Mitte der 90er Jahre erlangte die iranische Kinematographie
Weltgeltung. Abbas Kiarostami, Mohsen Makhmalbaf sowie Javar
Panahi gewannen die Hauptpreise auf den großen Festivals
von Cannes und Venedig, Majid Majidis "Kinder des Himmels"
wurde für den Oscar nominiert und beinahe jährlich
lassen Nachwuchsregisseure wie Samira Makhmalbaf oder Bahman
Ghobadi aufhorchen.
Bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde das
persische Kino, das pro Jahr 50 bis 80 Filme vorwiegend für
den einheimischen Markt herstellte, im Westen nicht wahrgenommen.
Mit den Festivalerfolgen von Dariush Mehrjuis "Die Kuh"
(1971) in Venedig und Sohrab Shahid Saless´ "Ein
einfaches Ereignis" (1973) und "Stilleben"
(1974) in Berlin stellte sich eine kurze Blüte ein, die
jedoch das Schah-Regime durch eine ab 1974 verschärfte
Zensur und Repressionen gegen Oppositionelle beendete. Mehrjuis
1975 entstandener Film "Der Teufelskreis" wurde
verboten und Shahid Saless emigrierte nach Deutschland.
Die Islamische Revolution (1978) brachte das iranische Filmschaffen
völlig zum Erliegen. Unsicherheit herrschte und man begann
zu prüfen, was im Rahmen der Zensur möglich sei,
oder ältere Filme wieder auf die Leinwand zu bringen.
Wie groß die Verunsicherung war, zeigt sich darin, dass
ein Drehbuch von einer Stelle abgelehnt werden konnte, während
eine andere Behörde bereits die geschnittene Fassung
prüfte. Langsam stieg die Filmproduktion aber wieder
und während 1983 nur 18 Filme fertiggestellt wurden,
waren es ein Jahr später schon 26. (vgl.: Der neue iranische
Film, ifa-Galerie Stuttgart, 2002, S. 92ff.)
Das postrevolutionäre Kino: "Kinderfilme"
Der internationale Erfolg des iranischen Films begann Ende
der 80er Jahre, als Abbas Kiarostami mit "Wo ist das
Haus meines Freundes?" (1988) in Locarno den Bronzenen
Leoparden gewann. Kiarostamis Geschichte von einem achtjährigen
Jungen, der in einem weit entfernten Nachbardorf seinen Schulfreund
sucht, ist typisch für das iranische Kino dieser Zeit.
Auch Bahram Beisa erzählt in "Bashu, der kleine
Fremde" (1989) eine Kindergeschichte, doch der genaue
Blick auf die sozialen Verhältnisse und das Alltagsleben
hebt diese vorgeblichen Kinderfilme weit über diese Gattung
hinaus. Kindergeschichten dienen als Vorwand, um die Zensur
zu umgehen und so geschützt durch diese Verkleidung durch
die Genauigkeit der Beobachtung gleichwohl indirekte Kritik
am Status quo üben zu können.
Obwohl sich die Produktionsbedingungen 1992 nach dem Rücktritt
des Kulturministers Mohammad Khatami verschlechterten und
sich die Zensurbestimmungen unter dem neuen Kulturminister
Mostafa Mirsalim verschärften, entstanden auch in dieser
Zeit so herausragende Produktionen wie Kiarostamis mit der
Goldenen Palme ausgezeichneter "Der Geschmack der Kirsche"
(1997) oder Mohsen Makhmalbafs "Gabbeh" (1996).
Die Schwierigkeiten, die Filmemacher unter Mirsalim allerdings
hatten, veranlassten sie im Präsidentschaftswahlkampf
entschieden für Khatami einzutreten. Sein Wahlsieg (Mai
1997) wurde in der Filmszene gefeiert und unter dem neuen
Präsidenten erhielten bald einige jahrelang verbotene
Filme Vorführungsgenehmigungen.
