08.03.2012

Der Sommer, als Frank Sinatra starb...

Barbara auf dem Fahrrad
Barbara heißt der neue Film von Petzold. Wie (fast) immer mit Nina Hoss
(Foto: Christian Schulz/Piffl)

Christian Petzold über seinen neuen Film Barbara, über Will Tremper, die Sehnsucht nach Manifesten und darüber, warum aller Anfang (als Regisseur) schwer ist.

Mit seinem neuesten Film Barbara gewann der Berliner Regisseur Christian Petzold vor ein paar Wochen bei der Berlinale einen Silbernen Bär für die beste Regie. Eine doppelt verdiente Auszeich­nung – für einen so wunder­schönen wie hervor­ra­genden Film (der ab dieser Woche im Kino läuft, unsere Kritik folgt kommende Woche), aber auch für einen Filme­ma­cher, der bislang hinter seinen sehr beson­deren Darstel­lern wie Nina Hoss und Julia Hummer und hinter verall­ge­mei­nernden Schlag­worten („Berliner Schule“) nicht genug sichtbar gewesen ist, als das was er als Regisseur von Die innere Sicher­heit, Wolfsburg, Gespenster oder Yella ist: einer der besten deutschen Regis­seure und ein inter­na­tional wichtiger, aner­kannter Autoren­filmer aus diesem Land. Das Gespräch fand eine gute Woche nach der Berlinale statt, in einem Kreuz­berger Café. Petzold musste sich noch von einer Erkältung erholen, es gab sehr rosa­far­bene fran­zö­si­sche Grape­fruit­li­mo­nade mit einem Etikett im Stil der 20er Jahre.

Das Gespräch führte Rüdiger Suchsland.

artechock: Fangen wir – bevor wir zum Film kommen – mit einer allge­meinen Frage an: Dieser Tage wird das 50. Jubiläum des „Ober­hau­sener Manifests“ gefeiert, das gemeinhin als Grün­dungs­do­ku­ment des deutschen Autoren­kinos gilt. Hat das für Sie eine Bedeutung? Brauchen wir gar ein neues Ober­hau­sener Manifest? Das behaupten ja manche, auch jüngere Kollegen. Mein Eindruck ist aber, das keiner so ganz genau weiß, was er dann hinein schreiben sollte?

Christian Petzold: Ich bin auch aufge­for­dert worden. Christoph Hoch­häusler hat mich gefragt, ob ich nicht ein paar „Mani­fest­ge­danken“ hätte. Ich habe große Probleme damit. Nicht etwa, weil ich mich politisch nicht äußern wollte. Aber der Vorteil 1962 war, dass es Väter gab, gegen die man revol­tieren konnte – und musste. Das haben wir heute aber nicht. Ein Manifest braucht Gegner und fest­ge­schrie­bene Gesetze, die man angreifen kann. Das Furcht­bare der jetzigen Situation ist aber gerade das: Es gibt nicht mehr das eine große erstarrte System, sondern es gibt Zerle­gungen. Viele kleine falsche Dinge. Ich glaube nicht, dass wir ein Manifest brauchen – sondern allen­falls viele kleine Manifeste. Die Sehnsucht nach dem großen Manifest führt zu Joachim Gauck.

artechock: Haben wir wirklich keine Väter mehr, gegen die man ankämpfen könnte? Die Macht haben heute doch im Film­ge­schäft die Funk­ti­onäre: Förderer, Redak­teure...

Petzold: Ja, aber unter den Vätern die man damals angriff, habe ich mir immer alte Männer vorge­stellt, die auf Posi­tionen saßen und einen zehn, 20, 25 Jahre lang nicht herein ließen. Man konnte für sie nur Lauf­bur­schen­ar­beit verrichten, bis den Bürgern mal der Kragen platzte und sie diese Bastille stürmten. Das sind für mich Väter, gegen die man aufbe­gehrt und Refor­ma­ti­ons­ideen entwi­ckelt. Aber die Welt ist doch heute gar nicht so – diese Menschen, mit denen wir zu tun haben, ob das nun Finan­ciers sind oder Redak­teure, das sind ja keine Wächter und Türsteher.

artechock: Sondern? Zu weich, zu schlaff, um Gegner abzugeben?

