Die Musik aus der Hans Zimmer & Benjamin Wallfisch-Factory erzeugt mit der Kamera von Roger Deakins ein Los Angeles 30 Jahre nach den Ereig­nissen des ersten Blade Runner, dass das Original an düsterer Dystopie locker in den Schatten stellt. Wummernde, expe­ri­men­telle Stakkato-Sounds, archi­tek­to­ni­sche Super­lativ-Insze­nie­rungen und mitten­drin Ryan Gosling als Replikant K der neuesten Andro­iden­ver­sion, der die letzten Androiden aus dem Hause Tyrell jagt, damit endlich Frieden auf einer Erde ist, die eigent­lich keinen Frieden verdient hat. Denn schnell wird klar, dass auch die Nach­folger der Tyrell-Corpo­ra­tion und erst recht nicht das LAPD irgend­etwas aus den Fehlern der Vergan­gen­heit gelernt haben. Ville­neuve unterlegt diesen Kriminal-Plot wie damals auch schon Scott mit Philipp K. Dicks über allem stehender Frage, die auch der Titel von Dicks Roman im engli­schen Original war: »Do Androids dream of electric sheep?«

Ville­neuve verstärkt diesen Diskurs aller­dings noch einmal. Eine großar­tige Sex-Szene etwa macht da weiter, wo Ridley Scotts Blade Runner damals aufhörte und die gegen­wär­tige VR-Industrie heute dran arbeitet. Und auch sonst bettet Ville­neuve seine Fort­set­zung immer wieder da ein, wo Scotts (und Dicks) Zukunft damals aufhörte. Immer wieder liebevoll, fast zärtlich wird bei allen Trans­for­ma­tionen der Vorgänger zitiert: mal tritt das neue Sound­de­sign zurück und verwan­delt sich zu dem vom damaligen Sound­track-Geber Vangelis, taucht ein Origami auf oder die Audio­spuren des alten Films. Ville­neuve hat mit 163 Minuten viel Zeit dafür und er lässt sich die Zeit für diese kleinen Zeit­reisen und Zitate, die so dezent einge­streut sind, dass sie mituner schwer zu dechif­frieren sind. Mal ist es einfach nur banales Product-Placement für Sony, dann refe­ren­zieren sie wie das PanAm-Label auf den alten Film, und dann wieder sind sie ein Konglo­merat aus Altem und Neuem und erwei­terten Gedan­ken­spielen: so erinnern die »Made in USSR«- Signs einer­seits an die 1980er, dann aber auch an die von Philip K. Dick durch­ex­er­zierte Paral­lel­welt-Möglich­keit seines »Man on the High Castle«. Und dann ist da natürlich K. alias Ryan Gosling der sich irgend­wann Joe nennt, also die englische Abkürzung für Joseph – wer sollte sich hier also nicht für die Asso­zia­tion zu Kafkas Joseph K. aus »Der Prozess« bedanken?

Aber dann taucht in diesem wabernden Mäandern Harrison Ford auf und all die fein polierten, dumpf und dunkel verne­belten Ober­flächen und vertrackten Soundsets, das Rätseln, Andeuten und Verklau­su­lieren – wie anregend es bis dahin auch gewesen sein mag – hat endlich ein Ende. Denn spätes­tens hier spürt man, dass die sche­ren­schnitt­artig ange­legten Charak­tere – Menschen wie Repli­kanten – ihre Geschichte kaum tragen können: Robin Wright agiert genauso stock und steif wie Gosling und die übrigen Prot­ago­nisten. Betrachtet man für eine Stunde allein nur ihre Mimik und lässt allen äußeren Brim­bo­rium mal weg, könnte man glauben, Ville­neuve sei nur an einem großen, einge­fro­renen Standbild, aber keiner Fort­set­zungs­ge­schichte inter­es­siert gewesen. Denn mit Ford wird nicht nur die die ganze Zeit schon herauf­be­schwo­rene Vergan­gen­heit des ersten Blade Runner präsent, nein, sie schlägt zurück und zeigt, dass es auch anders geht und ging: dass Ford im Vergleich zu Gosling taufrisch wirkt und endlich Leben in die Bude dieses über­langen Films bringt, Leben, dass man bislang gar nicht vermisst hatte, weil man es nicht für möglich gehalten hatte. Aber mit Ford tauchen halt auch die Erin­ne­rungen an Rutger Hauer und Daryl Christine Hannah und Sean Young auf. Und die zahllosen Momente, mit denen Blade Runner damals über­raschte.

