05.02.2015

Filme für die Zukunft

Subjektiv - Dokumentarfilm im 21. Jahrhundert
Schwerpunktthema »Flüchtlingsschicksale« – Tonka-Films Beitrag Like In Afrika

Beim 32. »flimmern & rauschen zeigt Münchens kommende Filmgeneration über 60 neue Produktionen«

Von Axel Timo Purr

Gut, wir sind nicht in Dänemark, wo ein Viertel des Jahres­bud­gets der dänischen Film­branche in Kinder­filme inves­tiert wird – mit entspre­chenden Auswir­kungen: die Kopen­ha­gener Filmothek wird auch von Kindern unter sieben Jahren gut besucht; es werden regel­mäßig für Schulen reser­vierte Vorfüh­rungen gezeigt, die so ziemlich alle Alters­gruppen abdecken und auch die aktive Seite wird gefördert: es gibt ein mobiles Film­studio, das auf Anfrage angereist kommt und selbst­ver­s­tänd­lich auch ein festes Studio, in dem die kommenden Gene­ra­tionen dänischer Filme­ma­cher sozia­li­siert werden. Kurzum: Film­för­de­rung vom Feinsten.

Aber wir sind immerhin in München, wo sich seit über 30 Jahren ebenfalls Gedanken darüber gemacht wird, wie man filmische Nach­wuchs­ar­beit leisten könnte und mit dem 1982 gegrün­deten Jugend­film­fes­tival »flimmen & rauschen« ein respek­ta­bles Forum für diesen Zweck geschaffen hat.

Auch dieses Jahr findet das in Zusam­men­ar­beit mit dem Stadt­ju­gendamt, der Filmstadt München und dem Kultur­re­ferat vom Medi­en­zen­trum München des JFF durch­ge­führte Festival wie jedes Jahr Anfang Februar in der Muff­at­halle statt. Gezeigt wird an zwei Tagen eine Auswahl von ca. 60 Filmen auf Groß­lein­wand. Teil­nehmen konnten Jugend­liche und junge Erwach­sene aus München, die unter 27 Jahre sind. Eine Vorjury musste aus einem Pool von 100 Arbeiten auswählen, deren Themen einen faszi­nie­renden gesell­schaft­li­chen Quer­schnitt abbilden; aller­dings mit einem im Vorfeld ausge­lobten, beson­deren Fokus auf Flücht­linge und Flücht­lings­schick­sale. Daneben werden Themen wie erste Liebe, Freund­schaft, Verlust, inter­kul­tu­relle Begeg­nungen aufge­griffen und filmisch verhan­delt.

Eröffnet wird das Festival am 11. Februar um 14.00 Uhr mit dem Film Das tödliche Netz. Ein klas­si­scher Krimi, der mit Unter­s­tüt­zung eines profes­sio­nellen Regis­seurs entstand und von Schülern der Anno-Braun-Schule umgesetzt wurde. Weitere Filme im Eröff­nungs­pro­gramm sind der Doku­men­tar­film Bridge­beat, der ein multi­kul­tu­relles Musik­pro­jekt mit Sinti und Roma Musikern im Münchner Hasen­bergl porträ­tiert sowie eine Doku­men­ta­tion der jüdischen Bar Mizwa Zeremonie von Jugend­li­chen der Europäi­schen Janusz Korczak Akademie. Außerdem im Eröff­nungs­pro­gramm ist der Doku­men­tar­film Pryvit Kiev, der eine Reise Münchner Jugend­liche nach Kiew doku­men­tiert, die sich auf die Spuren ehema­liger Zwangs­ar­beiter gemacht und diese inter­viewt haben.

