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Eviva, Espagna!
Es mag purer Zufall gewesen sein, aber: Einige der besten
Filme des Festivals waren allesamt spanische Produktionen.
Wobei: Man kann es geradezu zum Gesetz erheben - spanische
Produktion war gleich "guter Film". Was durchaus Gründe haben
mag. Denn schließlich hat das spanische Kino eine große (nur
hierzulande wenig bekannte) Tradition des fantastischen Films.
Die spätestens mit den Surrealisten einsetzt und sich bis
heute nicht immer gleich stark, aber doch ungebrochen hält.
Wovon man bei uns wenig mitkriegt, weil für den hiesigen Markt
nur iberisches Bildungsbürgerkino importiert wird und alle
denken, Almodovar wäre das Aufregendste, was das Land cineastisch
zu bieten hat. Der gute Pedro in Ehren - aber gegen einen
Bigas Luna z.B. kann er halt doch einpacken. Dessen Filme
finden aber ganz selten noch einen deutschen Verleih. Ach
ja, die Welt ist schlecht.Aber - die spanischen Filme, wie
gesagt, die sind gut.
COMMON WEALTH (LA COMUNIDAD)
Ich muss ja gestehen, dass ich zuletzt von PERDITA DURANGO
alles andere als begeistert war. Der war auf eine ganz widerliche,
unproduktive und unreife Art zynisch - und dann noch diese
plump aufdringliche religiöse Verbrämung des Ganzen - nein,
danke. Jetzt hat der Álex de la Iglesia ja aber zuvor z.B.
den durchaus erquicklichen DIA DE LA BESTIA abgeliefert, und
insofern: Neues Spiel, neues Glück.Zynisch ist nun LA COMUNIDAD
schon auch wieder, was sein Bild von der Menschheit angeht.
Aber eben auf andere Weise. Der verlangt von uns nicht, dass
wir beispielsweise Vergewaltigungen als eine saubere Gaudi
empfinden, an der die Frauen in Wahrheit ihren Spaß haben.
Der zeigt nur: Wenn's um Geld geht, kennt keiner mehr eine
Gnade.Und das macht er sehr konsequent, sehr hinterfotzig,
sehr unterhaltsam. Wie er die Bewohner eines Mietshauses zeichnet,
die seit Jahrzehnten auf das Ableben eines durch Lottogewinn
steinreichen Mitbewohners warten (und dann kommt Carmen Maura
ganz zufällig im rechten Moment und schnappt ihnen das ganze
Geld vor der Nase weg - was natürlich nach Rache und Entwendung
der unverdienten Pekunien schreit) - das ist schon sehr fein.
Die werden da zu einer vielköpfigen Hydra, die der armen Carmen
immer näher auf den Leib rückt. Polanskis LE LOCATAIRE spukt
da selbstverständlich im Hintergrund herum, und ROSEMARIE'S
BABY, wobei de la Iglesia besonders die Ballance zwischen
finstrem Humor und wirklicher Bedrohlichkeit gut hinbekommt.
Wenn er sich dabei schamlos der diversen körperlichen und
seelischen Deffekte seines Figuren-Personals bedient, dann
geht das doch in Ordnung, einmal, weil auch seine Heldin wenig
Sympathie abbekommt, zum anderen, weil er dann doch sein Herz
entdeckt für einen, der selbst in dem skurrilen Haufen noch
Außenseiter ist.
P.TINTO'S MIRACLE (EL MILAGRO DE P.TINTO)
Der beste Jeunet Film, der nicht von Jeunet ist. Schon
verblüffend, wie sehr der Streifen an den Stil des DELICATESSEN-Regisseurs
erinnert - was aber wohl auch mit einer franco-spanisch-italienischen
Comic-Tradition zu tun hat, deren Ikonographie hier wie dort
sehr viel Einfluss zeitigt.Jedenfalls wäre es, wie auch bei
LE FABULEUX DESTIN D'AMELIE POULAIN ein kläglich aussichtsloses
Unterfangen, wollte man von der Fülle an Ideen ein angemessen
umfangreiches Bild zeichnen - man kann nur sagen: Keine Minute,
die nicht überbordet von surrealer, skurriler Fantasie. Hostienfabriken,
zwergwüchsige Außerirdische, Blitzeinschläg in sadistische
Pfarrer, Negerkinder auf Bestellung, chauvinistische Handwerker,
Werbesongs für Klein-UFOs im 50er-Jahre Sound und Schnellzüge,
die pünktlich alle 25 Jahre vorbeirasen - irgendwie findet
das alles seinen Platz hier und ist nicht mal die Hälfte des
Gebotenen.Besonders aber liebe ich diesen Film, weil er es
sich erlaubt, gut anderthalb Stunden lang stete Vorarbeit
zu leisten für einen wirklich herrlich blöden Gag. (Der selbstverständlich
nicht verraten sei, aber zu dem vielleicht gesagt werden muss,
dass man im entscheidenden Moment bitte nicht zu sehr an den
Untertiteln kleben sollte, die die Pointe verwässern, sondern
einfach hingucken, das bisschen Spanisch einsetzten, das jeder
kann, auch wenn er überhaupt nicht Spanisch kann, und - was
einem sehr, sehr leicht gemacht wird - an den richtigen Spielberg-Film
denken.) Und ewig lange Vorbereitung für richtig dämliche
Gags - das verdient Respekt.