Liberalisierung unter Khatami
Der Wandel der Kulturpolitik unter Mohamad Khatami wird inzwischen
sichtbar. Themen, die bisher Tabu waren, werden nun offen
aufgegriffen, explizite Handlungen lösen die früher
vorherrschende allegorische Erzählweise ab. Das zeigt
sich vor allem an Javar Panahis "Der Kreis" (2000),
der 2000 mit dem Goldenen Löwen von Venedig ausgezeichnet
wurde. Nicht mehr eine Kindergeschichte wie in "Der weiße
Ballon" (1995) oder "Der Spiegel" (1997) erzählt
Panahi hier, sondern er zeigt die Unterdrückung von acht
Frauen im modernen Teheran.
Bahman Ghobadi: "Zeit der trunkenen Pferde"
Auch Bahman Ghobadis teilweise auf kurdisch gedrehtes - ein
Novum im iranischen Film - zutiefst bewegendes Meisterwerk
"Zeit der trunkenen Pferde" (2000) ist kein Kinderfilm,
sondern ein Film über Kinder.
"Dieses Leben hat mich alt gemacht, es hat mir meine
Jugend geraubt, es hat mich dem Tod näher gebracht",
singt ein Junge und der Film zeigt, was damit gemeint ist.
Mit schonungslosem Realismus schildert Ghobadi die Lebensbedingungen
in einem Bergdorf an der iranisch-irakischen Grenze.
Der etwa 13jährige Ayub ist nach dem Tod seiner Eltern
allein für seine vier Geschwister verantwortlich, vor
allem um seine kleine Schwester Ameneh und den 15jährigen,
verkrüppelten Madi kümmert er sich. Dieser gnomenhafte,
fast beinlose Junge mit seiner leuchtend gelben Regenjacke
ist der Schwächste unter den Schwachen, ist am meisten
auf die Hilfe anderer angewiesen. Bei der vom Onkel arrangierten
Verheiratung der ältesten Schwester lehnt es die Familie
des Ehemannes ab, Madi aufzunehmen. Frierend und hilflos sitzt
er im Schnee und wird schließlich im Tausch gegen ein
Maultier doch wieder vom Onkel und Ayub mitgenommen. Geld
verdienen kann man in diesem Bergdorf - die Felder sind durch
Minen unbenützbar - nur durch Schmuggeltouren über
die Grenze. Doch zu diesen von Hinterhalten und Grenzkontrollen
bedrohten Unternehmungen können sogar die Pferde nur
durch Doping mit Alkohol getrieben werden.
Immer ist die Kamera nah an den Personen, bettet ihr Schicksal
aber gleichzeitig in grandiosen Landschaftstotalen in einen
geographischen Kontext. Doch trotz dieser Nähe zu den
Figuren wird in den ruhigen Einstellungen stets auch Distanz
gewahrt, durch die jede Sentimentalität vermieden wird.
Nur in den Momenten größter emotionaler Erregung
gibt Ghobadi diesen ruhigen Erzählfluss auf und zieht
den Zuschauer durch den Einsatz einer nervösen Handkamera
mitten ins Geschehen hinein. Schnörkellos und mit äußerster
formaler und inhaltlicher Geschlossenheit und Konsequenz erzählt
der iranische Regisseur seine Geschichte und bietet gleichzeitig
in seiner genauen, teilweise fast dokumentarischen Erzählweise
und durch seine ungemein klare, aber nichts beschönigende
Bildsprache einen dichten und erschütternden Einblick
in das Alltagsleben dieser Kinder. Darüber hinaus wird
aber Ghobadis Film gerade durch die Beschränkung auf
die rein deskriptive Ebene und den Verzicht auf jeden plakativen
Kommentar auch zu einem zutiefst bewegenden Appell für
Nächstenliebe und Menschlichkeit.
Samira Makhmalbaf: "Schwarze Tafeln"
In der gleichen Region wie "Zeit der trunkenen Pferde"
spielt auch der neue Film der erst 22jährigen Samira
Makhmalbaf, die schon in ihrem ersten Spielfilm "Der
Apfel" offen Kritik an der patriarchalen Gesellschaft
übte. In "Schwarze Tafeln" lässt die Tochter
Mohsen Makhmalbafs eine Gruppe von Lehrern im iranisch-irakischen
Grenzgebiet nach Schülern suchen.
