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besprechung where to start from |
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Where to start from ist eine Frage, die man
sich stellen mag, falls man vor hat, Maurizio Nannuccis Werke in und in
der Nähe von München zu besichtigen. Zur Ausstellung
des gleichen Titels im und am Europäischen Patentamt hat der Neonkünstler
die Frage auch an die Fassade gebannt. Fängt man hier an das Gebäude,
das gleich einer Insel umrundbar ist, abzuschreiten, läuft
man einen Pfad in der Form einer 8 ab. Interpretiert wird diese als Unendlichkeitszeichen.
Auf der Schleife ohne Ende kommt man an fünf weiteren Neonschriften
vorbei. Im Eingangsbereich streitet sich The possible plan of the
impossible mit The impossible plan of the possible.
Dem Europäischen Patentamt, so Präsident Ingo Kober bei der Eröffnungsveranstaltung
um den Bogen zu spannen, werden nur zu oft vorgeblich mögliche Pläne
des Unmöglichen vorgelegt. Vielleicht handelt es sich dabei ja
um Kunstwerke! tönte daraufhin ein Zwischenruf aus dem Publikum.
Ja, vielleicht. Vielleicht handelt es sich auch bei Nannuccis Arbeiten um
Kunst. |
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Stringent entwickelte der heute sechzigjährige Italiener sein Konzept,
indem er die Kunst von ihren Titeln löste und nur die Beschriftung
übrig ließ. Auf einer rote Leinwand brachte er die Neonschrift
red an. Eine rote Neonröhre endete mit den Worten red
line. Er ließ ein Flugzeug über die Biennale von
Venedig einen Banner ziehen mit der Aufschrift das Bild des Himmels.
Auch in Photoarbeiten ließ er die Schrift in Konkurrenz zum Bild
treten. Die leuchtenden Neonschriften dominieren in der Gegenwart sein
Werk. Nach der red line begannen die Schriftzeichen in Bewegung
zu geraten. Sie überlagerten, dehnten sich und schoben sich übereinander
bis an die Grenze der Lesbarkeit. |
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Das Wort ART beispielsweise, so Helmut Friedel bei der Eröffnungsrede,
könne von einem Deutschen auch als RAT gelesen werden, von
einem Italiener hingegen als TRA (ital. 'durch'). An den Vorzug,
den man bildender Kunst vor der Schrift gemeinhin gibt, nämliche
ihre internationale Verständlichkeit, werde auf diese Weise zumindest
wieder angenähert. Am Patentamt verwendete Nannucci die dort üblichen
Amtsprachen Deutsch, Englisch und Französisch, wo er außer
den bereits zitierten Sätzen installierte La Question nest
pas la non plus (Es gibt auch keine Frage), Decouvrir
differentes directions (Verschiedene Richtungen entdecken),
Ein anderer Begriff des Möglichen, Mehr
als das Auge sehen kann und Open to undefined meaning.
An der Germeringer Stadthalle im Münchner Westen ließt man
aber auf lateinisch Id quod erat demonstrandum und
auf italienisch non monologo ma dialogo anbringen,
ohne daß die Germeringer besonders für ihre Latein- oder Italienischkenntnisse
bekannt wären. Mancher Betrachter wird auf diese Weise vom Verständnis
ausgeschlossen. Doch auch Kunst ohne Worte wird allzu oft nicht oder mißverstanden.
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Dieses Spiel mit der kognitiven Erschließbarkeit des Werks entwickelt
zudem Eigendynamik. Denn das Bezeichnende entspricht nicht dem Bezeichneten.
Oder der Warenwelt entliehen einfacher: Es ist nicht drin, was drauf
ist. Die Gemeinplätze, und um solche handelt es sich in der
Regel, laufen nicht konform mit ihrem Hintergrund, obwohl sie doch mit
der Architektur und dem Raum in Beziehung treten. You can imagine
the opposite steht am Münchner Lenbachhaus. Das Gegenteil
wovon? Des Gebäudes? Seiner kulturellen Nutzung? Seines Bestehens?
Oder das Gegenteil des Schriftzugs? Das Haus ohne Schriftzug oder mit
einem anderen Werk an seiner Stelle? milena greif
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