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Der Filmfreund rät...

  01.06.2000
 
 
 
 

Sie, verehrte Leserschaft, in die richtigen Filme zu führen - was wir an dieser Stelle Woche zu Woche redlichst versuchen - heißt oft auch, Sie vor den falschen Entscheidungen zu bewahren.
Zum 1. Beispiel: Könnte es sein, dass Sie die Lust packt, sich einen Film von Steven Soderbergh zu sehen. Das ist in letzter Zeit ja plötzlich bei ungewöhnlich (und erfreulich) vielen Leuten der Fall gewesen - nur leider haben die sich fast ausnahmslos verwählt, was dann den konkreten Film anging. Die Hollywood-Hure Soderbergh war's, die sie guckten - und ließen sich in Soderberghs filmisch langweiligstem aller seiner Werke, ERIN BROCKOVICH, erzählen, wie wunderbar und gerecht das System ist, wie sehr wir uns drüber freuen dürfen, darin zu leben, wie sicher wir sein können, dass die Gerechtigkeit obsiegt. Und dass das Geld überhaupt das Beste, Schönste, Wahrste und Alleinseligmachendste ist, was es gibt. Was stört's schon, wenn die ganze Familie elendig an Krebs verreckt, wenn sie dafür ein paar Milliönchen Dollar bekommt, yuchhee!
Dabei hätte es hierzulande kurz vorher ein echtes Meisterwerk von Soderbergh zu sehen gegeben, THE LIMEY, der sich wirklich Gedanken macht zu seinem Medium, es ausreizt; in dem es um viel mehr und viel interessantere Dinge geht und der nahrhaftestes food for thought bietet, von dem man noch zehren kann, wenn die Zuckerwatte-Packung BROCKOVICH schon längst die Gedächtnis-Kanalisation in Richtung Ozean des Vergessens durchflutscht hat (was circa 17 Minuten nach Verlassen des Kinos gewesen sein dürfte). Aber über die Herrlichkeit und Tiefe und Größe von THE LIMEY haben wir uns ja bereits ausführlicher geäußert.
Nun verstehen wir Sie allerdings durchaus, wenn Sie diesen wunderbaren Film noch nicht gesehen haben, weil Sie den Besuch standhaft verweigert haben - schließlich lief der in Münchner Kinos (außer auf dem Fantasy-Filmfest) bisher ausschließlich in der eklen deutschen Synchronfassung - und die war nun wirklich und wahrhaftig so gänzlich indiskutabel, wie selbst ekle deutsche Synchronfassungen es selten sind. (Falls Sie die jedoch gesehen haben, seien Sie versichert - das war alles Mögliche, nur Steven Soderberghs THE LIMEY war es nicht. Den haben Sie damit noch immer nicht gesehen. (Jawoll, Herrmann, das gilt auch für Sie!))
Jetzt aber können wir frohe Kunde bringen und jubilierend durch die Lande erschallen lassen: Das schnuckelige Neue Arena hat sich erbarmt und bietet diese Woche endlich, endlich die Gelegenheit, den Film so, wie Gott ihn schuf, in ganzer Pracht zu betrachten. Allerdings nur von Donnerstag bis Samstag (jawoll, Bauer, das heißt quasi: Heute bis †bermorgen!), und immer nur nachts. Also husch, rein, rein - sonst ist nachher das Geschrei wieder groß.
(THE LIMEY (OmU): Neues Arena, Do.-Sa. 22:45)

Zum 2. Beispiel aber wäre es ja durchaus im Bereich des Möglichen, dass es Sie diese Woche nach einem Film verlangt mit einem aus zwei Worten bestehenden Titel, von denen eines das schöne "Blow" ist. Und siehe, schon wieder stünden Sie vor zwei Alternativen (die Bahnhofskinos jetzt mal nicht mitgerechnet). Und wahrscheinlich würden Sie sich spontan für den ungleich berühmteren, Michelangelo Antonionis BLOW UP, entscheiden. Und das wäre ja keineswegs direkt verkehrt. Da wollen wir Sie auch gar nicht davon abhalten - das ist ein wichtiger und großer Film, der viel sagt über das Sehen und das Kino an sich und so, ein Meisterwerk, gewiss. Aber - auch wenn das jetzt womöglich gegen cineastischen Verhaltenskodex verstösst - mal unter uns: Brian De Palmas BLOW OUT ist noch viel besser! (Und nein, Welsch, das hat nichts damit zu tun, dass Hollywood-Kino das einzig wahre und prinzipiell dem europäischen (Kunst)Kino überlegen wäre, schon wieder mal no way, no how!) Der sagt ebensoviel über das Sehen und das Kino an sich (und hat freilich seinen Antonioni studiert), nimmt gleich das Hören noch aufs Trefflichste hinzu, und verpackt das Ganze in einen ansprechenden Thriller mit deutlich geringerem Prätentions-Level als BLOW UP. Tja, sowas kann er halt - De Palma, der alte Avantgarde-Wolf, der sich gerne die tarnende Mainstram-Schurwolle überstreift. Außerdem hat De Palma da John Travolta großartig wiederentdeckt, lang bevor Tarantino es tat, und den unterschätzten John Lithgow sehen wir doch auch immer wieder gerne. Zugegeben: Einen eklatanten Fehler hat auch BLOW OUT. Der heißt Nancy Allen. Aber da muss man eben durch - wo kämen wir schließlich auch hin, wenn große Filmkunst so ganz ungebremst Spaß machen würde!
(BLOW UP (OmU): Filmmuseum, Do.-Sa. 20:30;
BLOW OUT (OF): Filmmuseum, So. 20:30)

Und schon sind wir wieder auf der sicheren Seite. Denn einfach nichts falsch machen kann man mit den ewiggültigen Ratschlägen des weisen Herrn Oehmann. Da gibt's nur eine Entscheidung, und die lautet: Befolgen! Beweis? Na, da dachten so Defätisten wie der Herr H. (wollen wir mal so gnädig sein, auch die Schuldigen durch Anonymität zu schützen), das Ende der Bundesliga-Saison könnte ein fatales Loch schlagen in das eherne Bollwerk des Oehmannschen Gesetzes. Denkste! Länderspiel, ällerbätsch. Und deswegen bleibt alles bei:
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Die Artechock-Redaktion

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