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01.06.2000
 
 
   
 

Sir Alfred im Museum
"Obsessionen - Die Alptraum-Fabrik des Alfred Hitchcock"
Ausstellung vom 26. Mai bis 23. Juli 2000 im Münchner Stadtmuseum

 
Alfred Hitchcock
     
 
 
 
 

Die gewichtige Frage: "Was ist Kunst?" wird immer wieder ganz lapidar beantwortet mit: "Was in den Museeen hängt." Daß es nun (nicht zum ersten Mal) eine Hitchock-Ausstellung zu sehen gibt, könnte damit bedeuten, daß der Mann selbst zum Kunstwerk geworden ist - seine Selbstinszenierungen sind in jedem Fall Kunststücke und seine Filme ohnehin große Kunst - mit oder ohne Ausstellung. Nachdem im letzten Jahr zu seinem hundertsten Geburtstag im Museum of Modern Art eine Ausstellung zu sehen war, wird Alfred Hitchcock also ein Jahr später auch in Deutschland geehrt. Daß uns die Amerikaner mal wieder ungefähr ein Jahr voraus sind, ist nun wirklich nichts neues - auch wenn Robert Fischer, seinerzeit kommissarischer Leiter des Münchner Filmmuseums, es gerne anders gehabt hätte. Kündigte er doch im "off" 5/6 1999 an, die Ausstellung solle im Oktober/November '99 stattfinden. Aber gut Ding will Weile haben...

Und so wurde die Sache in diesem Jahr realisiert. Das Besondere daran ist, daß sich zum ersten Mal die Filmmuseen in Düsseldorf, Frankfurt, München und Potsdam zu einer gemeinsamen Aktion entschlossen haben. Und nach Düsseldorf ist nun München dran - mit ein paar Verfeinerungen, wie uns der Leiter des Filmmuseums Stefan Drössler vertrauensvoll mitteilte.

Am Beginn der Ausstellung begrüßt uns erstmal der große Sponsor, danach kommt der Meister in Form vieler seiner unzähligen Abbildungen: Wir sehen jede Menge schöner Standbilder aus seinen Filmen, alles fein sortiert nach den Motiven der Filme, jede Menge Promotionfotos, und einige Privataufnahmen. Allein diese Bilder lohnen den Besuch der Ausstellung, auch wenn sie für den Hitchcock-Experten wenig Neues vermitteln werden. Doch die Ausstellung will nicht nur Bilder transportieren, sondern auch Erlebnisse; man soll mal so richtig eintauchen können in die Welt der Hitchcock-Filme: so können wir uns auf ein kleines Podest begeben und betrachten auf einem kleinen Monitor, der unter uns in einem Kasten eingelassen ist, die berühmte Kamerafahrt in die Tiefe des Kirchturms aus VERTIGO. Ein gewisses Amüsement vermittelt diese "Installation" auf jeden Fall - doch mit Sicherheit kein Gefühl der Höhenangst.
Ähnlich geht es uns in der Attrappe einer Dusche, die nur noch entfernt an eine Naßzelle erinnert und noch viel entfernter an selbige in PSYCHO, während wir von der Seite ein leises plätscherndes Geräusch wahrnehmen - und plötzlich auch (ebenso ganz leise) die akustischen Messerstiche des Bernhard Herrmann.
Ganz und gar unerschrocken kann man sich dann einige nette Artikel des Hitchcock-Merchandising ansehen, ein paar handschriftliche Aufzeichnungen des Meisters lesen und der Musik der Filme lauschen. Die Musik wird allerdings - vermutlich um dem Besucher Zeit zu sparen - gleichzeitig von verschiedenen Lautsprechern abgespielt. So ergeben sich lustige Tonkollagen, die sich ein Herr Herrmann wohl nicht im Traum hätte ausmalen können. Wieso die Ausstellungsmacher hier nicht zu Kopfhörern gegriffen haben, bleibt ein Rätsel.

Und schließlich kann man sich auch noch an den wahren Schätzen der Ausstellung erfreuen, an den deutschen Plakaten zu Hitchcocks Filmen. Zwischen amüsantem "pulp" und hirn- und geschmacklosen Abenteuern in DIN A1 kann man hier die hohe Kunst der Filmverleiher und Grafiker kennenlernen - besonders die Varianten zu AUS DEM REICH DER TOTEN (VERTIGO) seien dem Besucher hier ans Herz gelegt. Man wird aus dem Staunen und Lachen kaum mehr herauskommen, denn diese Plakate stehen den deutschen Titeln in nichts nach und liefern meist deren adäquate visuelle Umsetzung.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, daß man sich, um Hitch "zu erleben", einfach die Filme anschauen muß - und dazu bietet die große Retrospektive im Filmmuseum noch zwei Monate Gelegenheit. Eine Ausstellung kann dazu nur eine kleine Fußnote sein.

"Manche Filme sind ein Stück Leben, meine Filme sind ein Stück Kuchen" sagte Hitchcock einst zu Truffaut - den ganzen Kuchen gibt's halt nur im Kino.

Max Herrmann

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