NOBODY KNOWS ANYBODY (NADIE CONOCE A NADIE)
Das hat auch Brian Yuzna bei seinem Fantasy Filmfest-Besuch
gesagt: Die Katholiken haben einfach einen Vorsprung. Was
Horror angeht. Und recht hat er. Das wissen wir ja nicht erst
seit Hitchcock, dass erst der rechte Schuldkomplex einen Thriller
wirklich schön macht.Mateo Gil (Autor von TESIS) gibt sich
in seinem Regiedebut nicht ganz so verquält, aber die schmerzbefrachtete
Ikonographie des Katholizismus weiß er sehr effektvoll und
sinnenfroh einzusetzen. Der Film spielt (und wurde teilweise
auch gedreht) während der Semana Santa, der Heiligen Woche
in Sevilla - und schafft es auch sonst, seine Thriller-Fantasie
nicht so sehr in Imitation amerikanischer Vorbilder zu entwickeln,
sondern aus lokalen Gegebenheiten heraus. Ohne dabei je zu
Regional-Kino zu verkommen.Es gibt so einen kurzen Moment
in diesem Film, wo der Plot einen entscheidenden Knotenpunkt
erreicht, sich manches klärt und die Marschrichtung für den
Rest vorgegeben wird - da hält man den Atem an und fürchtet,
nun müsse alles den Bach runter gehen. Aber, Wunder über Wunder:
Gil behält die Zügel fest in der Hand, kriegt die Kurve ohne
Schlingern - und es tun sich einem die Augen auf und erst
da merkt man, wie clever aber unaufdringlich die ganze Zeit
schon alles vorbereitet war. Dass die Hubschrauberflüge über
die Stadt, die Kreuzworträtsel, die der Held beruflich bastelt,
selbst die "Tomb Raider"-Poster an der Wand schon immer einen
tieferen Sinn hatten.Ein guter Katholik hat halt schon an
der Bibel gelernt, dass ein Text mehr als nur die Oberflächenbedeutung,
mehr als nur offensichtliche Bezugsgeflechte hat.
HEART OF THE WARRIOR (EL CORAZON DEL GUERREROR)
Eine der echten Überraschungen des Festivals. Die meisten
Filme haben für mich diesmal, im Guten wie im Schlechten,
einigermaßen die Erwartungen erfüllt, mit denen ich hineingegangen
bin. Bei diesem hier war aber zunächst wirklich nicht mehr
als ein fragiler Hoffnungsschimmer - die Bilder im Katalog
verhießen eigentlich nichts Gutes; nur das bisher selten enttäuschte
Vertrauen in die spanischen Festival-Filme ließ wenigstens
Ansehbares vermuten. Und dann: Ein echtes Highlight!Der Anfang
schien noch nicht allzu viel zu versprechen - mit seiner leicht
trashigen CONAN trifft INDIANA JONES-Ouvertüre, die aber immerhin
schon mächtigen Charme, viel Schmackes hatte. Wär's anderthalb
Stunden so weitergegangen, man hätte zumindest seinen gehörigen
Spaß gehabt, wenngleich wohl kaum mehr. Aber es kam mehr.Nun
gibt es ja wenige Sachen, die so leicht schiefgehen können
wie Plots, die zwischen einer Fantasiewelt und unserer realen
Welt hin und her hüpfen. Was soll ich sagen: Dieser Film schafft's
mit einer dermaßen trittsicheren Virtuosität (die nicht mal
aufdringlich wirkt) - Hut ab! Nun gibt es aber selten etwas
Gefährlicheres, als wenn junge Teenager als Schauspieler eine
Film zu tragen haben. Ich weiß nicht, wie die Spanier das
machen, aber - hier klappt das mit Bravour. Nun aber erschöpfen
sich solche Fantasiewelt vs. Realwelt Geschichten meist schnell
in der Zurschaustellung ihrer eigenen Cleverness, hinter der