Blade Runner 2049 über­rascht hingegen an fast an keiner Stelle. Er erzeugt ein Staunen – wie es halt gerade so üblich ist – über seine milchig schim­mernde Ober­fläche, die erlesenen Designs – sei es Sound, Musik, CGI oder Kamera. Aber er eman­zi­piert sich nicht von seinem Vorgänger und kann deshalb viel­leicht nur jene über­ra­schen, die den alten Blade Runner nicht kennen.

Aber viel­leicht sind Über­ra­schungen auch über­be­wertet, sind nichts als Kinder­ge­burtsags­wunsch­denken, zählt vielmehr ein Gefühl der Konti­nuität, ein Funken von Unsterb­lich­keit, dürfte also der Zuschauer, der vom ersten Teil bereits angefixed war, die Sequel wie eine Überdosis seiner eigenen seligen Erin­ne­rung empfinden, und diesen goldenen Schuss auch genießen können – aller­dings mit den bekannten Neben­wir­kungen.

Geht man jedoch von der Prämisse aus, dass eine gelungene Fort­set­zung jene ist, die den Vorgänger vergessen lässt, ist Blade Runner 2049 ein geschei­terter Film. Das Gefühl des Schei­terns verstärkt sich noch einmal, je weiter Ville­neuve sich in seinen Stili­sie­rungen und Posen verliert, in denen selbst die Kampf­szenen in ihrer erstarrten, design­tech­nisch hoch­ge­züch­teten Attitüde wie Kunst­werke aus Eis, Wasser, Staub und Nebel wirken. Vor allem dieser Nebel geht einem irgend­wann auf die Nerven. Selbst der hinter­fot­zigste Dreck und die abge­fuck­teste Gewalt dieser scheiss Zukunft werden von Ville­neuves Alles-ist-schön-ästhe­tisch-und-gut-Schleier einge­lullt und damit ein an sich schon schlechtes, kitschiges Ende gleich noch einmal verstärkt.

Spätes­tens hier in diesem fast schon absurden Schwulst aus Regen, zarter Nebel Dunkel­heit und Goslings und Fords großen finalen Posen keimt so etwas wie Hoffnung auf: das kann nicht Ernst gemeint sein! Wenn schon Kafka im Spiel ist, muss sich Ville­neuve hier erst Recht einen Jux erlauben und viel­leicht augen­zwin­kernd auf einen anderen Meister des Nebels und der soften Erotik verweisen, den während der Dreh­ar­beiten zu Blade Runner 2049 verstor­benen David Hamilton, für den die Ober­fläche mindes­tens genauso wichtig war wie für Ville­neuve.

Der innere Replikant

Ridley Scott wird Ende dieses Jahres 80 Jahre alt. Doch anstatt in Rente zu gehen, ist der Filme­ma­cher so aktiv, wie noch nie. Seit dem Jahr 2000 hat er alleine bei 14 Filmen Regie geführt. Hinzu kommt seine umfang­reiche Tätigkeit als Produzent. Doch als zur selben Zeit sowohl die Option zur Regie­füh­rung bei einem weiteren Alien-Sequel als auch bei einer Fort­set­zung seines Klas­si­kers Blade Runner anstand, musste selbst der umtrie­bige britische Sir aus Kapa­zitäts­gründen eine Entschei­dung treffen.

Jetzt ist über­deut­lich, dass Scott die richtige Entschei­dung getroffen hat. Denn sein Alien: Covenant ist zwar innerhalb vieler mäßiger Fort­set­zungen ein über­durch­schnitt­lich guter Beitrag. Aber von der über­ra­genden Qualität seines Alien von 1979 ist der Film trotzdem meilen­weit entfernt. Da es zu Scotts Meis­ter­werk Blade Runner von 1982 aus guten Gründen bisher noch keine Fort­set­zung gab, stand bei Blade Runner 2049 jedoch wesent­lich mehr auf dem Spiel. Beru­hi­gend war deshalb die Nachricht, dass mit dem Kanadier Denis Ville­neuve (Arrival) der aktuell wahr­schein­lich am besten geeignete Filme­ma­cher die Regie bei diesem heiklen Unter­fangen über­nehmen sollte.

