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Der Filmfreund rät

  07.09.2000
 
 
 
 

Gelegentlich könnten wir ja schon in Verdacht geraten, dem deutschen Film recht abhold zu sein. Dabei stimmt das überhaupt nicht! Nie würden wir leugnen wollen, dass es jede Menge ganz und gar großartiger deutscher Filme gibt.
Nur sind die meisten davon schon ein Stückchen älter.
LA HABANERA zum Beispiel ist ein solch ganz und gar großartiger, älterer Film - und einer aus der Zeit, als mit an einem der Grundpfeiler gewerkelt wurde für die später in zyklisch schwankenden Stadien der Großflächigkeit wuchernden Dauer-Misere des deutschen Kinos. Es ist Detlef Siercks zartbitteres Abschiedsgeschenk an ein Deutschland, das ihn wie so viele seiner begnadetsten Kollegen und Kolleginnen durch Ungeist und Rassenwahn aus dem Land trieb, woraufhin er nach kurzer Odyssee in Hollywood als Douglas Sirk künstlerisch wiedergeboren wurde und weiterhin weltbeste Filme machte.
Man hat den Film 1937 in Deutschland sehr gemocht, weil man ihn als ein Stück Kapitalismus-Kritik lesen konnte. Dabei hatte Sierck womöglich ganz andere politische Parallellen im Hinterkopf bei der Geschichte von der enttäuschten Liebe zu einem despotischen Alleinherrscher, der auch auf Kosten von Menschenleben verborgen halten will dass etwas mächtig faul ist in seinem Staate. LA HABANERA ist eines von Sierck/Sirks ersten wahren Meister-Melodramen (durchaus auch im klassischen Wortsinne von Verbindung von Schauspiel und Musik), von einer überwältigend dichten, immer beklemmender und korrupter werdenden Atmosphäre. Und es ist vielleicht der Film, in dem Sirk/Siercks Verwendung von Ornamente, Dekors, Bild-Räumen als Sinnträger seinen Höhepunkt an Stilisierung und Offensichtlichkeit erreicht - weshalb man danach viele seiner Hollywood-Filme (in denen diese Mittel wieder sublimierter eingesetzt werden) genauer sieht.
Dazu ist LA HABANERA wohl der letzte Zarah Leander-Film, den man gänzlich ungetrübt und ungebrochen in seiner Gänze einfach genießen kann - bevor sie sich für die braune Sache allzu penetrant einnehmen ließ.
(LA HABANERA: Gloria, So. 11:00)

Mithin für alle wahren Fans großen Kinos nicht nur ein Muss, sondern sogar ein wirklich guter Grund, sich wochenends zu recht ungemütlicher Zeit aus dem Bett zu wälzen. Aber seien wir froh, den Film überhaupt mal wieder im Kino sehen zu können, und bedenken wir: Wenn's keine Matinee wär', kämen wir am Ende noch in Konflikt mit dem Herrn Oehmann, der uns darob gram werden könnte - was wir wiederum gerne vermeiden möchten. So aber passt sich alles prima und ganz wunderbar, gleichsam schon wie durch göttliche Fügung, und voller Freude können wir der weisen Weisung folgen:
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Die Artechock-Redaktion

P.S.: Ach ja, dann sollten Sie noch folgenden SZ-Artikel vom 4. 9. lesen - wenn Sie mehr über Artechock erfahren wollen.

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