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23.01.2003
 
 
       

"Jetzt ist Schluss mit dem Verkriechen"

Die subjektive Kinorevue 2002
 
 
Kofferpacken für 2003: ELLING
   
 
 
 
 

Nein, 2002 gab es keinen Schuh des Manitu, der die Kinokassen lauter klingeln ließ. Und schon geht's wieder los, das Lamentieren um den deutschen Kinofilm, alle Jahre wieder. Zugegeben, die großen Abräumer kamen dank finanzstarken Werbetamtams wie üblich aus Übersee: cocktailschlürfende Superagenten, streberhafte Hexenlehrlinge und großfüßige Ringträger. Und schon gerät schändlich in Vergessenheit, dass es doch ein paar richtig schöne deutsche Filme gab, mit Jürgen Vogel als "wankelmütigem Schneiderlein" in Scherbentanz, Filme, die mit unvergesslichen Szenen aufwarteten, wie die Suche nach einem entfleuchten Kanarienvogel in Halbe Treppe oder dem liebeskranken Daniel Brühl am Kreuz, der partout Nichts bereuen wollte. Und solange hierzulande so was produziert wird, kann man das chronische Gejaule von der Krise des deutschen Films getrost ein bisschen runterdimmen.

Die heimlichen Jahresfavoriten kamen allerdings aus dem hohen Norden: Der Sommer bescherte uns Elling, diese wundersame Geschichte vom Klapsmühlenaussiedler und Sauerkrautpoeten, der mit seinem getreuen Kumpel und Mitbewohner Kjell Bjarne die Welt, das Telefon und wahre Freundschaft entdeckt. Was, Sie haben Elling verpasst? Dann gibt's an dieser Stelle zwischendurch einen Tipp für das Kino im Kopf: Die norwegische Schelmengeschichte von Ingvar Ambjörnsen ist unter dem Titel Blutsbrüder bei Piper erschienen. Zum Jahresabschluss gab's dann noch einmal einen besonderen Leckerbissen: Mit dem wunderbaren Mann ohne Vergangenheit erreichten uns wieder einmal Nachrichten aus Aki Kaurismäkis phantastischem Paralleluniversum. Und die gute Nachricht ist - er läuft noch immer.

Erfreuliches gab's 2002 auch an der Dokufront: Diese unterschätzte Gattung robbt schön langsam aber sicher aus dem Toten Winkel der Festivals hervor und erobert immer mehr Leinwandzeit für sich: Im Münchner Atelier läuft seit rekordverdächtigen zehn Monaten Rivers and Tides, in dem zu bestaunen ist, wie Andy Goldsworthy die Natur auf magische Weise zu Kunst gerinnen läst, und Bowling for Columbine erweist sich auch hierzulande als höchst vergnüglicher Aufräumer mit der Mär von den didaktisch-öden Dokuschinken.

Wie schon Kjell Bjarne sagte: "Man kann alles wiederbeleben, egal wie vergammelt und heruntergekommen es ist." Und - um beim Zitieren im selben Film zu bleiben: Hoffen wir einfach, dass Ellings bester Vorsatz 2003 auch für Deutschlands Kinoschaffende gilt: "Jetzt ist Schluss mit dem Verkriechen, jetzt werden die Zügel angezogen."

Nani Fux

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