Suchen Sie sich's aus, wie Sie's sehen wollen: Entweder sind wir
letzte Woche SEHR spät dran mit unseren Empfehlungen, oder diese
Woche ein paar Tage früher als gewohnt. Wir entschuldigen uns
jedenfalls vielmals, dass unser beliebter (hoffen wir zumindest)
Service eine kleine Unterbrechung erfahren musste - aber so geht's
halt manchmal im wildbewegten Leben der Lohnschreiber. War aber
auch halb so wild, denn das Wichtigste war ja gesagt, und gilt noch
immer: FIGHT CLUB
schauen! Worauf wir sonst noch unbedingt hinweisen hätten
wollen, können wir auch jetzt noch zumindest halbwegs nachholen:
Volume 3 der "That's Blaxploitation, Baby"-Reihe im Werkstattkino.
Die andere Schwarze Serie Hollywoods sozusagen, Filme mit schwarzen
Stars für ein großteils schwarzes Publikum - von meist weissen
Filmemachern. Jedenfalls cooles, lebendiges Kino mit tollen
DarstellerInnen (mmmmmh, Pam Grier...) und guter Musik. Diesmal
auch mit einigen Ausläufern der 70er Jahre Welle in den 90ern und
(wichtig!) einem hohen Anteil an OFs - die genauen Titel erfragen
wir als brave Filmfans beim Werkstattkino
selbst. (WERKSTATTKINO: "That's Blaxploitation, Baby - Volume
3", tgl. 21:00, 23:00)
À propos "wichtig OF": Die Lupe2 bringt ja nun seit einigen
Wochen ihren Beitrag zum Münchner Orson Welles-Revival in Form
einer Retrospektive der bekanntesten Filme. Das ist im Prinzip
löblich - dennoch können wir diese Woche zum ersten Mal guten
Gewissens empfehlen, hinzugehen. THE LADY FROM SHANGHAI
läuft nämlich im Original mit Untertiteln. Und auch wenn wir schon
des öfteren erörtert haben, dass OFs den Synchronisationen weit
vorzuziehen sind, so muss das bei Welles doch ganz nachdrücklich
und speziell unbedingt noch einmal geschehen. Denn der gute
Orson (der am Anfang seiner Karriere ja lang und hervorragend Radio
gemacht hat) ist im Umgang mit Ton ein Künstler und Meister wie
kein zweiter seiner Zeitgenossen. Ton war enorm wichtig für ihn, er
hat daran stets sehr lange getüftelt, und er hat stets ziemlich
andere ästhetische Lösungen gefunden, als der Mainstream sie
diktierte. (Ausserdem ist da selbstverständlich - bei Welles als
Schauspieler - seine unverwechselbare Stimme, die bei ihm
vielleicht mehr Markenzeichen war als alles andere.) Von all
dem bleibt in den Synchronfassungen bestenfalls wenig übrig,
meistens aber gar nichts. Wer beispielsweise CITIZEN KANE nur in
der deutschen Fassung gesehen hat, kann nicht behaupten, den Film
zu kennen: Der Gutteil von Bernhard Herrmanns großartiger und
extrem aussagekräftiger Musik durch belanglosen Archivschmonz
ersetzt, fast die ganzen Toneffekte und -mischungen getilgt und an
ihre Stelle Sachen gesetzt, die ein völlig anderes Konzept haben
als das von Welles intendierte und die in den Köpfen des Publikums
radikal andere Räume, eine andere Welt entstehen lassen. Und dann
noch die Dialoge ihres Rhythmus beraubt, alles schleppend und
aufdringlich gemacht. Bei Welles anderen Filmen sieht's selten
besser aus, und deshalb also: Wenn Welles, dann bitte im Original.
