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21.10.1999
 
 
   
 

Einer zum Anfassen
Ein Interview mit dem Schauspieler Ben Becker zum Start von EIN LIED VON LIEBE UND TOD

 
Ben Becker: "Ich bin ein selbstverliebter Mensch."
     
 
 
 
 

Hans Eberhard Wieck, ein zwielichtiger Deutscher im besetzten Budapest der 30er-Jahre: Das ist Ben Becker (35) in dem heute anlaufenden Film EIN LIED VON LIEBE UND TOD. Als Theaterschauspieler (Franz Biberkopf) wie als Filmstar ist er einer der populärsten Darsteller seiner Generation. Mit dem Schauspieler sprach Rüdiger Suchsland

Artechok: Guten Morgen, Herr Becker, Sie sehen etwas verschlafen aus. . .

Ben Becker: Ja, bin ich auch. Gestern habe ich in Berlin mein Flugzeug verpasst, und statt drei Stunden zu warten, dachte ich mir: Ich fahr' lieber mit dem Zug, aber das dauerte dann doch ganz schön lang. Da kam ich erst nachts hier an und hatte natürlich leicht einen in der Hacke, weil man ja früher oder später doch in den Speisewagen geht.

>>Damit sind wir gleich beim Thema. Sie sagten: Ich habe kein Problem damit, der nächste Harald Juhnke zu sein.

Ja, das hat aber nichts damit zu tun, dass ich Vorstellungen platzen lassen möchte. Sondern mit der Rolle, die Juhnke in Berlin spielt. Der ist ein moderner Volksschauspieler, überall beliebt. Und auch mir passiert, dass mich Straßenarbeiter oder Verkäufer ansprechen und sagen: Weiter so! Das heißt nicht, dass ich nur noch am Kurfürstendamm auftreten möchte. Ich will ein ernst zu nehmender Charakterdarsteller sein. Ich möchte bodenständig bleiben.

>>Ist das der Grund, warum Sie regelmäßig boxen?

Ich boxe gar nicht regelmäßig. Gerade spiele ich in Berlin Theater, das ist schon so anstrengend, das reicht mir als Konditionstraining. Aber ich lasse nie ganz die Finger davon. Sport räumt ja auch die Birne auf.

>>Sind Sie auch mal k.o. gegangen?

Ja. Da sieht man wirklich bunte Sterne. Einmal passierte es sogar bei den Dreharbeiten zu dem "Tatort", in dem ich einen Boxer spiele. Da hat mein Partner mir so etwas von gewummst, und ich ging zu Boden. Die Szene sieht man auch in dem Krimi - alles echt!

>>Sie möchten volksnah sein. Wie schafft das einer überhaupt, der so viel arbeitet wie Sie? Sie spielen im Theater und im Kino, machen Lesungen, singen. . .

Ich schaffe das durch die Art und Weise, wie ich arbeite, dass ich Menschen wirklich zum Lachen und zum Weinen bringe. Dadurch haben die Leute einen direkten Bezug zu mir. Und ich habe auch das Gefühl, dass die Leute meine direkte Art mögen, dass ich sozusagen einer zum Anfassen bin.

>>Geht Ihnen das nie auf die Nerven, wenn wildfremde Menschen Sie erkennen, beobachten, ansprechen?

Doch, absolut. Man gewöhnt sich daran und entwickelt ein dickes Fell - aber oft geht es mir auch auf den Senkel. Das sind eben die Geister, die ich rief.

>>Sind Sie eigentlich eitel?

Ja, supereitel. That's part of the job. Ich bin schon ein sehr selbstverliebter Mensch. Aber das geht nicht so weit, dass ich damit anderen Leuten weh tue. Das habe ich inzwischen gelernt.

>>Als Schauspieler sind Sie ein physisch orientierter Typ. Wie haben Sie sich auf diesen so ganz anderen Menschen eingestellt, den Sie jetzt in "Ein Lied von Liebe und Tod" darstellen?

Ich habe den weniger intuitiv gespielt als sonst. Diesmal habe ich sehr genau mit dem Kopf gearbeitet. Sehr feinmechanisch. Bei den Sprüngen, die die Rolle hat, muss man sehr aufpassen. Die Figur hat eine Gefährlichkeit, die sehr heutig, sehr modern ist. Das ist kein Nazi, bei dem man denkt: Der Typ ist seit 50 Jahren vermodert. Das wollte ich auch so. Den einfachen blonden Nazi hätte ich nicht gegeben, ich möchte nicht der Vorzeigenazi der Nation werden.

>>Wie war das für Sie, zum ersten Mal mit Ihrem leiblichen Vater Rolf Becker aufzutreten?

Das war wunderbar. Mir hat die Idee von Regisseur Rolf Schübel gefallen. Zu meinem Erzeuger habe ich auch ein gutes Verhältnis. Wir treffen uns öfters, und mein Stiefvater Otto Sander und er schätzen sich durchaus.

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