Petzold: Nein, das würde ich auch nicht sagen. Das sind... Wir haben mit denen zusammen studiert. Wer heute die Sehnsucht nach der Revo­lu­tion hat und über Umbruch schreit, der hat bestimmte Seminare in Geschichte nicht besucht. Wer die Situation des deutschen Kinos mit Kairo oder solchen Orten vergleicht, macht sich lächer­lich. Was wir wirklich brauchen, ist eine höhere Form von Konflikten und Streit­kultur. Das ist aber etwas anderes, als „der“ Konflikt. Wir hatten eben, bevor das Interview begann, darüber gespro­chen, warum das fran­zö­si­sche Main­stream­kino so wesent­lich mehr von seinem Land Frank­reich berichtet und analy­siert als das deutsche Kino, und warum gerade dreimal mehr Deutsche in einen fran­zö­si­schen Main­stream­film gehen, als in einen Til-Schweiger-Film. Die Antwort ist doch klar: Die machen keine Revo­lu­tion. Die brauchen auch keine „starken Sätze“ oder Waffen. Hinter alldem steckt eine sehr deutsche Verein­fa­chungs­sehn­sucht dahinter. Die Verhält­nisse sind aber heute anders. Deleuze würde von Rhizomen reden. Es ist klein­tei­liger, da gibt es nichts, was man wie einen Gordi­schen Knoten durch­schlagen könnte. Wir müssen schauen: Was passiert hier konkret, was könnte man dort unmit­telbar verändern? Das ist dann durchaus auch ein Thema meines Films Barbara. Ich finde, der deutsche Schrei nach „dem“ Manifest, oder „dem“ Verei­ni­gungs­roman oder „dem“ Haupt­stadt­film oder „dem Staats­ober­haupt“, dem, der eben kein Schnäpp­chen­jäger ist, sondern „ein richtiger Mann“ oder eben nach dem Vater, den man dann endlich „ermorden“ kann, damit man eine Identität bekommt – das ist alles so auto­ri­täts­hörig! Ich finde: Das Kino muss viel spie­le­ri­scher sein.

artechock: Die Frage, die sich aber trotzdem stellt, ist: Warum ist es das nicht? Warum funk­tio­niert in Deutsch­land What a Man oder Til Schweiger, aber ein Pendant zu Ziemlich beste Freunde gibt es nicht?

Petzold: Aber das ist doch klar: Solche Filme gibt es in allen Ländern, in jedem Land gibt es etwas wie eine „Raum­schiff Enter­prise“ und eine „Star Wars“-Parodie, auch in der Türkei. Das inter­es­siert nur das Ausland nicht weiter.

artechock: Kann man nicht sagen, dass sich in manchen Bereichen ein gewisser Mehltau gebildet hat? Nehmen wir die seit Jahren gras­sie­rende Debatte über das öffent­liche Fernsehen und dessen Einfluss auf die Filme. Georg Diez hat über die Mubaraks in den Sendern geschrieben. Oder nehmen wir die Lage an den deutschen Film­hoch­schulen, die zunehmend zum Durch­lauf­er­hitzer für eine Industrie werden, nicht mehr ein Betrieb freier Ausbil­dung sind. Natürlich spiegelt die Trägheit der Direk­toren oft genug nur die der Studenten. An früheren Direk­toren-Figuren, ob das nun einer ist wie Reinhard Hauff an der DFFB oder Wolfgang Längsfeld an der HFF München konnte man sich noch reiben. Heute wirken auch die Ausbilder oft nur wie Manager und Politiker, die die Stell­schrauben stellen.

