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Der Filmfreund rät

  06.01.2000
 
 
 
 

Was ein fulminanter Start! Kaum sind die letzten Kracher verkracht, die Scherbenhäufen heimgekehrt und der Kater wieder im Tierheim, überschlagen sich die Münchner Kinos wieder geradezu mit beachtenswerten Erstaufführungen, gewichtigen Retrospektiven, edlen Spät- und Nachlesen und knorke Reihen.
Und zwar so sehr, dass selbst uns es schon beinahe schwer fällt, da noch den Überblick zu behalten - und es uns vollends an die Grenzen unserer (doch eigentlich beachtlichen) Möglichkeiten treibt, hier noch einen klaren Weg für Sie, werte Leserschaft, zu bahnen durch dieses cineastische Gestrüpp und Ihnen simple Weisung zu geben.
Aber wir versuchen's.

Also eins wär' eigentlich klar und sollte die erste Empfehlung hier sein - aber dass Sie sich Jim Jarmuschs neuen Film GHOST DOG: THE WAY OF THE SAMURAI anschauen sollten, das brauchen wir Ihnen ja wohl nicht extra zu sagen. Eben.
Tasten wir uns also in etwas unsichereres Terrain vor - und stossen dort erstmal auf die 99er-Nachlese im Neuen Arena. Da gäb' es dies und jenes, ausdrücklich erwähnt und empfohlen sei hier aber nur eins, nämlich Warren Beattys nicht gänzlich unproblematische, aber absolut sehenswerte, finstre Politsatire BULWORTH. Die haben viel zu viele von Ihnen beim Kinostart mit Missachtung gestraft - das hat sie keinesfalls verdient, und jetzt heißst's also nachsitzen!
(NEUES ARENA: BULWORTH (OmU), Do./Fr. 22:30)
So, schon einen Schritt weiter. Und auch der nächste fällt noch nicht so schwer. Denn zu der Science-fiction-Reihe im Werkstattkino haben wir ja letzte Woche schon so einiges gesagt, was weiter Gültigkeit hat, und dürfen uns diesmal also beschränken auf: A) Die läuft noch bis zum 20. Januar; und B) Da ist auch ein Dokumentarfilm dabei, nämlich OUT OF THE PRESENT, in dem es um den sowjetischen Kosmonauten Krikaljow geht, der 1991 in die MIR aufbrach, um dann nach 10 Monaten (wesentlich länger als geplant) in eine völlig veränderte Heimat zurückzukehren. Wie Polizeihund Vincent sagen würde: Intressaaaant!!!
Ach ja, bevor wir's vergessen: Werkstattkino, Samstag 23:00 Uhr, Pflichttermin. Internationaler Super8-Tag. Nachdem dieses Ereignis selbst dem SPIEGEL eine ganze Seite wert war, müssen wir aber wohl nicht viel dazu sagen.
(WERKSTATTKINO: OUT OF THE PRESENT (OmU), Sa.-Di. 21:00; Internationaler Super8-Tag, Sa. 23:00)

Puh, das wäre auch geschafft. Jetzt aber wird's so richtig kompliziert. Es würde ja vielleicht alles noch ganz gut gehen, wenn gegen die Tarkowskij-Retrospektive im Maxim das Filmmuseum einfach brav seine Robert Bresson-Retro spielen würde. Dann könnte man recht einfach z.B. nach Länder-Präferenzen entscheiden: Wem Frankreich näher liegt, der oder die kann nach den hymnischen Nachrufen allüberall selbst nachprüfen, was dran ist am grand père des französischen Kinos und kann vor oder nach dem Film im Stadtcafé bei einer Schale Milchkaffee und einer Schachtel Gauloise darüber diskutieren.
Und in wessen Brust eine eher dem Osten zutendierende Seele beherbergt ist, kann deren (der Seele, nicht der Brust) NOSTALGHIA beim Anblick der Werke eines der größten Kino-Söhne von Mütterchen Russland etwas lindern (oder auch mehren, je nach Geschmack). Und sich dabei freuen, dass das Maxim wirklich ganze und gute Arbeit zu leisten scheint mit dieser Retro und auch so selten zu Sehendes wie Tarkowskijs Diplom-Film DIE WALZE UND DIE GEIGE zeigt.
Jetzt hält aber ausgerechnet das Filmmuseum diese Woche auch noch eine Konferenz ab zum Thema "Schauspieler und Macht", in der es um Nikolaj Tscherkasov geht - einen der bedeutendsten Mimen des russischen Kinos. Und jetzt steh'n Sie da und müssen sich selbst entscheiden. Weil da gibt's jetzt doch auch einiges wirklich Wichtiges für alle am sowjetischen Film (oder am Film überhaupt) Interessierte zu sehen - zum Beispiel im praktischen Dreierpack die großen Despoten- und Führerfilme über den großen Peter, den schrecklichen Iwan und den Nevskijs ihren Alexander.
(MAXIM: Restrospektive Andrej Tarkovskij, tgl. 19:00, 21:00;
FILMMUSEUM: Retrospektive Robert Bresson; Genaue Titel und Zeiten siehe Programm)

Sie sehen, warum wir anfangs gestöhnt haben. Aber es ist dann doch alles halb so wild. Denn inmitten der verwirrenden Vielfalt, im Herzen dieses wuchernden Zelluloid-Dschungels (na ja, eigentlich eher an seinem Eingang...), unter diesem hypertrophen Angebots-Wildwuchs findet sich dann doch wenigstens EIN fester Ankerpunkt, ein Termin, der vor allen anderen gilt, eine Empfehlung, die wir so richtig gradraus und ohne wenn und aber geben können: Am Drei-Königs-Tag geht's in THREE GODFATHERS. No doubt about it - besser kann man diesen Tag nicht begehen als mit John Wayne in der Rolle eines quasi-Heiligen-Drei-Königs im Wilden Westen in diesem John Ford-Klassiker. Weil's zum Tag passt, aber auch weil generell gilt: Western sind wichtig. Hugh, ich habe gesprochen.
(FILMMUSEUM: THREE GODFATHERS (OF), Do. 19:00)

Tja, und ausgerechnet dieser Fix- und Ankerpunkt, dieser Grundstein droht jetzt, einen anderen Monolithen in's Wanken zu bringen. Denn wir verraten Ihnen ein Geheimnis (aber vorsichtig, so dass er's nicht merkt...!): Bei diesem letzten Tip stimmt uns der Herr Oehmann eigentlich voll und ganz zu und würde Sie seiner selbst auch dorthin schicken.
Das kann er freilich jetzt öffentlich nicht zugeben, auf dass nicht Wirrnis herrsche im Lande und Heulen und Zähneklappern unter den verstörten Menschen. Nein, nein, nach Außen hin muss er jetzt wieder in der Brandung herumfelsen und seine Richtlinienkompetenz pfeilgrad so wie immer nutzen. Um in dieser wandelhaften Welt ein letztes Quentlein an tröstender Kontinuität zu stiften. Mit seiner Empfehlung:
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Die Artechock-Redaktion

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