Diesmal empfehlen wir Ihnen einen Film, den Sie mit ziemlicher
Sicherheit nicht kennen: TITANIC. (Hier käme nun eigentlich der
Absatz, wo wir über Ihre Verwirrung ob dieser brillanten
Anfangsüberraschung schreiben sollten, von wegen: "Wieso, kenn ich
doch...?!" und so weiter und wir dann sagen: "Meinen Sie!" und so
fort. Das überspringen wir jetzt einfach mal...)
TITANIC - der angeblich teuerste Super8-Film aller Zeiten
- ist eine muntere Mischung aus Schiffsuntergangs-Melo und
Zombie-Horror, eine Spaßproduktion eines Häufleins Hamburger
Filmbegeisterter mit vielen cineastischen Querverweisen. Und
Teil der "Hamburger Kurzfilmrolle" DRIALOG, in der auch noch
MANGAE und SHAKE AND BAKE versammelt sind. Über die wissen
wir wenig, aber selbst falls sie nicht so toll sein sollten
(was wir nicht glauben), wären sie wenigstens kurz, und TITANIC
allein lohnt den Besuch im Werkstattkino schon mal.
(DRIALOG - Hamburger Kurzfilmrolle:
Werkstattkino, Fr.-Mi. 21:00 Uhr)
(Hier käme nun eigentlich eine tolle Überleitung, von wegen "auch
kurz..." und "schon mal im Werkstattkino..." und so. Die denken wir
uns einfach dazu...) Hollywood hat im Kampf gegen die Nazis
einiges an schwerem Geschütz aufgefahren, das weitgehend in
Vergessenheit geriet (oder geraten wurde...). Es hatte zwar lang
gedauert, bis man offiziell die Weichen runter von der
Appeasement-Schiene gestellte hatte. Und mancher Karriere ist es
nicht gut bekommen, davor schon filmisch vor dem Faschismus gewarnt
zu haben - "premature anti-fascism" hieß das dann später zynisch
bei den McCarthy-Anhörungen und galt als Zeichen für allzu linke
Gesinnung. Aber als es mal soweit war, wurde die Traumfabrik auch
zur kriegswichtigen Propaganda-Maschine. Die auch und gerade die
"Stars" der beliebtesten Cartoons in den Arbeitsdienst für die
gerechte Sache eingespannt hat. Donald und Daffy Duck, Bugs Bunny,
Popeye - sie alle taten ihren Teil. Weil das nachher manchem Studio
etwas peinlich war (man wollte ja, besonders wenn man Disney hieß,
möglichst bald auch wieder nach Deutschland und Japan verkaufen und
den Mythos von der ach so unpolitischen Familienunterhaltung nicht
zu offensichtlich ankratzen), verschwanden die meisten dieser
Filme. Im Filmmuseum ist eine schöne, repräsentative Auswahl zu
sehen. Und da kann man (gerade im Vergleich zur jüngst gelaufenen
Reihe mit NS-Jugendfilmen) dann beobachten, dass
Hollywood-Propaganda nicht minder holzhammerartig und auch
rassistisch (besonders, wenn's gegen die Japaner geht) sein kann
als die der Nazis. Sie aber (zumindest im Falle dieser Cartoons)
doch generell unverkrampfter, genießbarer und flotter
daherkommt. (Hollywood und die Nazis - Cartoon-Programm:
Filmmuseum, Fr./Sa. 23:00)
Wenn Sie jetzt aber gedacht haben, dass Sie uns so einfach mit
diversen Kurzfilmen davonkommen - dann haben Sie sich getäuscht.
Wir möchten Sie nämlich gerne am Montag in Chantal Ackermans JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU
COMMERCE, 1080 BRUXELLES schicken. Und der ist lang. Sehr
lang. 201 Minuten. Von denen man jede einzelne zu spüren bekommt.
Die bis ins Kleinste durchchoreographierte Alltagsroutine einer
Hausfrau, gnadenlos beobachtet, starr und fast ohne Abkürzungen.
Das braucht erstmal Geduld, Sitzfleisch und den Willen, sich dem
auszusetzen. Aber der Film belohnt das alles - um so mehr, je
weniger wir Ihnen hier schon verraten wie. Vertrauen Sie uns
einfach. Der Film hat gute Gründe, so zu sein, wie er ist, und er
hätte keine andere Möglichkeit, seine Wirkung so zu entfalten, wie
er es tut. (Hier könnten jetzt zwei oder drei Absätze stehen
darüber, wie wichtig es ist, auch die Arten des Kinos zu kennen und
zu schätzen, die dem Popcorn-Verkauf gänzlich unförderlich sind.
Wenn wir heute etwas mehr in Predigerlaune wären...) Es ist ein
Film, den man solange aushalten muss, bis er einem eine andere Art
des Film-Sehens beigebracht hat, bis er sich nicht mehr an den
liebgewonnen Erwartungen reibt. Das dauert so ungefähr eine gute
Stunde, während der meistens einige das Kino verlassen. Von denen,
die sitzen bleiben, kennen wir niemanden, der oder die es im
Geringsten bereut hätte. (JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU
COMMERCE, 1080 BRUXELLES (OmU): Filmmuseum, Mo. 19:00)
Ach ja, und dann läuft diese Woche FELICIA'S JOURNEY an, der
neue Film von Atom Egoyan. Aber in den gehen Sie sowieso von selbst
rein, gell? Na eben!
(Hier hätte - wäre uns auch diese Woche einer eingefallen - ein
unheimlich lustiger Schlussabsatz stehen können über den Herrn
Oehmann. Irgendwas, was witzig und zusammenfassend übergeleitet
hätte zu seinen berühmten Schluss-Worten. Die jetzt halt einfach so
kommen müssen:) "Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Die
Artechock-Redaktion
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