Im Werkstattkino läuft diese Woche der
schönste Beweis für die Blödheit der Siebziger Jahre
Das Blöde an den Neunziger Jahren ist ja, daß so gut wie alles,
was in den Seventies so verbrochen wurde, gnadenlos
umeineanderrevivalt wird. Ich nenne hier nur als einziges Beispiel
diese gellend sinnentleerten Stelzenabsätze, mit denen unsere
Weiberwelt derzeit so häufig dahermarschiert. Daß es sich damals um
ein zutiefst verschnarchtes Jahrzehnt gehandelt hat, können
Erkenntniswillige derzeit recht anschaulich neu erfahren, wenn sie
nämlich ins wohl lehrreichste Cinematographentheater unserer Stadt
wandern und sich den Blaxploitation-Klassiker “Shaft³ ansehen. (
Werkstattkino Freitag bis Sonntag 23 Uhr )
Dieser Film galt wohl dereinst als der Inbegriff von coolem
Großstadtmovie, scharfe Klamotten, lässige Sprüche, hippe Musik,
eiskalte Burschen, feurige Maderln. “Wow³ hätte man damals wohl
gesagt. Oder “Irre³. Oder “Echt stark³. In heutigen Augen ist
dieser Ghetto-Thriller, der unsere greisen Vorfahren vormals in den
Bann zog, ein derart alberner, blutarmer Unfug, zäh sich
schleppend, logiklos, wirr und unwitzig, bis hin zum wolkig
absurden. - Wie konnte das Volk das nur ertragen ohne in lautesten
Spott auszubrechen? Gab¹s denn niemand der Halt schrie im
Kulturbetrieb, schwarze Emanzipationsbewegung hin oder her, der
darauf aufmerksam machte, daß die afroamerikanische Bevölkerung,
der die Welt ja weißgott alles Mögliche zu verdanken hat, in diesem
Fall knietief in der Gefahr schwebte, sich großflächlich lächerlich
zu machen. Schade, daß das Werkstattkino die Originalfassung zeigt,
sonst könnte man an diesem Film außerdem wunderbar wiedererleben,
wie die deutsche Synchronisation damals fürchterlich mit den
Originaltexten umging, schlimmer gar als heute. Die
Bud-Spencer-Stimme taucht bei circa drei verschiedenen Figuren auf,
wenn ich mich recht erinnere, und der schwarze Slang übersetzt für
die deutschen Grunzlautsprecher ist ein Fiasko für sich: Coole
schwarze Afro-Look-Träger, die in der Fix&Foxi-Sprache
brabbeln, es ist zum Heulen.
Aber auch bei der Normalversion läßt sich¹s nicht rütteln:
“Shaft³ ist ein echtes Kulturdenkmal, ein Eldorado für Freunde des
unfreiwilligen Humors, ein als Sieg gefeiertes Waterloo des
schwarzen Amerikas, ein genialer Riesenschmarrn, unversäumbar,
herausragend und überaus urks.
Er sei hiermit eindringlich empfohlen.
Richard Oehmann
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