Ach, was sollen wir Sie denn wieder in all diese alten und
entlegenen Filme schicken. Wen die kleine Stummfilmreihe mit
Brigitte Helm (eine sehr feine Reihe, im übrigen) oder die
Ukrainischen Kulturtage im Filmmuseum interessieren (und das sind
hoffentlich viele), die oder der haben bestimmt schon mitbekommen,
dass selbige laufen und gehen eh dorthin. Also wollen wir Ihnen
diese Woche doch einmal wieder den Weg in die aktuellen Filme
weisen, von denen gleich so viele wunderbare anlaufen, dass man gar
versucht ist, den Glauben an das Gute im Kino zurückzugewinnen.
Als da wäre TIME
SHARE. Ha, übler Scherz, wir wollten nur mal gucken, ob
Sie noch wach sind. Nein, da wäre THE CELL - ein, mit
Verlaub, geiler Bildersturm, wie ihn insbesondere das amerikanische
Kino lang nicht mehr gesehen hat. Dessen Besuch außerdem gleich den
von ca. 15 Kunstausstellungen ersetzt. Aber dass uns da niemand auf
die böse Idee kommt, die rauschhafte Wirkung des Films durch
vorherige Einnahme bewußtseinsverändernder Substanzen verstärken zu
wollen... Und da wäre THE EYE OF THE BEHOLDER, den unser Herr Oehmann ja andernorts mit ausführlichen
und berechtigten Worten (und anderen als - die älteren unserer
LeserInnen mögen sich erinnern - "Samstags Fußball, Sonntag
Lindenstraße"!) lobpreist. Und außerdem und insbesondere ist da
Michael Almereydas HAMLET, der die mit Abstand düsterste,
Weltschmerz-schwangerste, geradlinig zornigste Verfilmung des
Stücks überhaupt sein dürfte (es ist ein bisschen schwierig, da den
Überblick zu behalten), und das bei gleichzeitig enorm hohem
Intelligenz- und Selbstreflexivitätsgrad. "Rein oder nicht rein?"
ist da gar keine Frage - sehen muss man's, jawoll!
Weil wir aber grade bei düster sind: Selbst bei so vielen
unverzichtbaren Neuigkeiten muss Zeit für einen nur semi-aktuellen
Film sein - wenn er vom Kaliber eines GET CARTER ist. Selbiger
erfuhr unlängst eine Hollywood-Neuverfilmung, deren eigentlich für
diese Woche vorgesehener Deutschland-Start allerdings vorerst
wieder abgeblasen wurde. Weshalb die Wiederaufführung des
britischen Originals jetzt etwas in der Luft hängt. Soll uns aber
alles gar nicht tangieren, da uns jeglicher Anlass recht ist, diese
kohlschwarze Perle des Amoralismus endlich mal wieder in einer
schönen Kopie auf eine richtige Leinwand zu bekommen. Es ist ein
Film aus der Zeit, als das Kino gerade die Freiheit entdeckte,
endlich so böse, verbotene Sachen wie Sex und Gewalt ohne viel
weichzeichnende Schminke abzubilden. Wie fies, dunkel, dreckig und
ohne Gut/Böse-Überbau das aber Mike Hodges in GET CARTER tut, das
wäre wohl heute schon wieder nur noch schwer möglich. Ein harter
Streifen über harte Männer in einer harten Welt - also morgens
Wodka pur und eine Packung Zigaretten zum Frühstück und nachts in
diesen Film. (GET CARTER (OmU): Filmmuseum Fr./Sa.
23:00)
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Die
Artechock-Redaktion
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