dann oft nichts mehr weiter steckt. In diesem Fall: Denkste!Was
eigentlich früher oder später zum eher belanglosen, spaßigen
feel good-movie hätte degenerieren müssen, entpuppt sich hier
als großartige (aber nie kopfige oder aufdringliche) Analyse
männlicher, pubertärer Macht-Fantasien. Der Film verortet
diese Dungeons & Dragons-Wünsche vom muskelbepackten Barbaren
sehr genau in unserer derzeitigen Gesellschaft - weshalb wohl
auch den vielen Fanboys im Publikum (die oft ja genau in diesen
Fantasien leben) nach und nach das anfänglich gröhlende Lachen
im Halse stecken blieb. Und er demontiert sie zunehmend, gibt
sich schließlich keinen Illusionen hin, was die Chancen dieser
power-fantasies in der Konfrontation mit realer Macht angeht.
Weshalb der Streifen nicht nur einer der weitaus unterhaltsamsten
Filme des Festivals blieb - sondern am Ende auch einer der
ehrlichsten und verstörendsten wurde.
Blame Canada!
Es mag purer Zufall gewesen sein, aber: Einige der ärgerlichsten
Filme des Festivals waren allesamt kanadisch-amerikanische
Produktionen. Wobei: Man kann es fast zum Gesetz erheben -
kanadisch-amerikanische Produktion war gleich "unguter Film".
Was durchaus Gründe haben mag. Denn schließlich dient ein
Dreh in Kanada in jüngster Zeit amerikanischen Produzenten
als beliebtes Mittel, um Geld zu sparen, von wegen niedrigere
Löhne, weniger strikte Gewerkschaftsregeln, günstigere Steuergesetze
und so. Das ist im Prinzip nix weiter Anrüchiges, manch solide
Großproduktion hat sich das schon zu Nutzen gemacht. Aber
auf dem Fantasy Filmfest konnte man den Eindruck bekommen,
dass es auch so manche Produktionen ins nördliche Nachbarland
spült, die in Hollywood selbst einfach keine Chance zur Realisierung
gehabt hätte (was jetzt auch wieder nicht heißen soll, dass
dort keine prinzipielle Bereitschaft herrschen würde, so manchen
Bockmist zu produzieren). Und dass uns fleißigen Filmguckern
insofern manches erspart bliebe, wenn nur die Kanadier eine
vernünftige Steuerreform hinbekämen. Hier ist das Außenministerium
gefragt! Beweise:
HIDE AND SEEK
Einen Grund gibt es, sich diesen Film trotz aller Mäkelei
anzusehen: Jennifer Tilly. Die darf hier auf- und überdrehen
wie lang nicht mehr. Endlich hat unser aller liebstes piepsstimmiges
Pummelchen mal wieder eine richtig große Hauptrolle. Und eigentlich
gar keine uninteressante: Sie spielt eine geistig leicht zurückgebliebene
Frau, die durch ihre Kinderlosigkeit (und die gewaltsame Ursache
selbiger) so weit in den Wahn getrieben wird, dass ihr Freund
eine andere Frau gleichsam als Brutschrank kidnappt.Jetzt
kann sich der Film aber nie entscheiden, ob er Tilly zur tragischen,
bedrohlichen oder komischen Charakter machen soll; wird der
Psychologie der Figur andauernd untreu: Da muss Tilly minutenlang
auf einem völlig unplausiblen Reflexionsniveau ihre Vorgeschichte
ausbreiten, nur weil die Autoren zu faul waren, die Exposition
geschickter unterzubringen. Da legt sie gegen Ende plötzlich
fast hellseherische Fähigkeiten und nie geahnte Kompetenz
an den Tag, nur um den Plot aus einer Sackgasse zu manövrieren.
