Homefront

USA 2013 · 100 min. · FSK: ab 16
Regie: Gary Fleder
Drehbuch:
Kamera: Theo van de Sande
Darsteller: Jason Statham, James Franco, Izabela Vidovic, Kate Bosworth, Winona Ryder u.a.
Solide Hau-drauf-Unterhaltung

Keine Kompromisse

Spätes­tens seit The Expen­da­bles ist das Interesse an gradlinig-reak­ti­onären Action­fan­ta­sien, wie sie das Kino der 1980er Jahre am laufenden Band hervor­brachte, wieder erwacht. Treibende Kraft dieser Revi­ta­li­sie­rung ist zwei­fellos Genrei­kone Sylvester Stallone, der nicht nur als Haupt­dar­steller, sondern auch als Dreh­buch­autor und Regisseur in Erschei­nung trat. Ein hervor­ste­chendes Merkmal der „neuen Welle“ tradi­tio­neller Action­filme ist die betont selbst­iro­ni­sche Haltung gegenüber den auftre­tenden Stars. Ob beim Schau­laufen der „Expen­da­bles“-Reihe, in The Last Stand, Arnold Schwar­z­e­neggers endgül­tiger Rückkehr auf die große Leinwand, oder im erst kürzlich erschie­nenen Escape Plan – die Helden nehmen sich und ihr hart­ge­sot­tenes Image heute nicht mehr ganz so ernst. Spie­le­risch verneigen sie sich vor ihrem eigenen Schaffen und animieren den Zuschauer, persön­liche Kino­er­leb­nisse noch einmal abzurufen.

Der Testo­ste­ron­thriller Homefront, der auf einer Roman­vor­lage des Vietnam-Veteranen Chuck Logen basiert, verzichtet auf augen­zwin­kernde Gesten, passt aber dennoch ins oben skiz­zierte Bild. Immerhin atmet er aus nahezu jeder Pore den Geist früherer Zeiten: Das Drehbuch stammt von Stallone höchst­per­sön­lich, der den Stoff ursprüng­lich für den letzten Rambo-Auftritt vorsah, von diesem Gedanken aber wieder Abstand nahm und die Haupt­rolle an Jason Statham weitergab, einen der wenigen Action­stars der Gegenwart. Ziel­ge­richtet und ohne unnötige Abschwei­fungen erzählt der Film von einem schlag­kräf­tigen Prot­ago­nisten, der das Gesetz in die eigenen Hände nimmt, um sein Fami­li­en­leben zu schützen. Und damit als Para­de­bei­spiel des wehr­haften US-Bürgers fungiert. Einer Figur, die zu den wirk­mäch­tigsten Stereo­typen des ameri­ka­ni­schen Genre­kinos gehört.

Nach dem Tod seiner Frau zieht der frühere Under­cover-Ermittler Phil Broker mit seiner Tochter Maddy (Izabela Vidovic) ins ländliche Louisiana, wo das Mädchen behütet aufwachsen soll. Als Maddy jedoch einen über­grif­figen Mitschüler zu Boden streckt, ist es mit dem beschau­li­chen Leben nicht mehr weit her. Ähnlich wie in Roman Polanskis schwarzer Komödie „Der Gott des Gemetzels“ sorgt diese vermeint­lich harmlose Ausein­an­der­set­zung für eine verhäng­nis­volle Ketten­re­ak­tion, bei der sich die Schranken der zivilen Zurück­hal­tung unver­mit­telt öffnen. Die Mutter des atta­ckierten Jungen (Kate Bosworth) sinnt auf Rache und bittet ihren Bruder Gator (James Franco), einen hiesigen Drogen­dealer, den Brokers Angst einzu­jagen. Beim Einbruch in das Haus des Ex-Poli­zisten stößt der junge Mann auf eine Akte, die Phils wahre Identität offenbart. Wie sich zeigt, war er entschei­dend an der Festnahme eines gefürch­teten Rocker­bosses beteiligt. Infor­ma­tionen, die Gator nun nutzen will, um neue Geschäfts­partner für seinen Crystal-Meth-Handel zu gewinnen.

