25.06.2009
26. Filmfest München 2009

Mit dem Finger durchs Programm­heft

Fish Tank
Katie Jarvis in Andrea Arnolds Fish Tank
(Foto: Kool Filmdistribution Ludwig Ammann & Michael Isele / Die FilmAgentinnen)

Jetzt gucken, später sehen: Filme, die man auf keinen Fall verpassen sollte und Filme, die sowieso ins Kino kommen

Von Dunja Bialas

Das dies­jäh­rige Filmfest wartet mit um die 200 Filmen in mehr als zehn Sektionen auf. Da kann man schon mal den Überblick verlieren, aber vor allem stellt sich dem Filmfreak die Frage: Welche Filme sind denn unbe­dingte must-see-Filme? Filme, die nur dieses einzige Mal in München zu sehen sind, die großartig, toll und einzig­artig sind und damit ein nie mehr wieder­kom­mendes Film­erlebnis verspre­chen? Welche Filme dagegen kann man sich für später aufheben, weil sie über einen Verleih ohnehin den Weg in die Kinosäle finden werden? Erste Filmtipps für das »Festival fürs Publikum«.

Must-see-Filme: Filme, die man nicht verpassen sollte

Un autre homme (Lionel Baier) – Der Schweizer Regisseur nimmt sich dem schwie­rigen Liebes­leben im Film­kri­ti­ker­mi­lieu an und gewinnt damit natürlich all unsere Sympa­thien. Der 33-jährige Lionel Baier gilt als »enfant terrible« der West­schweizer – was erst mal gar nichts heißt. Er machte aber auf dem Festival in Locarno von sich reden und tourt seitdem mit seinem Film durch Europa und den Rest der Welt.
Fr., 03.07., Cinemaxx 3, 20:00 Uhr – Sa., 04.07., Cinemaxx 1, 17:15 Uhr

Fish Tank (Andrea Arnold) – Seit ihrem Oscar-gekrönten Kurzfilm The Wasp ist Arnold die unbe­strit­tene Inde­pen­dent-Queen der briti­schen Regis­seusen. Ihr Lang­film­debüt Red Road war letztes Jahr im Münchner Werk­statt­kino zu sehen. Mit gekonnt doku­men­ta­ri­scher Hand­schrift zeigte Arnold eine Story aus dem engli­schen Problem­mi­lieu – ganz ohne Sozi­al­kitsch à la Ken Loach. In Fish Tank hat sie sich dem schwie­rigen Charakter einer 15-Jährigen ange­nommen. Die Darstel­lerin der Haupt­figur Mia, Katie Jarvis, entdeckte sie, als diese sich gerade – ganz authen­tisch – mit ihrem Freund stritt.
Do., 02.07., Cinemaxx 1, 19:45 Uhr – Sa., 04.07., Cinemaxx 2, 17:00 Uhr

Inland (Gabbla) (Tariq Teguia) – Laut Cyril Neyrat, Kritiker bei den fran­zö­si­schen »Cahiers du Cinéma«, einer der besten Filme des dies­jäh­rigen Rotter­damer Film­fes­ti­vals. Der Film verbindet schöne Bilder mit einem harten Thema: Die Weiten der alge­ri­schen Land­schaft, in denen sich grausame Szenen des alge­ri­schen Bürger­kriegs abspielen.
Sa., 27.06., Rio 1, 18:45 Uhr – Mo., 29.06, Rio 2, 17:30 Uhr

Our Beloved Month of August (Aquele Querido Mês de Agosto) (Miguel Gomes) – Eine der großen Entde­ckungen auf der letzt­jäh­rigen Viennale. Miguel Gomes gestaltet die erste Hälfte seiner Erzählung über die sommer­leichte Trägheit in der portu­gie­si­schen Klein­stadt Arganil als Doku­men­tar­film, um dann über einen Film-im-Film in eine schräge Spiel­film­hand­lung hinü­ber­zug­leiten. Ein Potpourri aus Menschen, Musik und Land­schafts­auf­nahmen, das durch und durch gute Laune macht.
Mi., Rio 2, 20:00 Uhr – Fr., 03.07., Film­mu­seum, 17:30 Uhr

Bullet in the Head (Tiro en la cabeza) (Jaime Rosales) – Ein Thriller mit einem ganz beson­deren Thrill: Wir sehen, ausgehend von einem authen­ti­schen ETA-Attentat in Südfrank­reich, wie sich namenlose Männer verfolgen, wie sie heftige Streit­ge­spräche führen. Es scheint um das große Ganze zu gehen – aber wir können es nicht hören. Gefilmt werden sie aus großer Distanz, meist in der Totalen, ihre Gespräche sind nur erahnbar. Und dennoch entwi­ckelt der Film seinen Drive und entführt den Zuschauer in die Absur­dität von poli­ti­scher Gewalt.
Sa., 27.06., Cinemaxx 6, 22:30 Uhr – Mo., 29.06., Rio 2, 20:15 Uhr

Filme für später: Die sowieso ins Kino kommen

Das weiße Band (Michael Haneke) – Hanekes Cannes-Gewinn, der den Ursprüngen von Terror in einem nord­deut­schen Dorf vor dem 1. Weltkrieg nachgeht, kommt im November in die deutschen Kinosäle. Übrigens hat das Münchner Filmfest, das Michael Haneke dieses Jahr den CineMerit Award verleiht, wieder entdeckt, dass Haneke ein »gebür­tiger Münchner« ist. Wir gratu­lieren dem ersten Münchner Cannes-Gewinner!

Tödliches Kommando (The Hurt Locker) (Kathryn Bigelow) – Seit ihrem Flop, den sie 2002 mit K-19 hingelegt hat, ist es sehr still geworden um den einstige Regie-Star span­nender Action­filme. Jetzt ist sie wieder da mit einem neuen Knüller über ein ameri­ka­ni­sches Bomben­rä­um­kom­mando im Irak. Ob sie tatsäch­lich wieder auf der Höhe ihrer Regie­kunst ange­kommen ist, wie es heißt, kann ab August im Kino nach­ge­prüft werden.

Zerris­sene Umar­mungen (Los abrazos rotos) (Pedro Almodóvar) – Der spanische Regie­alt­meister präsen­tierte seinen Penélope-Cruz-Film dieses Jahr in Cannes und erntete in seinem Land eupho­ri­sche Kritiken. Die Geschichte um den blinden Schrift­steller Harry Caine und der Liebe seines Lebens ist der bislang teuerste Almodóvar-Film. Er provo­zierte im krisen­ge­schüt­telten Spanien einen regel­rechten Hype um diesen »inter­na­tio­nalsten« Regisseur und wurde sogar mit dem Shake­speare'schen »King Lear« vergli­chen. Ab August im Kino.