Nur die schwarzen Wandtafeln der in schwarz gekleideten Lehrer,
die durch die karge Gebirgsregion ziehen, heben sich von dem
lehmfarbenen Hintergrund dieses Kriegsgebietes ab. Doch nach
einem unsichtbar bleibenden, nur akustisch wahrnehmbaren Hubschrauberangriff
beschmieren die Lehrer zur Tarnung auch ihre Tafeln mit Lehm.
Mit bewegter Handkamera erzeugt die junge Regisseurin in diesen
Anfangssequenzen Authentizität und dokumentarische Dichte.
Bald trennen sich die etwa 10 Lehrer und Makhmalbaf konzentriert
sich auf die Erlebnisse von Reeboir und Said. Reeboir stößt
bei seiner Suche nach Schülern auf eine Gruppe schmuggelnder
Kindern. Bildung ist angesichts ihrer Armut ein unnötiger
Luxus, Reeboirs Schreibtafel wird zerhackt und als Schiene
für ein gebrochenes Bein verwendet. An der Grenze aber
werden die Kinder - eines hat gerade gelernt seinen Namen
zu schreiben - gnadenlos abgeknallt.
Said dagegen trifft auf eine Karawane alter Männer, die
er auf dem Weg zurück in den Irak begleiten will. Seine
Tafel stellt er als Trage für einen erschöpften
Greis zur Verfügung und später dient sie als Mitgift
für die Frau, die er heiratet. Doch am Ende wird sie
ihn mit der Tafel, auf der "Ich liebe dich" steht,
verlassen und Said bleibt alleine zurück.
Aufs Nötigste reduziert ist die Geschichte, die Makhmalbaf
- ungeklärt ist, inwieweit ihr Vater in die filmische
Gestaltung eingriff - mit schonungslosem Realismus erzählt.
Keine Effekte, keine Requisiten - nichts verstellt den Blick
auf die Menschen und ihr unermessliches Elend: In einer Welt,
in der es nur noch ums Überleben geht, zählt Bildung
nicht mehr. - Die Lehrer sind überflüssig, statt
Lesen und Schreiben zu lehren müssen sie grundlegende
humanitäre Hilfe leisten.
Mohsen Makmahlbaf: "Kandahar"
Von der Märchenhaftigkeit seines letzten Films "Gabbeh"
(1996) wieder abgewendet und dem Realismus zugewendet hat
sich auch Mohsen Makhmalbaf. In seinem letztes Jahr in Cannes
preisgekrönten "Kandahar" (2001) lässt
er im Stil eines Reisetagebuchs eine aus Afghanistan nach
Kanada emigrierte Journalistin in ihre von den Taliban unterdrückte
Heimat zurückkehren, um ihre suizidgefährdete Schwester
zu retten. Der auf Belehrung abzielende Aufbau und Gestus
von Makhmalbafs Film mag dabei den Gesamteindruck etwas stören,
doch in der Klarheit seiner förmlich entrümpelten,
auf das Wesentliche reduzierten Bilder gewinnt "Kandahar"
ebenso Kraft wie in der Genauigkeit und geduldigen Beobachtung
des Alltags. Überall stößt die Journalistin,
deren Gesicht bald hinter dem Schleier der Burka verschwindet,
auf Kriegsfolgen, Hunger und Unterdrückung: Mädchen
dürfen keine Schule mehr besuchen, Knaben werden zu fanatischen
Soldaten ausgebildet und zahllose Minenopfer warten auf Prothesen.
Unvergessliche Bilder gelingen Makhmalbaf hier, wenn er den
Realismus durchbricht und durch Bild- und Tonsprache das Geschehen
zu intensivsten surrealen Momenten verdichtet: In Zeitlupe
hüpfen Beinamputierte den an Fallschirmen herabgleitenden
Prothesen entgehen, schwarzgekleidete Frauen sitzen wie Raben
um die Gräber ihrer Angehörigen und die nahende
Sonnenfinsternis wird zum Symbol für den Zustand des
Landes.