Glück­li­cher­weise hat Ville­neuve entgegen allen möglichen Befürch­tungen diese schwere Aufgabe keines­wegs in den Sand gesetzt. In Blade Runner 2049 begegnet er Scotts Original auf Augenhöhe. Tatsäch­lich ist Blade Runner die beste Fort­set­zung eines Sci-Fi-Klas­si­kers seit Termi­nator 2 – Tag der Abrech­nung.

Bereits die Eröff­nungs­szene von Blade Runner 2049 zeigt zugleich die große Nähe als auch die Unter­schiede zu dem ursprüng­li­chen Film. Wie 1982 in Blade Runner, sehen wir auch 2017 ein die gesamte Leinwand ausfül­lendes mensch­li­ches Auge. Doch während dieses Auge in Blade Runner inmitten tiefster Nacht erschien und sich dabei das gefähr­liche Lodern von Feuer in der Pupille spiegelte, ist das Auge in Blade Runner 2049 von einer fast aseptisch wirkenden hellen Haut umgeben. In diesem so enig­ma­ti­schen wie schlichten Bild verdichtet sich die gesamte jeweilige Grund­stim­mung der beiden Filme:

Die Welt in Scotts Blade Runner war eine Sci-Fi-Version des filmi­schen Noir-Univer­sums, eine düstere, abgrün­dige und gefähr­liche Welt, die jedoch zugleich eine starke Anzie­hungs­kraft besitzt. Als Zuschauer beglei­tete man gerne aus der sicheren Entfer­nung des gemüt­li­chen Kino­ses­sels heraus Harrison Ford bei seinem schmut­zigen Job als Repli­kan­ten­killer. Denn dabei betrat man zusammen mit seiner Figur Rick Deckard nicht nur verreg­nete nächt­liche Straßen, sondern auch atmo­s­phä­ri­sche Nacht­klubs, in denen das pralle Leben spielte.

Doch von dem in der düsteren Zukunft des Jahres 2019 in Blade Runner verblie­benen Leben ist dreißig Jahre später in Blade Runner 2049 kaum mehr etwas verblieben. Die Natur ist abge­storben, San Diego eine gigan­ti­sche Müllhalde im wuchernden Stadt­ge­biet von LA und im Zentrum der Stadt der Engel leben die Menschen in von abwei­senden Hoch­haus­ko­lossen umschlos­senen traurigen Wohn­kap­seln. Einzig die neon­fun­kelnden Verg­nü­gungs­ver­heißungen sind noch schil­lernder und verlo­ckender geworden. Während die Geisha in Blade Runner lediglich von einer zwei­di­men­sio­nalen Bild­fläche herun­ter­lächelte, laufen die virtu­ellen Liebes­die­ne­rinnen in Blade Runner 2049 als über­di­men­sio­nale Holo­gramme inmitten der Passanten durch die Stadt.

Auch der junge Blade Runner KD6-3.7 (Ryan Gosling) hat mit dem nach Kunden­wunsch modi­fi­zierten Stan­dard­mo­dell Joi (Ana de Armas) eine virtuelle Dame als Freundin. Da er selbst ein Replikant ist, hat der LAPD-Offizer offen­sicht­lich keine Berüh­rungs­ängste in Bezug auf künstlich gene­rierte menschenähn­liche Wesen. Das einzige Problem besteht darin, dass eine echte körper­liche Verei­ni­gung mit einem Hologramm nicht ohne Weiteres möglich ist. Aber auch diese tech­ni­sche Schwie­rig­keit ist lösbar, indem Joi beim realen Sex gewis­ser­maßen in den Körper einer mensch­li­chen Prosti­tu­ierten schlüpft.

