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Videowettbewerb,Untergrundfilmer, Avengers-Party
Tips für glückliche Filmfans

  27.08.1998
 
 
 
 

Sicherlich lernt man einiges, wenn man sich täglich stundenlang ins Kino flüchtet. Ich will ja gar nicht leugnen, daß es z.B. Wim Wenders gut getan hat, eben dies zu tun, um der grausamen Kälte seines Pariser Studentenzimmers zu entgehen. Schließlich verhält es sich mit Filmen wie mit allen anderen Erlebnissen: es gibt keine schlechten Erfahrungen. Ganz nüchtern betrachtet sieht die Wahrheit aber doch so aus, daß diese Typen, die die Welt kaum noch in 360°-Version kennen, meistens als Filmkritiker enden.
Wollt Ihr das etwa?

Wollt Ihr all diese unmittelbare Glut, all diese entschlossene Unbeholfenheit etwa umsonst gewesen sein lassen, mit der Ihr vor Jahren Euer erstes Drehbuch geschrieben habt? - Wer inzwischen doch schon einen ersten heimlichen Regieversuch unter Freunden hinter sich hat, braucht sich nicht mehr zu schämen, daß es nur die Videokamera war: das ist genau das perfekte Format, um beim bundesweiten Nachwuchs-Video-Wettbewerb JUGEND UND VIDEO (bis 26 Jahre) bzw. VIDEO DER GENERATIONEN (der Rest) teilzunehmen, der seit zehn Jahren vom Ministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend ausgeschrieben wird. Klingt abschreckend, ist aber eine spannende Sache. Es gibt zwar keine Riesensummen zu gewinnen (4 Hauptpreise zu DM 1000,- sowie mehrere Förderpreise à DM 500,-), dafür wird man aber zu einem Preisverleihungswochenende eingeladen, bei dem man an Diskussionen und Workshops teilnehmen und die anderen Preisträger kennenlernen kann. Eine Chance, die man nicht unterschätzen sollte: beim aus gleichem Hause stammenden Deutschen Jugendfotopreis sind daraus Kontakte & Projekte enstanden, die bis in die Berliner Szenegalerie berlin-tokyo oder gemeinsame neudeutsche Photobücher beim Taschenverlag reichen. Allerdings muß man sich beeilen: der Einsendeschluß ist bereits am 31. August!

Ein Glück ist das Kino ein nicht ganz so schnelles Medium wie das Internet oder die Lindenstraße, so bleibt uns das Diana-Gedenk-Drama zu ihrem 1. Todestag zumindest in Leinwandgröße erspart - das Fernsehen ist natürlich voll von solchen Fast-Food-Produktionen. Dennoch wäre es ganz nett gewesen, unser letztes Fünkchen Erstaunen über die eigene kollektive Betroffenheit mit hilfe von Gesprächsrunden und anderen analgetischen Erlebnisevents zu kompensieren. Aber nein, nichts dergleichen in München. Hier gibt es gerademal, ausgerechnet am Sonntag, eine Stadtführung mit dem Thema "Der Centralfriedhof lebt" - wie pietätlos, wie zynisch, wie hinterwälderisch! (Stephansplatz, 14 Uhr) Da bleibt einem nur, nach Zürich zu fahren, wo es ein ganzes DIANA 98-Festival incl. Filmreihe und Ausstellung gibt. Wird sicherlich spannend, im dazugehörigen Symposium zu erfahren, was "My Own Privat Idaho" und "Casablanca" mit totgefahrenen Prinzessinnen zu tun haben. (Falls ihr keins der Supersommerspartickets zu DM 49,- nach Zürich mehr abbekommen solltet, kann Euch diese Frage aber sicherlich auch Kollege Suchsland beantworten, der schon so manchen Hörsaal mit Vorträgen dieser Art aufgeklärt hat, wie man hört.)

Man kann es aber auch gleich ein bißchen schicker haben und die Münchner Super-8-Film-Truppe ABGEDREHT auf ihrer Diana-Memorial-Tour nach London begleiten. So könnte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: sich ein hippes Thema als Privaterlebnis einverleiben und Connections zu Lokalgrößen aufbauen. (Ein noch so intensives Wahrheitsgefühl im Kinosessel zaubert schließlich noch keine Produktionspolster aus dem Nichts - da helfen nur knallharte Kontakte!) Es wird zwar gemunkelt, daß ABGEDREHT diesen Betriebsausflug bloß aus purer werbetechnischer Schlagwort-Reizwort-Strategie so getauft haben; schließlich weiß jeder, daß das eigentliche Ziel dieser Reise das Londoner Underground Film Festival ist, bei dem sie am 30. 9. die Programmgestaltung übernehmen dürfen. Zudem hört man, daß zwei von ihnen, Rudi Schmidts und Banane, sich nun öffentlich zu ihrer abnormen Neigung zum Videoformat bekennen und am 3.9. auf dem free&easy-festival im backstage unangenehm zeitgenössische Filme zeigen (22h und 24h, Kinozelt). Aber immerhin bleibt Teamchef Ralf Palandt sich selber treu, zeigt am 2.9. in der backstage-Halle seine guten alten Schmalspurfilmchen und sorgt zudem am 1. September im Atomic Café dafür, daß auf der The Avengers Release Party auch ein paar der echten alten "Schirm, Charme und Melone"-Folgen zu sehen sein werden. Womit wir wieder bei Diana wären: ob Uma Thurman das Erbe der übrigens inzwischen 60jährigen Rigg wird antreten können? Die Masse verlangt schließlich nach Kultfiguren - und Müttern. Hauptsache sterblich und fotogen. Aber wer will schon Popstar sein.

Faul und unscheinbar räkelt sich also im Werkstattkinosessel
Nina Stuhldreher

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