Und da muss sie dann zum Schluss doch wieder zum puren Film-Monster
gemacht werden, nur damit auch ja kein mögliches Mitleid mehr
übrigbleibt. Wobei der Film es umgekehrt nicht weiter für
nötig befindet, Tillys Opfer zur eigentlichen Identifikationsfigur
zu machen - die arme Daryl Hannah dient über weite Strecken
als kaum mehr denn Requisite.Überhaupt schlingert HIDE AND
SEEK recht unkontrolliert zwischen allen möglichen Extremen
- eben noch gibt er sich als Psycho-Thriller mit einer fast
schon unangenehmen Dosis an Perversität, dann sind wir plötzlich,
plumps, mitten im Komödienstadl: Da rückt dann eine Windelservice-Vertreterin
an, die unwissentlich die Kidnapperin in arge Nöte bringt
- und die wird dann auch noch von einer Frau gespielt, die
wirkt wie eine Praktikantin aus dem Schulspiel. Eine UNTALENTIERTE
Praktikantin.Man bekommt gelegentlich das Gefühl, dass Sidney
J. Furie (eigentlich ja kein schlechter unter den Regisseuren)
wenig anfangen konnte mit dem Projekt - oder zumindest einiger
seiner Facetten. Nicht unverständlich, ist es doch wirklich
völlig schleierhaft, wen beispielsweise die Nebenhandlung
um Daryl Hannahs Ehemann auch nur im geringsten interessieren
soll. Die gibt es wirklich NUR, damit das Publikum den besorgten
Hubby nicht völlig aus dem Gedächtnis verloren hat, wenn er
am Ende plötzlich wieder ins Geschehen eingreift.Aber gerade
da, wo Furie am stärksten das Gefühl vermittelt, er hätte
vor lauter Unlust jeglichen Ernst dahinfahren lassen - da
gelingen ihm hin und wieder wirklich inspirierte Köstlichkeiten.
Selten hat man in einem Film so wunderbar cheesy die Zeit
vergehen sehen wie in der Sequenz, in der Jennifer Tilly in
gnadenlos übertrieben passenden Kostümen den Wechsel der Jahreszeiten
auf ihrem Wandkalender markiert.
THE UNSAID
Auch kein per se unsäglicher Film (man entschuldige den
Kalauer). Aber halt schon sehr bedeutungsschwanger. Und bedächtig.
Und den Eindruck hinterlassend, dass die Produzenten unbedingt
ein Überraschungsende haben wollten (weil THE SIXTH SENSE
und so...) - und es ihnen da vergleichsweise wurscht war,
ob das Ende wirklich jemanden überrascht, Hauptsache es kommt
so daher, als ob. Auch wenn nach spätestens der Hälfte einem
schon alles gesagt wurde. Aber nein, am Ende: Oh, hallo, Überraschung!
Von wegen...Noch störender aber ist der Drang, am Ende nicht
nur zu überraschen, sondern auch zu beruhigen. Da muss dann
alles geordnet in die bravest denkbaren Bahnen gelenkt werden.
Plötzlich geht's nur noch darum, dass Andy Garcia sich mit
seiner Tochter aussöhnt (was vorher nie groß als Ziel auf
dem Tablett war), geht's darum, alles "Monströse" aus dieser
Welt zu schaffen. Da wird der Film dann seiner Story und seinen
Charakteren untreu, kehrt allen Schmerz unter den Teppich,
ertränkt ihn in aufkochender Violinen-Soße. Ganz zu Ende,
am Schluss des Abspanns, ertönt noch einmal das röhrende Pfeifen
einer Lok - "the sound of normality" sei das, wird uns während
des Films mal erklärt. Und das ist es eben, wo der Streifen
hin will - dass zum Schluss das Geräusch der Normalität ertönt
und sonst nix mehr. Alles ist heilbar, alles ist gänzlich
überwindbar - und wenn es sich partout weigert, das zu sein,
dann muss es halt ausgemerzt werden. Cause it's the American
way, baby.
