Ein kleines America Film Festival mit der Beschränkung
auf Produktionen aus Lateinamerika war 1992 der Anfang, doch
in den letzten elf Jahren hat sich nicht nur der Name geändert,
sondern auch das Programm wurde erweitert. Geöffnet hat
sich das Festival für Produktionen aus allen "Ländern
des Südens", mit einem Geldpreis von 5000 Euro wird
seit 1998 der beste Wettbewerbsfilm ausgezeichnet, eine jährliche
Werkschau bietet Einblick in die Filmgeschichte und durch
Rahmenveranstaltungen wie Workshops und Diskussionen werden
die Filme in einen gesellschaftspolitischen Kontext gestellt.
- Langsam, aber kontinuierlich hat sich Innsbruck so im deutschsprachigen
Raum zu einer wichtigen Plattform für den afrikanischen,
asiatischen und lateinamerikanischen Film entwickelt.
Unter den knapp 60 Filmen, die dieses Jahr gezeigt werden,
finden sich mit "Lagaan", "Sometimes Happy,
Sometimes Sad", "11´09´´01",
"Göttliche Intervention
(Yadon ilaheyya)" oder "Forget Baghdad" zwar
auch Produktionen, die schon in den deutschsprachigen Kinos
starteten, dennoch dürfte das Programm zahlreiche Möglichkeiten
für Entdeckungen bieten.
Der Japaner Yosuke Nakagawa schildert beispielsweise in "Departure"
drei junge Erwachsene, die die Schule abgeschlossen haben.
Bevor für jeden von ihnen mit Studium oder Berufsantritt
ein neuer Lebensabschnitt beginnt, treffen sie sich zu einer
Abschiedsfeier. Abgegriffen klingt die Geschichte, doch in
Nakagawas lakonischer Inszenierung, im Verzicht auf alles
Spektakuläre und in der genauen Beobachtung gewinnt dieser
Film große Intensität. Gespannt sein darf man auch
auf Kei Kumais "The Sea Watches", der nach einem
Drehbuch von Akira Kurosawa entstand. Der von Kurosawa wegen
seiner einfühlsamen Darstellung von Frauengestalten bewunderte
Kumai erzählt darin eine romantische, im 19. Jahrhundert
spielende Liebesgeschichte zwischen einem Samurai und einer
Prostituierten.
Stark vertreten in Innsbruck sind der Subkontinent Indien
und Sri Lanka. Historisches wie der 1664 spielende "Fire
and Water", in dem Jayantha Chandrasiri mit surrealistischem
Humor von den Machtkämpfen und den Intrigen zwischen
einem Maharadscha, einem Geisterbeschwörer und einer
kritisch denkenden jungen Frau erzählt, steht neben Sozialkritischem.
Linton Semage widmet sich in "Pickpocket" den Not
leidenden Bauern, die in die Städte ziehen, um in der
Textilindustrie Arbeit zu finden und Mani Ratnam thematisiert
in "A Peck on the Cheek" den blutigen Kampf zwischen
der tamilischen und der singalesischen Kultur auf Sri Lanka.
Während sich Shaji N. Karun in "Nishad" mit
den Konflikten im Norden des Subkontinents, dem 1971 drohenden
Krieg zwischen Pakistan und Indien sowie der Situation des
exilierten tibetischen Volks auseinandersetzt, geht der Schweizer
Christian Frei in seinem Dokumentarfilm "Bollywood im
Alpenrausch" den Auswirkungen der filmischen Beziehungen
zwischen Indien und der Schweiz auf den Tourismus nach.
Mit aktuellen Problemen beschäftigt sich Alain Gomis
in "L´Afrance", in dem ein senegalesischer
Student in Paris mit seiner Abschiebung rechnen muss. Konventionell,
aber packend erzählt Gomis diese Geschichte und zeigt
diese Afro-Franzosen auch als Verlorene zwischen zwei Welten.
Dass für diese auch die Rückkehr in das fremde Land
ihrer Eltern keine Lösung darstellt, zeigt der Algerier
Merzak Allouache in "L´Autre Monde": Als aufgewühlten
Staat, dessen Alltag von islamischem Fundamentalismus geprägt
ist, lernt die Französin Yasmine die algerische Heimat
ihrer Eltern kennen.
Kein anderer Filmemacher hat freilich in den letzten 45 Jahren
Afrika mit der Kamera vom ethnographischen Standpunkt aus
so genau erforscht und den Europäern nahe gebracht wie
der Franzose Jean Rouch. Während diesem Altmeister in
Innsbruck eine fünf Filme umfassende Hommage gewidmet
ist, wird das Schaffen Jean-Marie Tenos, des wichtigsten Dokumentarfilmemachers
Afrikas, durch die Präsentation dreier Werke gewürdigt.
Teno selbst wird dazu einen Workshop über die Möglichkeiten
des Dokumentarfilms im Kino leiten.
Nähere Informationen und detailliertes Programm unter:
www.iffi.at
Walter Gasperi
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