Petzold: Ich habe gerade keinen Kontakt zu Film­hoch­schulen. Bald wieder, dann gebe ich an der DFFB ein Seminar. Ich kann nur sagen: Ich habe fünf Jahre studiert, an der DFFB, und in der Zeit vier Direk­toren gehabt. Man kann einfach sagen: Studenten, die den Direktor für wichtig für ihr filmi­sches Weiter­kommen sehen, die haben schon einen an der Waffel. Was soll man sich denn am Direktor reiben? Konkrete Probleme muss man lösen. Ich habe auch mit Hauff meine Probleme gehabt, als er kam, ande­rer­seits mit Radsack keine, weil der ein groß­zü­giger Bürger war, der sich inhalt­lich nicht einge­mischt hat. Aber generell finde ich: Wenn man Probleme mit einem Direktor hat, dann hat man doch endlich jemanden, gegen den man seine Filme machen kann! Ich finde, Direk­toren an einer Film­hoch­schule machen viel­leicht gute oder schlechte Arbeit, aber die Filme beein­flussen sie kaum. Die Filme entstehen entweder mit ihnen oder gegen sie. Als ich studiert habe, waren die Studenten natürlich oft älter – man durfte damals nicht jünger als 26 sein. Und wenn man sich mit Mitte 20 noch um die Liebe des Direktors bemüht, ist etwas nicht gut gelaufen.

artechock: Ich könnte mir vorstellen, dass es für einen Studenten heute schwie­riger ist zu arbeiten, als es für Dich damals war...

Petzold: Das möchte ich gern mal sehen. Aber diese Ausdif­fe­ren­zie­rung der Bildungs­be­reiche, die mit „Bologna“ Einzug gehalten hat, ist mir suspekt. Überall – das erlebe ich gerade bei meinen Kindern an der Schule, aber es gilt natürlich auch für eine Film­aka­demie – will man Struk­turen, Module, Austausch­bar­keiten. Das wird zu einer Kata­strophe führen. Die Film­aka­demie war ein freier Ort – im Gespräch zwischen Alexander Kluge und Heiner Müller heißt es: Die Akademie der Wissen­schaften und der Künste musste bei Paraden nicht mitgehen. Sie musste nicht den Staat reprä­sen­tieren. Das war ein freier Ort. Und für diese Freiheit muss man kämpfen. Das ist es, was man von allen verlangen kann, die dort sind, ob Studenten oder Direk­toren – sie haben für die Freiheit der Akademie zu kämpfen. Wenn statt­dessen Noten verteilt werden oder Ausbil­dungs­schlüssel aufgebaut werden, dann verschult sich das, dann geht der Laden den Bach runter. Dann muss man sich nicht wundern, falls die Filme schlecht werden. Ich muss es mir mal anschauen. Ich mache jetzt bald an der DFFB ein Seminar über Film­schau­spiel, wahr­schein­lich mit Nina Hoss zusammen, wenn sie Zeit hat. Vor einein­halb Jahren habe ich mal ein Seminar gemacht über Verfol­gungs­jagten im ameri­ka­ni­schen Kino. Jetzt möchte ich einfach mit zehn Studenten der Ernst-Busch-Schule und zehn Regie­stu­denten der DFFB Filme gucken. Die habe ich ein bisschen – wie Bob Dylan in seinen „Radio Hours“ – geordnet nach Themen: Wie „Hotel­zimmer“, „Tränen“, „Tele­fo­nieren“, „nächt­li­ches Warten“, „Verfüh­rung“ oder „erste Begegnung“. Das soll zwei Wochen dauern.

artechock: Seht ihr die Filme ganz?

Petzold: Ja, wir sehen den ganzen Film. Das wich­tigste ist, dass Film­stu­denten und angehende Schau­spieler zusammen im Kino sitzen. Wir haben das Film­schau­spiel zu meiner Zeit nicht gelernt, das war verpönt. Ich glaube, das Aller­wich­tigste fürs Drehen ist, dass man gemeinsam übers Kino sprechen kann. Nicht, dass man diese Skills und Techniken der Schau­spieler auch noch mitbe­herrscht, und dann die Sachen richtig ausdrü­cken kann. Wenn man über das, was man im Kino gesehen hat, spricht, ist das wichtiger. Zum Beispiel zum Thema „Verfüh­rung“ – da würde ich die Strand­szene bei Rossel­lini zeigen, von Ingrid Bergman und dem Fischer. Wenn sie versucht, ihn zu verführen, und der Rossel­lini schneidet dann nur auf ihren Fuß, der sich durch den Sand zu seinem Fuß gräbt. Da würde ich mit den Studenten darüber reden: Wie stellt man das her? Da muss ja ein Gespräch vorher statt­ge­funden haben. Wie sieht das Gespräch aus? Man hätte ja auch etwas anderes machen können. Und Rossel­lini ist nicht jemand, der die Dingwelt so gerne isoliert, Parti­al­ob­jekte wie Füße. Aber in diesem Fall macht er das. Warum macht er das dann? Und wie richtet er die Aufmerk­sam­keit des Zuschauers auf den Fuß? Er zeigt dann nämlich vorher die Bergman, die ihren Fuß anschaut. Sie schickt dann im Grunde genommen einen Teil ihres Körpers wie eine Armee zur Eroberung. Und das hat Rossel­lini wiederum gefallen. Die größte Schwie­rig­keit, beim ersten Film mit Schau­spie­lern zu arbeiten, ist eben, dass man noch nicht sprechen kann und Angst hat. Dazu kommt diese wahn­sin­nige Uner­fah­ren­heit der Regis­seure, die so jung sind und noch nicht gelernt haben, mit den Schwächen anderer Menschen umzugehen und den Ängsten.