Auch wenn der Film nach einem fulmi­nanten Auftakt – der Verhaf­tung des Biker-Chefs – zunächst ruhigere Töne anschlägt, ist die Eska­la­tion von Anfang an in die Handlung einge­schrieben. Als Tochter eines wenig zimper­li­chen Ex-Cops kennt Maddy letztlich nur eine überz­eu­gende Antwort auf das Mobbing ihres Klas­sen­ka­me­raden. Geht es darum, sich selbst zu schützen, ist Gewalt ein legitimes Mittel. So will es zumindest die Logik des Action­films. Noch deut­li­cher spiegelt sich diese Haltung in der Figur des ehema­ligen Poli­zisten. Zwar versucht Phil zu Beginn, dem hoch­ko­chenden Konflikt aus dem Weg zu gehen. Als die Provo­ka­tionen überhand nehmen, zögert er jedoch keine Sekunde, seine Schlag­kräf­tig­keit unter Beweis zu stellen. Noch immer ist er ein Mann der Tat, kompro­misslos und durch­set­zungs­fähig. Gewillt, seine kleine Fami­li­en­welt um jeden Preis zu vertei­digen.

Erfreu­li­cher­weise versteigen sich Dreh­buch­autor Stallone und Regie­rou­ti­nier Gary Fleder ausgehend von dieser Prämisse aber nicht zu einem dauerhaft-stumpf­sin­nigen Action- und Prügel­feu­er­werk. Vielmehr sind die Momente hand­fester Ausein­an­der­set­zungen halbwegs verträg­lich auf die Gesamt­länge des Films verteilt. Und zumeist so insz­e­niert, dass Haupt­dar­steller Jason Statham seine Körper­lich­keit sinnvoll einbringen kann. Neben akti­ons­be­tonte Szenen treten immer wieder klas­si­sche Span­nungs­mo­mente, die die Zuspit­zung der Ereig­nisse atmo­s­phä­risch stimmig vorbe­reiten. Dass „Homefront“ eine stel­len­weise eindring­liche Wirkung entfaltet, liegt im Grunde an einem simplen drama­tur­gi­schen Kniff: Während der Zuschauer recht früh weiß, dass der von Hollywood-Tausend­sassa James Franco sinister verkör­perte Klein­stadt­dealer den Prot­ago­nisten ans Messer liefern will, muss sich Phil diese Erkenntnis erst mühsam erar­beiten. Suspense, wie sie Regie­le­gende Alfred Hitchcock so gerne in seinen Filmen zum Einsatz brachte.

Für einen Action­thriller im Stil der 80er-Jahre wenig verwun­der­lich, haben emotio­nale Zwischen­töne im Gesamt­kon­zept nur wenig Platz. Obwohl mit Maddys Schul­psy­cho­login eine attrak­tive Frau­en­figur einge­führt wird, drängt Stallones Vorlage sie relativ schnell in den Hinter­grund und bleibt so ihrer grad­li­nigen Ausrich­tung treu. Phil muss sich und seine Tochter beschützen. Hat damit alle Hände voll zu tun. Und buchs­täb­lich keine Zeit für amouröse Ablen­kungen. Die Grenzen des filmi­schen Univer­sums sind klar abge­steckt und dulden keine Verschie­bungen. Im Mittel­punkt steht ganz allein das stetig wachsende Bedro­hungs­sz­e­nario, das sich am Ende in einem doppelten Showdown entlädt, dessen letzte Einstel­lungen über­trieben melo­dra­ma­tisch ausfallen.

Um keine Miss­ver­s­tänd­nisse aufkommen zu lassen: Homefront hat erzäh­le­risch nicht viel Neues zu bieten, trägt eine frag­wür­dige Selbst­jus­ti­z­moral vor sich her und ist gewiss kein schau­spie­le­ri­sches Glan­z­s­tück. Im Rahmen seiner Möglich­keiten funk­tio­niert der Film jedoch recht gut und dürfte zumindest all jene glücklich stimmen, die nach routi­niert-span­nender Hau-drauf-Unter­hal­tung suchen.