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Der Filmfreund rät

  03.02.2000
 
 
 
 

Diesmal empfehlen wir Ihnen einen Film, den Sie mit ziemlicher Sicherheit nicht kennen: TITANIC.
(Hier käme nun eigentlich der Absatz, wo wir über Ihre Verwirrung ob dieser brillanten Anfangsüberraschung schreiben sollten, von wegen: "Wieso, kenn ich doch...?!" und so weiter und wir dann sagen: "Meinen Sie!" und so fort. Das überspringen wir jetzt einfach mal...)
TITANIC - der angeblich teuerste Super8-Film aller Zeiten - ist eine muntere Mischung aus Schiffsuntergangs-Melo und Zombie-Horror, eine Spaßproduktion eines Häufleins Hamburger Filmbegeisterter mit vielen cineastischen Querverweisen. Und Teil der "Hamburger Kurzfilmrolle" DRIALOG, in der auch noch MANGAE und SHAKE AND BAKE versammelt sind. Über die wissen wir wenig, aber selbst falls sie nicht so toll sein sollten (was wir nicht glauben), wären sie wenigstens kurz, und TITANIC allein lohnt den Besuch im Werkstattkino schon mal.
(DRIALOG - Hamburger Kurzfilmrolle: Werkstattkino, Fr.-Mi. 21:00 Uhr)

(Hier käme nun eigentlich eine tolle Überleitung, von wegen "auch kurz..." und "schon mal im Werkstattkino..." und so. Die denken wir uns einfach dazu...)
Hollywood hat im Kampf gegen die Nazis einiges an schwerem Geschütz aufgefahren, das weitgehend in Vergessenheit geriet (oder geraten wurde...). Es hatte zwar lang gedauert, bis man offiziell die Weichen runter von der Appeasement-Schiene gestellte hatte. Und mancher Karriere ist es nicht gut bekommen, davor schon filmisch vor dem Faschismus gewarnt zu haben - "premature anti-fascism" hieß das dann später zynisch bei den McCarthy-Anhörungen und galt als Zeichen für allzu linke Gesinnung. Aber als es mal soweit war, wurde die Traumfabrik auch zur kriegswichtigen Propaganda-Maschine. Die auch und gerade die "Stars" der beliebtesten Cartoons in den Arbeitsdienst für die gerechte Sache eingespannt hat. Donald und Daffy Duck, Bugs Bunny, Popeye - sie alle taten ihren Teil. Weil das nachher manchem Studio etwas peinlich war (man wollte ja, besonders wenn man Disney hieß, möglichst bald auch wieder nach Deutschland und Japan verkaufen und den Mythos von der ach so unpolitischen Familienunterhaltung nicht zu offensichtlich ankratzen), verschwanden die meisten dieser Filme. Im Filmmuseum ist eine schöne, repräsentative Auswahl zu sehen. Und da kann man (gerade im Vergleich zur jüngst gelaufenen Reihe mit NS-Jugendfilmen) dann beobachten, dass Hollywood-Propaganda nicht minder holzhammerartig und auch rassistisch (besonders, wenn's gegen die Japaner geht) sein kann als die der Nazis. Sie aber (zumindest im Falle dieser Cartoons) doch generell unverkrampfter, genießbarer und flotter daherkommt.
(Hollywood und die Nazis - Cartoon-Programm: Filmmuseum, Fr./Sa. 23:00)

Wenn Sie jetzt aber gedacht haben, dass Sie uns so einfach mit diversen Kurzfilmen davonkommen - dann haben Sie sich getäuscht. Wir möchten Sie nämlich gerne am Montag in Chantal Ackermans JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU COMMERCE, 1080 BRUXELLES schicken. Und der ist lang. Sehr lang. 201 Minuten. Von denen man jede einzelne zu spüren bekommt. Die bis ins Kleinste durchchoreographierte Alltagsroutine einer Hausfrau, gnadenlos beobachtet, starr und fast ohne Abkürzungen. Das braucht erstmal Geduld, Sitzfleisch und den Willen, sich dem auszusetzen. Aber der Film belohnt das alles - um so mehr, je weniger wir Ihnen hier schon verraten wie. Vertrauen Sie uns einfach. Der Film hat gute Gründe, so zu sein, wie er ist, und er hätte keine andere Möglichkeit, seine Wirkung so zu entfalten, wie er es tut.
(Hier könnten jetzt zwei oder drei Absätze stehen darüber, wie wichtig es ist, auch die Arten des Kinos zu kennen und zu schätzen, die dem Popcorn-Verkauf gänzlich unförderlich sind. Wenn wir heute etwas mehr in Predigerlaune wären...)
Es ist ein Film, den man solange aushalten muss, bis er einem eine andere Art des Film-Sehens beigebracht hat, bis er sich nicht mehr an den liebgewonnen Erwartungen reibt. Das dauert so ungefähr eine gute Stunde, während der meistens einige das Kino verlassen. Von denen, die sitzen bleiben, kennen wir niemanden, der oder die es im Geringsten bereut hätte.
(JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU COMMERCE, 1080 BRUXELLES (OmU): Filmmuseum, Mo. 19:00)

Ach ja, und dann läuft diese Woche FELICIA'S JOURNEY an, der neue Film von Atom Egoyan. Aber in den gehen Sie sowieso von selbst rein, gell? Na eben!

(Hier hätte - wäre uns auch diese Woche einer eingefallen - ein unheimlich lustiger Schlussabsatz stehen können über den Herrn Oehmann. Irgendwas, was witzig und zusammenfassend übergeleitet hätte zu seinen berühmten Schluss-Worten. Die jetzt halt einfach so kommen müssen:)
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Die Artechock-Redaktion

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