artechock: Und Schau­spieler sind unglaub­lich ängstlich...

Petzold: Und das nicht zu Unrecht. Die geben am meisten. Wir hier hinter der Kamera können rauchen und über Bergfeste reden und auf Fußball­spiele wetten. Aber die da müssen eine Tür aufmachen zu ihrem Innersten, und müssen da geschützt sein. Und wenn sie merken, dass sie nicht geschützt sind, bauen sie sich den Schutz selber. Dann ist das ein schlechtes Spiel. Dann merkt man, dass sie sich so überall Schutz­geländer gebaut haben und dann hat man Nach­mit­tags­fern­sehen, kein Kino.

artechock: Ich glaube, dass es ziemlich schwer ist, erst mal überhaupt so genau hinzu­gu­cken, dass man sieht, was das Problem ist, und dann es genau so zu sagen, dass es ankommt. Und dann die richtigen Anwei­sungen zu geben...

Petzold: Ich habe in meinem ersten Film wahn­sinnig viel gelernt von Eleonore Weiß­gerber. Das ist so eine Frau mit der man das deutsche Kino gut erklären kann: In den 60er Jahren war sie das junge sexy Mädchen in der Berliner Filmszene. Hat mit Will Tremper gear­beitet... Ich habe mit der Sachen erlebt... Pilo­tinnen hieß ursprüng­lich »Der Sommer, als Frank Sinatra starb«. Den Titel durften wir dann nicht nehmen, weil die Mafia­an­wälte von Frank Sinatra uns mit Schwie­rig­keiten drohten. Aber Will Tremper hat uns einge­laden, weil er den Titel so toll fand. Wir waren dann bei ihm im Berliner „Europa-Center“ in seinem Büro hinter einem Tisch wie ein Kiosk. Da hatte er ein Glas voller Süßig­keiten, aus denen er sich immer bediente. Ich musste dann immer, wenn ich Chihiros Reise ins Zauber­land mit den Kindern gesehen habe, an Will Tremper denken: Da gibt es einen Mann im Keller, der mit acht Kraken­armen Bäder­karten verteilt. Als ich zum ersten Mal zu ihm ins „Europa-Center“ kam, war ich ziemlich aufgeregt. Ich finde seinen Playgirl einen unfassbar tollen Film. Und auch er ist großartig. Er wurde dann zwar später bei der Welt ein eher konser­va­tiver Kritiker, aber auch in seinen konser­va­tiven Kritiken hat er immer was gesehen. Wir kamen also da hoch – und dann ließ er sich von Eleonore seine eigene Biogra­phie vorlesen, und ich durfte dabei rauchen. Das war von einer so offen­siven Eitelkeit. Und die Geschichten waren toll: Eva Renzi, die sich umbringen wollte im Land­wehr­kanal. Das war toll.

artechock: Ich habe Tremper mal erlebt, als er seine Biogra­phie im Münchner Film­mu­seum vorstellte. Natürlich war Tremper am Ende konser­vativ. Aber ich glaube in den 50er und 60er Jahren war er nicht konser­vativ... Er war nur halt nicht so poli­ti­siert und nicht so links wie viele der neuen Autoren­filmer, der Ober­hau­sener. Er war nun auch eine andere Gene­ra­tion als die Autoren­filmer...

Petzold: Er war ein ameri­ka­ni­sierter Hedonist...

artechock: ...und gegen den neuen deutschen Film hat er, wie Thome und Lemke auf ihre Weise, eine Gegen­po­si­tion aufgebaut.