Das Abend­pro­gramm, das bis Mitter­nacht geht, zeigt eine Fülle unter­schied­li­cher Erst­lings­werke junger Filme­ma­che­rinnen und Filme­ma­cher, die alle Genres vom Spielfilm über den Doku­men­tar­film bis zum Expe­ri­men­tal­film umfasst. Das Schul­klas­sen­pro­gramm am Donnerstag Vormittag versam­melt die gelun­gensten und inter­es­san­testen Film­pro­duk­tionen aus Münchner Kinder­ta­ges­stätten und Schulen. Die jüngsten Film­gruppen sind gerade mal 3 Jahre alt und stammen aus der Evan­ge­li­schen Kinder­ta­ges­stätte Neuhausen. Mit ihren Trick­filmen zeigen sie, wieviel Spaß bereits die Kleinsten dank neuester Trick­technik mit iPad und Stop­mo­tion Apps beim Filme­ma­chen haben.

Doch auch die profes­sio­nelle Liga ist auf dem Jugend­film­fest vertreten. Mit Filmen aus den Münchner Medien- und Film­hoch­schulen wird das Festival vor allem in den Abend­stunden berei­chert. Ange­fangen von Jenseits von Worten des jungen Münchner Filme­ma­chers Oscar Lauter­bach, der die Geschichte eines jungen gehör­losen Mannes und einer blinden jungen Frau erzählt, bis hin zu Verlän­gertes Woche­n­ende von Julius Grimm, der bereits mehrfach bei „flimmern & rauschen“ ausge­zeichnet wurde, werden Filme von jungen Nach­wuchs­re­gis­seu­rinnen und –regis­seuren gezeigt, die auf dem Weg sind, aus ihrer Leiden­schaft zum Film einen Beruf zu machen.

Da die betei­ligten Film­gruppen aller­dings sehr unter­schied­liche Voraus­set­zungen sowohl hinsicht­lich des Alters als auch in Bezug auf Vorkennt­nisse mitbringen, arbeitet »flimmern & rauschen« erstmals mit Alters-Kate­go­rien, um den Einrei­chungen besser gerecht zu werden. Insgesamt gibt es vier dieser Kate­go­rien sowie eine Ausbil­dungs­ka­te­gorie. Die Kategorie K umfasst alle Filme von Kindern im Alter von 3 bis 11 Jahren. Die Kategorie A ist für Filme von Jugend­li­chen von 12 bis 16 Jahren, die Kategorie B für Filme von Jugend­li­chen von 17 und 21 Jahren und schließ­lich die Kategorie C für Filme von jungen Erwach­senen von 22 bis 26 Jahren. Die Ausbil­dungs­ka­te­gorie (MH) berück­sich­tigt die Filme von Studie­renden an Medi­en­hoch­schulen. Mit dieser Eintei­lung soll den Produk­tionen auch bei der Preis­ver­gabe besser begegnet werden.
Die neuen Kate­go­rien sind auch bei der Programm­ge­stal­tung mit einbe­zogen worden. So gibt es im Schul­klas­sen­pro­gramm am Donners­tag­vor­mittag in erster Linie Filme aus der Kategorie K und A. Im Abend­pro­gramm werden hingegen vor allem Filme von und für Ältere präsen­tiert.

Der Höhepunkt des Festivals ist die Preis­ver­lei­hung am Donners­tag­abend um 20 Uhr. Unter der Jury-Leitung von Thomas Kupser (MZM des JFF) entscheiden Philipp Budweg (Produzent), Birgit Irrgang (Medienstelle Augsburg), Mariko Minoguchi (Filme­ma­cherin), Klaus Schwarzer (Stadt­ju­gendamt/ pomki.de) und Katharina Vollmuth (Filmfest München) über fünf gleich­wer­tige Jugend­film­preise, einen Kinder­film­preis sowie einen Preis zum Sonder­thema Flücht­linge. Natürlich gibt es wie auf jedem Film­fes­tival auch einen Publi­kums­preis. Insgesamt sind Preise im Wert von 4.000,- € ausgelobt.

Ab 21 Uhr werden die Filme aller Preis­träger dann noch einmal zu sehen sein – und dürften einen guten Überblick über die Münchner Film­land­schaft von morgen geben.

Flimmern & Rauschen. 11./12. Februar 2015 in der Muff­at­halle München, Zellstr. 4. Festi­val­ti­cket 6 Euro. Mehr Infor­ma­tionen und das voll­s­tän­dige Programm gibt es hier.