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editorial
der sommer...
Ja, der Sommer ist schuld, ihm kann man alles in die Schuhe schieben... Trägheit, Schwindelanfälle, Hitzepusteln. Nun gut, so schlimm ist es ja noch nicht. Aber er trägt immerhin die Verantwortung dafür, daß - nachdem man natürlich schon sämtliche Kunst im Freien abgeklappert hat - die Ausstellungshallen sich merklich leeren, oder gar nicht mehr füllen. Da ist man dann auch froh, wenn man in artechock nicht so viel lesen muß, da bleibt mehr Zeit fürs Sonnenbad. Immerhin, ein bißchen Fleißig waren wir trotz alledem: Neue Tips haben wir hinzugefügt und einige Photoausstellungen besucht.
 
foto spezial

 




garantiert fast alle aktuellen Fotoausstellungen in München: --- -20.06. Credo, Rathausgalerie --- -18.06. George E. Todd, Gasteig --- -18.06. Professionelle Fotografie, Vereinte Versicherungen --- -19.06. Katharina Bosse, Galerie Wittenbrink --- -26.06. Focused, Galerie Tanit --- -30.06. Dany Leriche, Galerie Stefan Vogdt --- -18.06. George E. Todd, Gasteig --- -19.06. Adidal Abou-Chamat, Teresa Chen, Under my Skin, Galerie Christa Burger --- -27.06. Roni Horn, Staatsgalerie moderner Kunst --- -30.06. Claude Gafner, Institut Francais --- -9.07. Horst Hamann new york vertical --- -6.09. Tschechische Avantgarde-Photographie 1918-1948 --- -31.07. Fotografischer Sommer, Galerie Walter Storms --- -09.07. Junge Spanische Fotografen, Spanisches Kulturinstitut --- -01.11. Paul Almasy, Alpines Museum --- - 09.08.Brigitte Ludmann, lucile galerie

junge spanische fotografen

Eine schöne Ausstellung ist derzeit im Spanischen Kulturinstitut (Marstallplatz 7) zu sehen. In dem Vortragssaal des Hauses werden 22 junge spanische Fotografen gezeigt. Ganz anders als bei den zeitgenössischen deutschen Fotokünstlern präsentiert sich hier der aktuelle Umgang mit Fotografie: Nicht der spontane Augenblick mit einem Hang zum Trendigen steht hier im Vordergrund, sondern es sind liebevoll erdachte Bildinszenierungen, die den Arbeiten ihr Gewicht verleihen. Viele Werke sind dabei von einer poetisch-lyrischen Stimmung geprägt, die ganz im Gegenteil zum Klischee des spanischen Temperaments steht. Keine Liebestragödien, kein Blut und kein Stierkampf, sondern stilles Beobachten von unspektakulären Begebenheiten. Darüber hinaus zeigt die Ausstellung viele Möglichkeiten wie sich mit dem Medium Fotografie umgehen läßt, vom Lochkamerafoto bis zum Tableau Vivant als farbig sattes Cibachrom ist so ziemlich alles vertreten. Besonders eindrucksvoll sind die Arbeiten von Chema de Luelmo, der kleine Püppchen als Surrogate menschlicher Traum- und Wahnvorstellungen ablichtet, wobei die Puppen auch erst auf den zweiten Blick als solche erkennbar werden. Damit zeigen uns die Bilder wieder einmal wie nah Fotografie und Illusion beianderliegen.

was aus der kunst wurde


Dany Leriche hat die Wälzer zur Kunstgeschichte noch mal durchgesehen, und die Ikonen der historischen Heroen überarbeitet. Die 1951 geborene Künstlerin schreckte nicht zurück davor, selbst Albrecht Dürer noch eines draufzusetzten und zu zeigen, was er dem Publikum vorenthalten hat: Als der Künstler im Holzstich einst sein Modell durch das Gitternetzraster betrachtete, um die perspektivische Verkürzung perfekt umzusetzen, visierte er die pralle Geschlechtlichkeit des wohlgerundeten Weibes. Leriche stellte die Szene nach und fügte das Bild anbei, das jahrhundertelang dem Künstler vorbehalten blieb. Außerdem inszeniert sie Frauenakte als Personifikationen der bildenden und schönen Künste und fügt so die Photographie wie selbstverständlich dem Reigen hinzu, indem es das Mittel ist mit dem solche Bilder wieder möglich sind. (In der Galerie Stefan Vogdt, Kurfürstenstraße 5)