Majid Majidi: "Die Farben des Paradieses" und
"Baran"
Die Abwendung von der Allegorie und vom Kinderfilm und die
Hinwendung zur realistischen Alltagsschilderung, zur Satire,
zu leise Subversivem und explizit Zeitkritischem - eine Entwicklung,
die auch das diesjährige Filmfestival von Teheran kennzeichnete
- wird durch einen Vergleich der beiden letzten Werke Majid
Majidis bestätigt.
Der wie sein früherer Film "Die Kinder des Himmels"
(1997) für den Oscar-nominierte "Die Farben des
Paradieses" (1999) ist noch ein Rausch leuchtender Farben
und ein Wunderwerk kleinster Töne. Dabei führt der
vom Weltvertrieb abgeänderte Titel in die Irre. Aus Angst
ein iranischer Film mit Gott im Titel würde als missionarisches
Machwerk abgestempelt, wurde aus "Die Farbe Gottes"
"Die Farben des Paradieses". Ums Paradies geht es
in diesem Film allerdings nicht, sondern um die sichtbare
Welt - die irdische Schöpfung und ihre Wahrnehmung sind
ein zentrales Thema. Hören und Tasten sind für den
etwa 8jährigen blinden Mohammad die einzigen Möglichkeiten
die Welt wahrzunehmen. Schwarz ist diese für ihn, wie
die Leinwand am Beginn des Films, wenn nur verschiedene Songs
auf einem Kassettenrekorder angespielt werden.
Einem abgestürzten Vogeljungen im Schulhof kann er sich
nur durch den Einsatz des Tast- und Hörsinns nähern.
Kleinste Geräusche wie das Klopfen eines Spechts, das
Rascheln von Blättern oder das Piepen des Jungen führen
Mohammad auf die richtige Spur. Genau und intensiv beschreibt
Majidi in diesen Anfangsszenen die Welt der Blinden.
Dem Vater aber ist dieses behinderte Kind nur lästig,
er möchte es loswerden, da es zudem seine anstehende
Hochzeit gefährdet. Nur widerwillig nimmt er Mohammad
während der Sommerferien aus der Teheraner Blindenschule
in das heimatliche Bergdorf mit.
Auf dieser Reise in die abgeschiedene Bergregion und in diesem
Dorf entfaltet Majidi eine überwältigende Farbenpracht,
die in starkem Kontrast zur Welt der Blinden steht. In leuchtend
gründen Wäldern, goldgelben Getreidefeldern, buntesten
Wiesen und gefärbten Wollsträngen oder türkisem
Hausverputz feiert Majidi die sinnliche Wahrnehmung der Welt
ebenso wie im Prasseln des Regens, dem Rauschen des Meeres
oder im langen Wühlen im Sand.
Doch nie verliert Majidi angesichts dieses Diskurses über
die Wahrnehmung die Geschichte aus den Augen. Im Zentrum stehen
die sozialen Beziehungen zwischen der ihren Enkel liebenden
Großmutter, dem abweisenden Vater und dem körperlich
behinderten Jungen. Die Figuren heben "Die Farben des
Paradieses" wieder auf eine andere Ebene, denn als blind
erweist sich schließlich der Vater, der den Sohn nicht
akzeptiert. Gegenseitige Akzeptanz, Nächstenliebe und
Hilfsbereitschaft - Sozialkompetenz - sind schließlich
wichtiger als alle Sinneswahrnehmungen.
Der farbenprächtigen Naturschilderung in "Die Farben
des Paradieses" steht in Majidis jüngstem Werk die
in kaltes Blau und Grau getauchte Teheraner Großbaustelle,
die für lange Zeit die gesamte Welt des Films darstellt,
gegenüber. Afghanische Flüchtlinge ohne Arbeitsbewilligung
werden hier beschäftigt, müssen aber immer wieder
vor der Gewerbeaufsichtskommission flüchten. Der junge
Latif steht ihrem Schicksal gleichgültig gegenüber,
er denkt nur an sich und ans Geld. Hasserfüllt betrachtet
er nicht nur die Ausländer, sondern vor allem ein als
Junge verkleidetes Mädchen, das ihm auf dieser Baustelle
die angenehmen Arbeiten eines Botenjungen und Kochs wegnimmt.
