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Game Over

  18.02.1999
 
 
 
  Notizen von der Berlinale, 2.Folge: 17.2.99

Eröffnungsempfang am Mittwochabend letzter Woche: Die beiden Katjas, von Garnier und Riemann kommen gemeinsam, Arm in Arm, wie Freundinnen eben. Susanne findet auch, daß beide ganz gut zusammenpassen. Ob das aber als Kompliment gemeint ist ? Ich freue mich zumindest, daß Jasmin Tabatabai und Heike Makatsch hier nirgendwo gesehen werden. Das ist als Kompliment gemeint.

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Ghandi, äh Ben Kingsley ist auch wieder da. Letztes Jahr war er Jurypräsident. Diesmal geht er zwar nicht einfach Filme angucken, in Berlin ist er aber trotzdem, weil am Eröffnungsabend der Berlinale auch die Shoah-Foundation ein Gala-Event abhielt. Und weil Kingsley in "Schindlers List" mitgespielt hat, darf er natürlich nicht fehlen.

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Gefehlt hat gottseidank dafür Peter Maffay. Der spielte stattdessen bei der Shoah-Foundation israelische Lieder und afrikanische Musik, vielleicht auch umgekehrt.
Nur für Schröder war es kein so gemütlicher Abend. Das hat aber jetzt wirklich nichts mit der Hessenwahl zu tun, sondern nur damit, daß er ja als Kanzler natürlich auf beiden Partys sein mußte. Da galt es –hopphopp, schnellschnell- ins Auto zu steigen, und sich rüber zum Gendarmenmarkt fahren zu lassen. Ganz schön stressig in Berlin.

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"Is the Game over ?" – der letzte Satz in David Cronenbergs bizarrem Biotech-Drama "eXistenZ" provozierte Fragen auf der Pressekonferenz: "Is the Game over ?" fragt eine Journalistin – "The Game is definitely not over" antwortet Cronenberg. Was soll er auch sonst sagen ?

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Kurz vor dem nächsten Film auf jenem Ort, wohin auch Jurymitglied Karasek zu Fuß geht: Da kommen sie einem entgegen, die Stoffel von den Münchner Pressevorführungen, die einen genau kennen, aber auch dann noch übersehen, wenn man sich Aug' in Aug' gegenübersteht. Na gut: Auf der Toilette. Es gibt Betriebe, die die Vorschrift eingeführt haben, daß man sich auf der Toilette nicht die Hand geben darf. Zumindest hat Horst Karasek das in seinem SPIEGEL-Schlüsselroman "Das Magazin" über selbiges behauptet. Plötzlich geht die Tür auf, und da kommt er hinein. Und tatsächlich: Keine Hand wird uns entgegengestreckt. Hätte er aber auch woanders nicht getan.

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Das Schönste an der Berlinale ist, daß man hier immer irgendetwas Neues über fremde Völker lernt, und am Ende so ganz nebenbei ein Semester Ethnologie für den Rest des Jahres mit auf den Weg bekommt. Zum Beispiel die Erkenntnis der französischen Kollegin Jacqueline auf der Pressekonferenz zu "Three Seasons": "Die Vietnamesen brauchen immer ganz lange, um ganz wenig zu sagen."

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Ethnologie II.: "Schwedisch ist, glaube ich eine Mischung aus Dänisch und Holländisch." Meinte jedenfalls ein unbekannter Zuschauer vor dem schwedischen Film "Fucking Amal", einem der allerbesten Beiträge bisher. Warum, dazu demnächst mehr.

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Ethnologie III.: "Gegen griechische Kurzfilme sind tiebetanische Experimentalfilme Mainstream-Kino", meint zumindest Richard Oehmann. Die Frage, was er eigentlich in griechischen Kurzfilmen zu suchen hat, vergaßen wir vor lauter Schreck zu stellen.

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Das Timing saß: Pünktlich zur Aufführung des türkischen Wettbewerbsbetrages am Dienstag entführte die Türkei den Kurdenführer Öcalan. Schon vor 9 war daraufhin der Wittenbergplatz gesperrt, und man kam nur auf Umwegen ins Zoo-Kino zur Pressevorführung. Auch dort Polizei. Ausweiskontrollen, das Übliche. Der Film war langatmig und sehr prokurdisch, dürfte also in der Türkei wahrscheinlich nie aufgeführt werden. Und vielleicht bekommt er jetzt nur deswegen irgendeinen Preis, weil die Jury meint, sie müsse ein politisches Statement abgeben. Jede Preisvergabe wird jetzt so gesehen werden, auch wo sie künstlerisch gemeint ist. Und wenn "Reise zur Sonne" leer ausgeht, wird man das ebenfalls politisch betrachten.

(Fortsetzung folgt)

Rüdiger Suchsland
 

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