   

autoren im profil


Im Literaturhaus - da wo auch artechock gemacht wird, aber dies nur nebenbei - ist eine Ausstellung mit Münchner Autorenporträts zu sehen, die Studenten der Fachakademie für Fotodesign schufen. Die Fotos sind vielversprechend... aufgrund ihrer ausgesprochenen Unterschiedlichkeit in der Auffassung. Farbe oder Schwarzweiß, bunt oder puristisch, scharf und unscharf - das Spektrum ist weitgegriffen. Wer also keine Lust mehr hat auf Isolde Ohlbaum-Fotos, der kann sich hier veranschaulichen, welche gestalterischen Möglichkeiten dieses Genre des Porträts bietet.

milena greif

 

königin
der festplatten

Die Computerspielfigur Lara Croft mausert sich zur Lady Di des digitalen Zeitalters

Ob Dörthe aus Rendsburg, Nina aus Murnau oder Katharina aus Heidelberg, alle wollen nur eins: so sein wie Lara. Die eine im winterkahlen Forst, die andere im kurpfälzischen Gemüsegarten, posieren sie für den Lara-Ähnlichkeitswettbewerb einer Fernsehzeitschrift. Und alle tragen sie einen grimmigen Blick im Gesicht und die silberne 9mm-Pistole in der Hand. Und den Riesenbusen, ja natürlich. Ohne den geht gar nix. Riesenbusen muß sein.

Doch wer ist eigentlich Lara Croft, von den Äußerlichkeiten mal abgesehen? Vordergründig gesehen: eine Spielfigur - im Herbst 1996 als Heldin des Action-Computerspiels „Tomb Raider„ auf den Markt geworfen, mauserte sie sich im letzten Jahr zur Melkkuh Nr.1 der Spielefirma Eidos, die allein von den ersten beiden Versionen des Spiels weltweit über 7 Millionen absetzte. In Wahrheit aber: ein multimediales Markenprodukt. Hoher Identifikationswert, hoher Wiedererkennungswert, hohe Merchandisingtauglichkeit. Kein Tag, an dem sie nicht irgendwo auftaucht. Das „Time Magazine„ nahm die brünette Ballerdame letzthin gar in ihre „Cyber Elite„ auf, die Liste der 50 einflußreichsten Perrsönlichkeiten des Computer-Business.

   
lady di des
digitalen
zeitalters

Kein Zweifel: Lara Croft ist die Lady Di des digitalen Zeitalters, the queen of harddisks, die Königin der Festplatten. Mit ihrer fleischrealen Vorgängerin hat sie einiges gemeinsam: Sie bietet die Projektionsfläche für allerlei Sehnsüchte, und ihre mediale Präsenz ist, je nach Standpunkt, atemberaubend bis lästig. Und die Tatsache, daß sowohl bei Di als auch bei Lara Sex im Markenkonzept offiziell nicht vorgesehen war, aber im Subtext umso stärker mitschwingt, verleiht der Verehrung eine wuchtige Unterströmung.

Doch der Sehnsuchtstransfer auf die Projektionsfläche verläuft bei den Beiden in unterschiedlicher Richtung: Bei Diana ging es darum, am Aufstieg des Mädchen-wie-du-und-ich in die Unerreichbarkeit medial teilzuhaben - und sich dadurch der zumindest theoretischen Gleichheit zu versichern. Bei Lara ist die Bewegung entgegengesetzt: Eine künstlich geschaffene und damit von vornherein auf extreme Weise unerreichbare Figur muß heim ins wirkliche Leben geholt werden. Ins Fernsehen. Auf die Konzertbühnen. Man will sie mit echten Menschen agieren sehen, will wissen, was sie denkt und was sie fühlt, was für ein Sternzeichen sie hat (Steinbock), welches Gewicht (59 Kilo), welche Blutgruppe (AB) und welche Körbchengröße (D).