Petzold: Ja. Ihm war das zu religiös. Eine ganze Zeit lang ging das ja auch zusammen: Hedo­nismus und links sein. Eine Zeit lang waren nackte Busen auf der „Konkret“... Dann wurde die Linke religiös. Jeden­falls mochte ich den Tremper gern. Aber um darauf zurück­zu­kommen: Bei Eleonore Weiß­gerber habe ich sehr viel gelernt über Schau­spiel und das Reden mit Schau­spie­lern, und von der Constanze Engel­brecht auch. Das Gelernte habe ich dann zum ersten Mal bei Die innere Sicher­heit anwenden können. Meine Vorge­hens­weise mit den ganzen Vorab-Proben mit Schau­spie­lern und längeren Reisen hat alles bei diesem Film begonnen. Bis dahin hatte ich auch verstanden: Das übrige Handwerk beherr­sche ich. Lucien Favre bekomme ich hin... [Lacht]. Aber für das, was über die Struktur hinaus­geht, für das Über­ra­schende, muss man den Boden bereiten.

artechock: Die innere Sicher­heit war Ihr Durch­bruch in dem Sinn, dass Sie da einer breiten Öffent­lich­keit bekannt wurden; Sie haben dafür auch den Bundes­film­preis gewonnen. Sehen Sie den im Rückblick als Ihren ersten „richtigen“ Film an? Und die anderen als Vorar­beiten, Ergän­zungen zur Film­hoch­schule...

Petzold: Ja, das würde ich so sagen. Pilo­tinnen war keine reine Ergänzung, weil ich da sehr angstfrei gear­beitet habe. An der Film­aka­demie war ich zuvor als Versager abge­stem­pelt, weil ich kaum gedreht hatte. Die anderen Studenten arbei­teten dauernd, und ich habe immer nur Filme angeguckt. In fünf Jahren hatte ich nur zwei Kurzfilme und eine Übung fertig­ge­stellt. Aber ich war auch verwirrt, ich sah ganz viele Filme und wusste: Im Vergleich weiß ich gar nichts. Und ich glaube auch heute nicht, dass man sich alles durchs bloße Machen selber aneignen kann. Manchmal muss man auch einer Angst nachgeben, und nicht immer sagen: Ich zieh' das jetzt durch. Darum hatte ich auch kaum Kontakt zum Fernsehen. Und nur eine Redak­teurin vom „Kleinen Fern­seh­spiel“ des ZDF, Annedore von Donop, fand meinen Kurzfilm gut, und hat dann etwas Geld für Pilo­tinnen gegeben. Die hat daran geglaubt. Dadurch konnte ich die Leute etwas bezahlen. Nach Pilo­tinnen hatte ich dann ganz viele Angebote, auch vom Fernsehen, auch Privat­fern­sehen. Und es gab einen kurzen Moment, da dachte ich: Ok, da kann man ja ein ganz tolles Leben führen: Jedes Jahr zwei Fern­seh­filme. Wir haben zwei Kinder gehabt, und ich dachte: Wir leben echt gut. Aber da hat meine Frau einen Riegel vorge­schoben. Als das zweite oder dritte Drehbuch kam, hat sie gesagt: »Wenn du jetzt hier drehst, lass ich mich scheiden«. Nach Beischlaf­die­binnen hatte ich dann zwei Jahre kein Angebot mehr. Die Fern­sehtür war zu, auch wegen meinem Abwehr­ver­halten. Irgend­wann ruft dann keiner mehr an. Aber ich hatte schon seit Jahren vor, Die innere Sicher­heit zu machen. Merk­wür­di­ger­weise wollte das kein Fern­seh­sender finan­zieren. Staats­geld von der Film­för­de­rung gab es schon. Und als wir das wenige Geld zusam­men­hatten, habe ich den Film mit der Einstel­lung gedreht: Wir machen jetzt, was wir wollen. Niemand mag die RAF, niemand mag diese Art von Kino, das wir machen wollen. Dann drehen wir einfach. Entweder war es der letzte oder der erste Film.

(Die Fort­set­zung des Inter­views mit Christian Petzold erschien eine Woche später.)