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Hollywood in Oberbayern?
Stoiber vergibt den Bayerischen Filmpreis

  22.01.1998
 
 
 
  „Der Film leistet einen ganz besonderen Beitrag zum kulturellen Leben“. Wo er recht hat, unser Herr Ministerpräsident, da hat er recht: “Die Bedeutung und Wirkung des Films geht weit über die ökonomischen Aspekte hinaus“. Na wer hätte das gedacht, hört, hört, Herr Stoiber !
Gefallen sind dergleichen bedeutungsschwere Sätze am Ende der vergangenen Woche, anläßlich der Verleihung des Bayerischen Filmpreises im Münchner Cuvilliés-Theater. Alle Jahre wieder das gleiche Ritual: am Ende der Münchner Filmwoche gibt’s den Filmpreis mit anschließendem Buffet in der Residenz, dann wenn alle ausgeschlafen haben am Samstag um Zwei das unentbehrliche CSU-Filmgespräch (ohne Buffet), und am Abend zum Verdauen den Filmball.

Zuvor konnte man als Filmschaffender, Kinobetreiber oder Kritiker die Tage unbemerkt für das normale Publikum in den Tradeshows der Verleihe verbringen und anschließend zwischen Häppchen und Ortswechsel wichtig-unwichtige „Gespräche“ führen. Das ist die sogenannte Filmwoche, mit der der Freistaat Bayern, wo die Uhren wieder einmal anders gehen, das Filmjahr 1997 offiziell abschließt, seine Förderung des (deutschen) Films dokumentiert, und den Ruf der Filmstadt München aufpoliert. Für ein paar Tage darf man sich dann wie in Hollywood fühlen, was hierzulande ja sonst nur an den 8 Filmfestabenden nach der dritten Halben möglich ist.

Nun ist die kleine, zerbrechliche Porzellanfigur, die die Filmpreisträger verliehen bekommen, alles andere, als ein Oscar. Und das ist auch gut so. Denn die Filme sind ja auch andere. Der Unterschied zwischen dem schweren, außerordentlich soliden, dabei futuristisch designten Ami und dem dekadent-bröseligen, irgendwie veralteten Männlein aus dem 18.Jahrhundert, das eher an Omas Teetisch erinnert als an zukunftsgewandte Filmpolitik, ist Programm. Jedes Jahr wartet man darauf, das einem der Preisträger die Figur aus der Hand fällt, und in 1000 Scherben zerdeppert am Boden liegt. Jedes Jahr bangt der (Neue!) deutsche Film um seine Marktanteile. Zur Zeit klettern die Filmaktienkurse auf ungeahnte Höhen, alles paletti, und darum ist die Stimmung rosarot. So konnte Stoiber sich selbst und der in der Tat im Vergleich mit anderen Bundesländern großzügigen, freilich sehr kommerziell orientierten Filmförderung auf die Schultern klopfen: "Nach dem bereits äußerst erfolgreichen Filmjahr 1996 hätte kaum jemand zu hoffen gewagt, daß wir uns ein Jahr später - nach den bisher vorliegenden Zahlen - gegen große internationale Konkurrenz über einen Marktanteil von sage und schreibe 23 Prozent für den deutschen Film in unseren Kinos freuen dürfen."

Was eher stört, als dergleichen Triumphreden, ist die weihevolle, von kritischen Gedanken nicht angekränkelte Stimmung, in der Fragen nach Zukunft und Qualität des deutschen Films nicht aufkommen. Man genießt den Augenblick. Doch irgendwann werden die Zahlen einmal runter gehen. Vielleicht wäre es angebracht, dagegen schon im Vorfeld etwas zu tun. Zum Beispiel, indem man nicht die schon längst etablierten Stars, die leicht Millionen von irgendwelchen TV-Sendern loseisen können, auch noch mit fünf- bis sechsstelligen Preisgeldern überhäuft, sondern solches Geld an kleinere, unbekanntere, gewagtere Produktionen verteilt, um so dem deutschen Film neue Talente und vor allem neue Ideen zuzuführen. Aber wer daran ernsthaft zu glauben wagt, der kennt die Förderbedingungen in der Bundesrepublik schlecht.

„Auszeichnung und Ansporn zugleich“ solle der Filmpreis sein, betonte Stoiber. Ausgezeichnet und angespornt wurde Produzentenveteran Eberhard Junkersdorf, der früher einmal gegen Widerstände nicht zuletzt der CSU provokative Filme wie Schlöndorffs Katherina Blum produzierte. Solche Erinnerungen an alte Zeiten erinnerten auch daran, was heute fehlt.
Mit dem Regiepreis-Ansporn an Sönke Wortmann für „Der Campus" zeichnete man einen Film aus, der noch gar nicht in den Kinos läuft. „Quasi spiegelbildlich die Gesellschaft im allgemeinen und die 'Hochschulgesellschaft' im besonderen“ behandle der Film, hieß es in der Laudatio. Na dann. Immerhin hielt die Rede für den Ex-Fußball-Profi Wortmann der Ex-Löwen Torwart „Radi“ Radenkovic. Das war ein Lichtblick. Teilen mußte sich Wortmann freilich den Preis mit -mal wieder-: Joseph Vilsmaier, der für "Comedian Harmonists" ausgezeichnet und angespornt wurde.
Auszeichnung und Ansporn gab’s auch für Kai Wiesinger, Barbara Sukowa und Catherine Flemming. Michael Mendl (für "14 Tage lebenslänglich") war dann einmal ein Unbekannter, dann aber mit dem Musikpreis an Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz und Katja Riemann war man wieder unter sich. Auch die restlichen Preisträger bestätigten: bekannte Namen, bekannte Gesichter, viel Neues scheint sich nicht zu tun, und die Laudatoren in diesem Jahr waren meist Preisträger der beiden letzten.

Nun kann man sagen: Auch Hollywood ist eine große Familie. Und zumindest darin ähnelte man am Wochenende dem großen Vorbild, daß spätestens beim Filmball alle unter sich waren, wie bei Opis Geburtstag. Jetzt fehlen nur noch die Filme.

Rüdiger Suchsland

PS: Diese Woche werden sie sich schon wiedertreffen. Opi ist nämlich gestorben: DER Münchner Filmpoduzent Luggi Waldleitner starb in der Nacht vor der Filmpreisverleihung mit 84 Jahren. Die Gerüchte, daß beide Ereignisse in irgendeinem Zusammenhang stehen könnten, können wir nicht bestätigen.

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