Dabei durchläuft die Identitätsfindung verschiedene Stadien. Sofort nachdem die digitale Diva ins Schummerlicht der PC-Bildschirme getreten war, meldeten sich bei der Spieleentwickler-Firma Core Design schon die ersten Verehrer. Anfangs fand Mitarbeiterin Susie Hamilton den Andrang noch kurios. Wenn zum Beispiel Leute aus Japan anriefen und wissen wollten, wann sie Geburtstag hat, „da hab ich spontan irgendwas gesagt, zum Beispiel 14. Februar, Valentinstag.„ Das ging natürlich irgendwann nicht mehr. Inzwischen ist Laras offizieller Lebenslauf fest im Griff der PR-Leute von Produzent und Vermarkter Eidos.

Die legen fest, was Lara tut und läßt, was sie anzieht und was nicht. Sie geben Laras Antworten in den „Interviews„, koordinieren ihre Auftritte und die Produkte, die Laras Namen tragen: die Lara-Badehandtücher und Lara-Uhren, die Bekleidungsserie vom Bademantel bis zur Lederjacke. Lara-Kondome allerdings wird es nicht geben, die 9mm-Pistole auch nicht. Und bei den kombinierten Auftritten von Mensch und Lara, einem der häufigsten Wünsche an die Eltern, ist man durchaus wählerisch. Die Spice Girls kriegten einen Korb; U 2 und die deutsche Kommerz-Punk-Band „Die Ärzte„ dagegen wurden mit Lara-Präsenz beglückt.

   
„männer sind
schweine„

Doch die Begegnung der realen mit der virtuellen Welt bestätigt vor allem eines: daß die zweite ein Produkt der ersten ist - und auch deren Zwängen unterliegt. Die Zusammenführung der beiden Welten erfordert nämlich neben einer gewissen Phantasie vor allem eines: gehörigen technischen Aufwand. Beispiel: Das Video der Ärzte („Männer sind Schweine„). Die Musiker liefern sich mit der virtuellen Heldin ein herzerfrischendes Geballer und Gezänk, in dem sie Lara mit schmutzigen Tricks fast besiegen, bis das Mädel die vorlauten Buben lässig unter einer gezielt heruntergeschossenen Montagebühne begräbt. Damit das alles so aussehen kann, muß eine Schauspielerin in einem Datenanzug jede einzelne Bewegung von Lara ausführen; diese werden mittels Sensoren erfaßt und in einen Computer übertragen, der daraus eine Art sich lebensecht bewegendes Strichmännchen herstellt, auf das wiederum die gezeichnete Figur kopiert wird. Und dann wird beides in die Szenen mit den Menschen eingefügt.

Bei solchen Projekten, auch dies ein zeittypisches Phänomen, ist die Postproduktion, also die Arbeit am Computer, erheblich aufwendiger als die eigentliche Filmerei. Mit aus diesem Grund ist die Präsenz von Lara in Talkshows und dergleichen begrenzt. Und außerdem haben die Eidos-Leute ja immer die perfekte Ausrede für ihre Absagen: „Sie hat nicht soviel Zeit, sie muß ja ihre Abenteuer bestehen.„ Übrigens auch die Begründung dafür, warum sie keinen Freund hat.

Doch wir ahnen: Lara wird ein Eigenleben entwickeln. Und dann könnte es richtig spannend werden. Wenn sie irgendwann anfangen wird, wie Lady Diana Spencer selig ihren eigenen Willen zu entwickeln. Wenn sie beginnt, aus ihrem engen Marketing-Gefängnis auszubrechen und dem vermeintlichen Traumprinzen zu entfliehen, mit dem ihre Mutterfirma sie zweifellos doch irgendwann auf mediengerecht romantische Weise vermählen wird. Und wenn sie sich schließlich gegen den Willen ihrer Erfinder einem halbseidenen Cyber-Helden hingibt, bei dem es noch echtes Leben zu erleben gibt - da werden wir dann wieder alle mitfiebern.

Martin Rasp

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