Dann aber - wie diese Woche bei THE LADY FROM SHANGHAI - auf jeden
Fall. (THE LADY FROM SHANGHAI (OmU): Mo.(22.11.)/Di. 20:00,
Mi. 17:30)
Von den Niederungen der Welles-Synchronisationen jetzt aber
munter wieder auf einen cineastischen Gipfel marschiert: Ab
Donnerstag wird's hier bei Artechock ohnehin ausführlicher
Erwähnung finden, da's aber am Mittwoch schon los geht, hier
bereits der wichtigste Hinweis der Woche. Nämlich der auf das "Hong
Kong S.A.R."-Festival im Filmmuseum. "S.A.R.", so haben wir
mittlerweile herausgefunden, heißt "Special Administrative Region"
und bezeichnet den Status Hong Kongs seit der Übergabe zurück an
China. Aus der Zeit davor hatten uns hierzulande ja einige Filme
erreicht und nachhaltig bewiesen, dass in HK das aufregendste Kino
der Welt gemacht wird. Dann wanderten die grossen Regie-Stars fast
alle nach Hollywood ab, wo sie mit unterschiedlichem Erfolg bemüht
waren, etwas von ihrem genialen Stil auch im dortigen System noch
zu bewahren. Und in Sachen Hong Kong wurde es ziemlich still in
unseren Kinos. Die verbliebenen Filmemacher dort freilich haben
auch unter chinesischer Flagge nicht aufgehört, dem Gros der
abendländischen Kollegen stets ein paar Schritte voraus zu sein,
was Einfallsreichtum, Größe, Virtuosität angeht. Was nun eben im
Filmmuseum zu besichtigen sein wird - und zwar mit einiger
stilistischer und inhaltlicher Bandbreite. Die Genre-Fans werden
auch bedient, klar, aber es gibt noch viel mehr zu sehen als
martial arts und Blei-Ballette. Dramen, Art-Movies, Dokus sind mit
von der Partie, und das alles wohl nicht so schnell wieder auf
hiesigen Leinwänden zu sehen. Also: Nichts wie
hin!
(FILMMUSEUM: "Hong Kong S.A.R.")
Für alle, die da auf den Geschmack an Hong Kong-Kino kommen, die
ihn vorher schon hatten, oder die in anderem Kontext erstmal
reinschnuppern wollen: Am Samstag Nachmittag gibt's auch noch
BISHONEN! zu sehen, die Lovestory zwischen einem schönen jungen
Gigolo und einem Polizisten. Der Film läuft bei "Verzaubert", dem
Internationalen SchwulLesbischen Filmfestival, das am 17. November
beginnt und nun schon ins 9. Jahr geht.
Ist selbstverständlich nicht der einzige interessante Film
dort im Programm. Auch wenn's mal wieder so sein wird wie
bei Veranstalter Rosebud Entertainment (auch bei deren Fantasy
Filmfest) üblich - dass nämlich das Meiste im Festivalkatalog
wesentlich besser klingt als es dann auf der Leinwand tatsächlich
ist: Hingucken lohnt sich immer wieder, und zwar auch, wenn
man nicht primär am Thema interessiert ist sondern erstmal
an gutem Kino. Was es alles zu sehen gibt und wann und wo
und wie, das ist in gebotener Ausführlichkeit auf der Website
der Veranstaltung in Erfahrung zu bringen.
So, und jetzt können wir's ja eingestehen: Unsere Verspätung mit
diesen Wochentips - die hatte nichts mit Faulheit oder Zeitnot
unsererseits zu tun! Nein, nein, ganz andere Gründe sind da
verantwortlich - oder besser gesagt ein ganz anderer Grund. Jawoll,
der Herr Oehmann war's! Genau! Der sah nämlich die eiserne
Konsequenz seiner weisen Schlußworte in Gefahr, fürchtete um deren
vertraute Gestalt. Unordnung drohte sich auszubreiten, Chaos
klopfte an die Pforte und machte Regierungsanspruch geltend, das
heillose Durcheinander in Verbund mit dem Untergang des Abendlandes
waren nur noch einen Kieselsteinwurf entfernt. "Sonntag Fußball und
Lindenstraße"! Ei weh, wie hätte uns alle so ein Satz bis in unsere
Grundfesten erschüttert, welch großflächige Verwirrung und
Beklemmnis hätte sich da spontan breitmachen müssen unter dem
Volke! Da ist es nur zu verständlich, dass der Herr Oehmann mal
schnell ein kleines Knötlein ins pfeilgrade Raum-Zeit-Kontinuum
geschürzt hat, auf dass wir nicht eher zum Schreiben kommen
konnten. Wer mag's ihm verdenken? (Und wer ihn nicht bewundern,
dass er sowas kann!) Jetzt freilich ist wieder alles in bester,
gewohnter Ordnung, und wir können uns alle erleichtert zurücklehnen
und der sonoren Stimme des Hernn Oehmann lauschen, wie er uns rät,
was denn diese Woche zu schauen sei. Und jetzt alle im
Chor: "Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Die
Artechock-Redaktion
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