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Die Begründungen der
Jurys
Jaunie Laiki Skérsielá
In einer kleinen Strasse von Riga, der Hauptstadt Lettlands, wird exemplarisch
das Leben einer Gemeinschaft gezeichnet, wie es sich nach dem Zusammenbruch
des Sozialismus in Osteuropa entwickelt. Der Mikrokosmos einer Gesellschaft
wird erlebt in humorvoll beobachteten Situationen - nicht ohne Selbstironie
des Filmemachers Ivars Seleckis. In "Jaunie Laiki Skérsielá"
seziert der Filmemacher augenzwinkernd die kleinen Reibereien zwischen
den Nachbarn und deren Überlebensstrategien, die den fundamentalen
Wechsel vom Sozialismus zum Kapitalismus dokumentieren. Der Jury hat besonders
die osteuropäische "Leichtigkeit des Seins" gefallen.
Belfast, Maine
Mit "Belfast, Maine" begeben wir uns in eine kontrastreiche
wirtschaftliche und soziale Wirklichkeit: Als ehemaliges Handelszentrum
- und zugleich als eine typische amerikanische Stadt - hat Belfast eine
glorreiche Vergangenheit erlebt, doch heute durchlebt die Stadt schwere
Tage. Die Gemeinschaft zählt mit ihren 6000 EinwohnerInnen - davon
99 % Weisse - zu den ärmsten des Staates, obwohl die Region mit einer
üppigen Natur gesegnet ist.
Mit seiner präzisen Beobachtung führt uns der Filmemacher Frederick
Wiseman zu den Menschen, ermöglicht Begegnung mit ihren persönlichen
Konflikten, ihrer Arbeitswelt und eröffnet einen unkommentierten
Blick in Lebensweisen und Lebensstrukturen, die in einer globalisierten
Welt oftmals verborgen bleiben. Die Leistung dieses Dokumentarfilms liegt
darin, dass er Menschen nicht vorführt, sondern ohne eine vorgegebene
Interpretation den Zuschauern die Möglichkeit lässt, eine eigene
Meinung zu bilden, über das, was ein verständnisvolles Zusammenleben
von Menschen ermöglicht oder unmöglich macht. Die grosse Sympathie
Wisemans für Menschen, die normalerweise nicht wahrgenommen werden,
drückt sich auch aus in einer sehr unaufdringlichen und sensible
geführten Kamera. Für Frederick Wiseman geht es nicht um Shakespeares
Prinz Hamlet, sondern um Arthur Millers Handlungsreisenden.
Long Night's Journey
into Day
Die Filmemacherinnen Deborah Hoffmann und Frances Reid zeigen in ihrem
Film "Long Nights Journey into Day" auf beeindruckende Weise,
wie ein Versöhnungsprozess zwischen Opfern und Tätern in Gang
gesetzt wird.
"Benjamin Smoke"
Die Filmemacher Peter Sollen und Jem Cohen haben eine adäquate filmische
Umsetzung gefunden, die das extrovertierte Leben des Sängers der
Musikgruppe "Smoke" ausdrückt.
PLANET ZUSCHAUERPREIS
"Long Night's
Journey into Day" zeigt die Arbeit einer weltweit wohl einzigartigen
Kommission, die in Südafrika nach Jahrzehnten des Apartheidregimes
den Versuch unternimmt, Täter und Opfer gegenüberzustellen und
auszusöhnen. Wir waren beeindruckt von der klaren Dramaturgie des
Films. Die schwierige und schmerzliche Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit
wird ohne Pathos und Sentimentalität erzählt. Besonders hervorheben
möchten wir die ausgewogene haltung mit welcher sich die Filmemacherinnen
an die Personen annähern; sie zeichnet sich durch eine Balance zwischen
gerechter Distanz und respektvoller Nähe gegenüber allen Protagonisten
aus.
FÖRDERPREIS DOKUMENTARFILM DES FILMFERNSEHFONDS BAYERN
B - Movie
überzeugt durch seine Originalität und Geschlossenheit. Er beobachtet
seine beiden Protagonisten mit cineastischem Blick, der durch die Bildsprache
des Kameramanns Christoph Oefelein gelungen zum Ausdruck kommt. Zwei Freunde
am Berliner Flughafen, am Ende des Rollfeldes: Die Nacht, der Lärm,
die Stadt. Das in sich geschlossene Werk liefert einen schrägen Blick
auf gerade Dinge.
Der Film Mbube, die Nacht des Löwen ist von allen inhaltlich
interessanten Fernsehformaten derjenige, der einen sinnlich und seelisch
am meisten gepackt hat. Der Film erhebt die Musik des Isicathamiya zu
seinem Protagonisten. (...) Die Musik steht in dem Film von Stefanie Sycholt
für Stil und Klasse und für Emotionalität und Disziplin
mit der sich das Zulu-Proletariat eine eigene Identität schaffen
konnte.
Vom Dunkel ins Licht ist ein sehr persönlicher Film über
drei Männer, die in ihrer Kindheit sexueller Gewalt ausgesetzt waren.
Irini Karistianou ging mit ihrem Film ein grosses Risiko ein. Sie bewahrt
die Integrität der Personen, die sich in bemerkenswerteer Offenheit
vor der Kamera äußern. Ein schwieriges Thema, inhaltlich und
filmisch mit Feingefühl realisiert.
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