RECHMANN: Na Willmann, schon AIR FORCE ONE
gesehen?
WILLMANN: Aber gewiß doch, Rechmann, da waren wir doch zusammen
drin. Haben Sie das schon verdrängt?
RECHMANN: Das muß es wohl sein.
WILLMANN: Ihr Glück möchte ich haben, Rechmann. Noch immer
überlege ich, ob man den Verleih wegen seelischer Grausamkeit
verklagen kann ... oder Wolfgang Petersen ... oder Harrison
Ford.
RECHMANN: Was war denn so schlimm, Willmann?
WILLMANN: Alles, Rechmann, alles war sooo schlimm! Daß Sie sich
daran nicht erinnern können ?!
RECHMANN: Vage dämmerts mir - war das nicht die Geschichte mit
der von bösen Russen entführten Präsidentenmaschine? Herr Petersen
dreht AIRPORT 97? Harrison Ford als PASSENGER 57? Mr. President
STIRBt LANGSAM?
WILLMANN: Schön wär's, doch dieser Präsident stirbt gar nicht. Im
Gegenteil: Er lebt! Und er ballert sich heldenhaft in die Herzen
der amerikanischen Wählerschaft. Im Alleingang hält er die Rückkehr
des Kommunismus auf und rettet Frau, Kind und Sekretärin aus den
Klauen von Gary Oldman.
RECHMANN: Der Präsident überlebt, aber waren da nicht diese
vielen kleinen Rollen, die alle im Heldentod enden? Waren wir davon
nicht jedesmal 2 Sekunden lang ganz ergriffen und haben dabei
gelernt: dem Bösen darf man sich nicht beugen; dann lieber, "my
country, right or wrong", ehrenvoll dahinscheiden?
WILLMANN: Jetzt erinnern Sie sich wieder, Rechmann, Sie Armer;
tut's weh?
RECHMANN: Jaaaaah, und wo Sie "wehtun" sagen, fällt mir auch
wieder der Gesichtsausdruck von Harrison Ford ein, der ständig
rumläuft, als habe er ein Blasenleiden oder arg schlimmes
Bauchweh.
WILLMANN: Kein Wunder, wo er doch in einem solch
grottenschlechten Film mitspielen muß und dabei auch noch die
dämlichste Frisur seiner Karriere aufhat.
RECHMANN: Aber Willmann, er wurde, so liest man, doch reichlich
entlohnt mit $ 20 Mio. für seine Mühen; kein schlechter
Tagessatz.
WILLMANN: Mag sein, aber mit weit weniger Einsatz zu seinem Geld
gekommen ist Herr Prochnow, in der Rolle des wiedererwachenden
Kommunismus. Ganze zwei Minuten muß er einen Gang entlangstiefeln,
um dann fünf Schritte vor der Weltherrschaft in den Rücken
geschossen zu werden.
RECHMANN: Uuuups, Willmann, jetzt haben Sie das Ende
verraten!
WILLMANN: Stimmt ja gar nicht, weil danach Präsident und Familie
noch den Verräter in den eigenen Reihen erlegen und in letzter
Sekunde aus dem abstürzenden Flugzeug entkommen.
RECHMANN: Ach ja, richtig, das ist die Szene mit den tollen,
computergenerierten Special Effects. - Gestern noch auf Ihrem
Nintendo und heute schon auf der großen Leinwand! Ich war sooo
beeindruckt! Bloß den Reset-Knopf hab ich nicht gefunden.
WILLMANN: Den hab ich mir auch herbeigesehnt. Und zwar mit jeder
Sekunde, die dieses dumpf-patriotische Machwerk sich in blindem
Aktionismus voranquälte immer mehr.
RECHMANN: Das schlimme aber ist nicht, daß der Film unsäglich
ist, sondern, daß er dabei so erfolgreich den Geschmack der Masse
zu treffen scheint.
WILLMANN: Da wundert es nicht, daß Wolfgang Petersen als einer
der wenigen Regisseure in Hollywood das vertragliche Recht auf den
Final Cut hat. Denn bei ihm besteht nicht die geringste Gefahr, daß
auch nur eine einzige Einstellung anders aussieht als wenn der
Studiobuchhalter höchstpersönlich die Gesamtleitung übernommen
hätte.
RECHMANN: Bei allem Populismus hat er es aber versäumt, einen
Titel zu wählen, den auch in Deutschland jeder ohne weitere
Erklärung versteht.
WILLMANN: Und sich die Leute nicht wundern, ob EIERKRAFT EINS
etwas mit BALLERMANN 6 zu tun hat. Vielleicht sollte man wenigstens
noch einen aussagekräftigen Untertitel einführen.
RECHMANN: Wie wär's denn mit "AIR FORCE ONE - Wenn Dummheit von
der Leinwand trieft"?
WILLMANN: Perfekt, Rechmann, Perfekt.
Rechmann und
Willmann
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