KD6-3.7 ist ein Replikant der gut ange­passten neuen Gene­ra­tion: Er stellt keine unnötigen Fragen und lässt sich nach jedem Einsatz frei­willig auf das mögliche Vorhan­den­sein gefähr­li­cher menschenähn­li­cher Emotionen checken. Genau diese schwer kontrol­lier­bare emotio­nale Fehl­funk­tion ist auch das große Manko der über­le­benden ersten Repli­kanten, deren Elimi­nie­rung der Job von KD6-3.7 ist. Dieser „Fort­schritt“ durch Einschrän­kung des persön­li­chen Spektrums findet sich ebenfalls in Alien: Covenant. Dies ist kein Wunder: Immerhin war der Dreh­buch­autor Michael Green an den Scripten zu beiden Filmen beteiligt. Aller­dings wird dies in Scotts Film auf so plakative Art verhan­delt, dass der hoch­in­ter­es­santen Thematik ein großer Teil seines Reizes wieder genommen wird.

Das inhalt­liche As im Ärmel von Blade Runner 2049 ist die Betei­li­gung des Autors Hampton Fancher, der bereits das Script zu Scotts Blade Runner mitver­fasst hatte. Die philo­so­phi­sche Frage danach, was einen Menschen zum Menschen macht, die Blade Runner so besonders machte, wird in Blade Runner 2049 auf intensive, viel­schich­tige und zugleich sehr subtile Weise weiter­ge­führt. Während Scott in Alien: Covenant bei diesem Thema auf möglichst große und krude Gesten vertraut, liegt bei Ville­neuves Blade Runner 2049 die größte Tragik in kleinen Details, wie einem tränenden Auge oder in der Uner­gründ­lich­keit von Ryan Goslings Gesicht.

In Bezug auf die Fragen nach der Natur des mensch­li­chen Bewusst­seins, dem Wesen der Mensch­lich­keit sowie verschie­denen Abstu­fungen an Arti­fi­zia­lität erreicht Blade Runner 2049 eine ähnliche inhalt­liche Tiefe, wie Mamoru Oshiis Sci-Fi-Anime Ghost in the Shell (1995). Diese alles durch­drin­genden, bohrenden, Fragen erzeugen eine Stimmung exis­ten­zi­eller Verzweif­lung, die eine adäquate akus­ti­sche Entspre­chung in den drohend dröh­nenden Elek­tro­sounds auf der Tonebene findet. Das mini­ma­lis­tisch-expe­ri­men­telle Sound­de­sign ist die große Über­ra­schung des Films. Schließ­lich stammt der Sound­track nicht nur von dem Briten Benjamin Wallfisch (Es), sondern auch von dem ansonsten eher für seine zum Schwüls­tigen neigenden bombas­ti­schen orches­tralen Arran­ge­ments bekannten gebür­tigen Hessen Hans Zimmer.

Die unan­ge­nehme Grund­at­mo­s­phäre in Blade Runner 2049 wird zusätz­lich durch die Kühle und Unwirt­lich­keit der gezeigten Umgebung verstärkt. Diese Lebens­feind­lich­keit bestimmt sowohl die von leben­diger Natur entschlackte Land­schaft als auch die Stadt­land­schaft von Los Angeles, welche eher für Maschinen als für Menschen gemacht zu sein scheint. Auch hier gelingt Denis Ville­neuve mit seiner Insze­nie­rung eine perfekte Synthese aus den aus dem ursprüng­li­chen Blade Runner bekannten Motiven und seinem persön­li­chen Stil, der sich beispiels­weise in oran­ge­far­benen Tönen als Farbe der Bedrohung zeigt. Dies wird von dem briti­schen Kame­ra­mann Roger Deakins in der dritten Zusam­men­ar­beit mit dem Kanadier kongenial ins Bild gesetzt. Einpräg­same Bildideen, wie das sche­ren­schnitt­hafte Absetzen einzelner Charak­tere gegen einen schwer ergründ­li­chen Hinter­grund finden sich bereits in Ville­neuves Mafia-Thriller Sicario.

Blade Runner 2049 geht auch insofern inhalt­lich noch über Ridley Scotts Blade Runner hinaus, als dass der Prot­ago­nist eindeutig selbst ein Replikant ist. Während in Blade Runner die große Frage lautete, inwiefern Repli­kanten uns Menschen gleichen, stellt sich in Blade Runner 2049 heimlich eine noch weit provo­ka­ti­vere Frage: Wieweit sind wir als Zuschauer noch wesent­lich anders als der auf ein reines Funk­tio­nieren innerhalb einer inhumanen maschi­nellen Welt geeichte Replikant KD6-3.7?