Erst als er Baran als Mädchen enttarnt, ändert sich
seine Einstellung und der in der Schilderung der alltäglichen
Arbeiten sehr realistische und genaue Film greift immer deutlicher
zu Symbolen. Denn plötzlich taucht nun Latif mit einem
roten Hemd auf und als eine Mauer durchgeschlagen werden muss,
verweist das hereinflutende Licht wohl ebenso auf Latifs Erkenntnisgewinn
wie der zerbrochene Hammer auf seine neue Milde und Sensibilität.
Aus der Baustelle, die durch Zwischenschnitte aus der Vogelperspektive
zu einer Höhle oder einem unentrinnbaren Gefängnis
wird, kann Latif nun entkommen und findet Baran, die sich
gerade die Burka über ihren Kopf zieht und mit ihrem
Vater zurück nach Afghanistan aufbricht. - Freiheit wird
es in der alten Heimat keine geben und auch Latif scheint
der durch eine Brücke symbolisierte Übertritt in
eine neue Welt verschlossen zu bleiben. Schauspielerisch mag
dieser Film nicht ganz überzeugen und auch dramaturgische
Brüche sind unübersehbar, doch Majidis Bildsprache
ist klar und prägnant und in seiner Einfachheit und seinem
Realismus gewinnt sein Film Kraft.
Abolfazl Jalili: "Delbaran"
Ein afghanischer Flüchtling steht auch im Zentrum von
Abolfazl Jalilis "Delbaran" (2001). Die Mutter des
jungen Kaim kam bei einem Bombenangriff ums Leben, der Vater
kämpft gegen die Taliban, dem Jungen selbst bleibt nur
die Flucht in das titelgebende Wüstendorf an der iranisch-afghanischen
Grenzen, wo er bei einem alten Ehepaar Unterschlupf findet,
Botengänge verrichtet und bei Autoreparaturen hilft.
Aber auch hier kommt Kaim nicht zur Ruhe und ist ständig
auf der Hut und auf der Flucht vor der iranischen Polizei.
Immer wieder rennt er durch die menschenfeindliche, optisch
eindrucksvoll eingefangene lehmfarbene Wüstenregion,
doch trotz dieser ständigen Bewegung dominiert Stillstand
diesen vom Regisseur "allen Kriegskindern" gewidmeten
Film. Unaufgeregt in distanzierten Totalen und Halbtotalen
erzählt Jalili in langen vorwiegend unbewegten Einstellungen.
Vieles wird in diesem wortkargen Film nur angedeutet, nur
Bruchstücke werden gezeigt, Leerstellen und Aussparung
verleihen Jalilis Film Vieldeutigkeit. Auf ein Minimum reduziert
wird die Darstellung von Kriegshandlungen: Ein Schuss fällt,
ein Gepäckstück kollert den Hang hinunter und eine
Hand verheddert sich im Stacheldraht. Geschütze werden
durch die Landschaft gezogen, eine Lehrerin beim Unterricht,
ein Arzt und immer wieder der Polizist - Szenen wiederholen
sich, nichts ändert sich in dieser fast ganz in monochromes
Braun getauchten Gegend.
Die sich in diesen Filmen manifestierende Entwicklung des
iranischen Films zu mehr Realismus und Zeitkritik betrachten
iranische Regisseure selbst wie Nasser Taghvai allerdings
mit Skepsis. Nach Taghvais Ansicht könnten die Ideen
und Programme von Staatspräsident Khatami zwar durchaus
den Weg in eine bessere Zukunft ebnen, doch Khatami und seine
Anhänger seien gezwungen, sich in einer Art Gefängnis
zu bewegen, das von mächtigen Klans aufgebaut worden
sei. Tagtäglich sehe und spüre man, wie Khatami
an Einflussmöglichkeiten verliere, beurteilt Taghvai
die aktuelle Situation. (vgl. Robert Richter, Der lange Weg
zur Selbstbestimmung. Hoffnung und Skepsis am Filmfestival
Teheran, in: Neue Zürcher Zeitung, 1.3. 2002)
Walter Gasperi
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