XCHANGE
Auf die Gefahr hin, mich langsam zu wiederholen: Auch
den Film kann man sich zur Not anschauen. Wieder mal eine
dieser Körper-Vertausch-Geschichten, diesmal in einer Zukunft,
in der das Schlüpfen in einen fremden Körper eine kommerzielle,
scheinbar wohlregulierte Dienstleistung zu beispielsweise
Reisezwecken ist. Und da hat der Film erst mal eine wirklich
schöne halbe Stunde, in der er sich diese Zukunft mit viel
Spaß an der Freud ausmalt - nix Großartiges, aber schon sehr
witzig, sehr nett. Außerdem darf man ebenfalls für ungefähr
eine halbe Stunde mal wieder Kyle MacLachlan zuschauen, und
das ist - wie immer - ein echtes Vergnügen.Der Rest des Films
freilich... Also erstens gibt's dann irgendwann Stephen Baldwin
statt Kyle MacLachlan, und obwohl das nicht ohne Unterhaltungswert
ist - das hysterische Overacting des gesamten Baldwin-Clans
ist ja stets für den ein oder anderen Lacher gut, und Stephen
kommt mit seiner Leistung hier definitiv in die Endauswahl
für den diesjährigen William-Shatner-Award - so trägt es halt
nicht allzu weit. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Story
rapide an Interesse verliert - mit zunehmender Laufzeit geht's
nur noch darum, schön bieder wieder alles in den Normalzustand
zurückzubringen, und das mit einer drögen, einfallslosen Verbissenheit,
die grob quer zum anfänglichen Elan des Films steht.Aber was
soll man auch erwarten von Filmemachern, deren Vorstellung
von zügellosen Orgien in Fremd-Körpern ein paar planlos herumstehende
Statisten in schwarzen Unterhosen sind.
RIPPER: LETTER FROM HELL
Jetzt heißt es aber wirklich mal: Diesen Film anzuschauen,
das ist ein Fehler. Ich meine, nicht dass das irgendwen überraschen
sollte, bei dem Titel, bei dem Plakat. Aber das Ding leistet
sich dann halt auch noch etwas wirklich Unverzeihliches: Allüren.
Wenn ein misslungener Teenie-Slasher etwas nicht braucht,
dann ist es Prätention. Hier aber müssen alle Männer über
dreißig (darunter: Jürgen Prochnow, den man während eines
"bad hair month"s erwischt hat) immer nur raunen und wispern,
weil das hat Gewicht. Wird bedeutungsschwer über Serienkiller
philosophiert, ohne einen Funken Verstand dahinter. Und halten
sich überhaupt die Filmemacher merklich für sehr, sehr clever.
Was sie nicht sind. M-mhm.Nach einer Weile wirkt der Streifen
eher wie eine Parodie auf Teenie-Horror, aus der man nur die
Pointen herausgeschnitten hat. (Tip an die Produzenten: Pointen
nachdrehen, reinschneiden, als SCARY MOVIE-Rip-off verhökern.)Am
Anfang zeichnet sich der Film in seinen Mord-Sequenzen durch
eine deutliche Anlehnung an den italienischen 80er-Jahre Schlitzerfilm
à la Argento aus - nur, dass man vom (mittlerweile auch nicht
mehr ganz so) guten Dario den zweifelhaften Sadismus übernommen
hat, nicht aber den Kino-Verstand und die Selbstreflexivität.
Am Ende brilliert der Streifen durch eine kaum mehr zu überbietende
Beliebigkeit - da stehen die Tatverdächtigen regelrecht Schlange,
um erst einen kurzen Schreck zu verursachen, dann ihre Unschuld
zu offenbaren und durch Dahinscheiden Platz für den nächsten
zu machen. Wenn RIPPER nicht irgendwann das Personal ausgegangen
wäre, er hätte das noch Stunden fortsetzen können.Zwischen
Anfang und Ende liegen lange Strecken voller Dialoge des Grauens
(immerhin gelegentlich mit erheblichem unfreiwilligen humoristischem
Unterhaltungswert) und Schauspielleistungen from beyond the
believable - vor allem der junge Mann, der den immer wieder
ominös durchs Bild geisternden, verklemmten Stotterer gibt,
hat sicher noch eine große Karriere vor sich - als Hausmeister,
beispielsweise.Dass der Film sich auf Jack the Ripper beruft,
wirkt schließlich eher wie ein sehr später Einfall, den man
mit Müh und Not noch aufgepropft hat: Da ergeht sich der Täter
(der, was dauernd betont wird, GENAU nach dem Vorbild Jacks
mordet) in so detailversessenen Rekonstruktionen des historischen
Vorbilds wie des Abschlachten eines Jungen mittels Einklemmens
seiner Hand in einen laufenden Automotor und anschließenden
An-den-Baum-Fahrens des Wagens, an dessem Kühler der Bub hängt.
Exakt wie damals in London halt. Nur dass es da eine Kutsche
war...
Thomas Willmann
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