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Salomon von der Hypobank
Der Hypo-Regie-Förderpreis

  17.07.1997
 
 
 
 

"Man entwickelt sich immer weiter - auch in München."
(Herbert Achternbusch, "Picasso in München")
"München ist gar nicht so schlecht"
(Rolf Peter Kahl, Hauptdarsteller von "Sylvester Countdown")

Wem wirft man 60 000 Mark in den Rachen, wenn es darum geht den deutschen Film zu fördern? Soll man derzeit noch den Mut zum Kommerz oder schon wieder den Mut zur Kunst unterstützen? Der Hypo-Regie-Förderpreis ist in den letzten Jahren nicht immer so leichtfertig an die glanzvollsten Gestalten verschmissen worden wie beispielsweise der plumpe bayerische Filmpreis, auch wenn die Riege der Geehrten in gleichem Maße mit Rohrkrepierern bestückt ist.
Ausschließlich Männer waren's bisher, die vom Münchner Filmfest die hilfreiche Kohle mit nach Hause nahmen. Die einzige aussichtsreiche Kandidatin Caroline Link ist letztes Jahr mit ihrem "Jenseits der Stille" zugunsten von Volker Einrauchs "Die Mutter des Killers" übergangen worden, obwohl schon 1996 eine Idee angebracht gewesen wäre, die in diesem Jahr ihre Umsetzung fand: Das Geld wurde aufgeteilt. Die eine Hälfte ging an Martin Walz für "Liebe Lügen", die andere an Oskar Roehler für "Sylvester Countdown".
Ob ihrer Weisheit und ihres Geschmackssinnes ist die Jury hier mal ausdrücklich zu loben, denn die Entscheidung war ein blitzgscheiter Kompromiß.

"Liebe Lügen" ist ein kleines, einfaches Seemannsmärchen, leicht bekömmlich, latent bösartig und schön zu schauen. Ben (Bernd Michael Lade) entstammt einer Seemannsfamilie, fristet sein dasein aber als Wachmann beim Pfandhaus, denn ihn plagt eine unheilbare Seekrankheit. Die liderliche Marie (Meret Becker), angestachelt vom fiesen Jack, ihrem Stecher, macht sich an Ben heran, um ihn zu einem Geldraub zu überreden. Die Liebe kommt da erwartungsgemäß in die Quere, die Bösen haben am Ende das Nachsehen und der unbeholfene Seemannssohn kann endlich auch zur See fahren, denn freilich heilen ihn Maries Küsse von seinem Leiden.

Hausbackenes also, zugegebenermaßen. Martin Walz begnügt sich vollauf mit der selten gezeigten Hafenwelt und der nordischen Spielart der Kriminalkomödie. Vielen deutschen Filmen täte es wohl, wenn sie ebenso wie "Liebe Lügen" vom Drange befreit wären, das ultimative Top-Genre-Werk des Jahres zu sein. Dabei kommen nur Baukasten-Movies wie "Knockin on Heaven's Door" heraus. Wenn wir schon einen Aufschwung deutscher Filmwirtschaft erleben, dann sollten wir uns auch mal darauf besinnen, daß es auch in goldenen Kinozeiten kleine Filme gegeben hat.

Oskar Roehler reduziert den Inhalt seines Filmes "Sylvester Countdown" absichtsvoll in einen noch engeren Rahmen. Sein Thema ist der Kleinkrieg innerhalb einer Beziehung. Marie Zielcke und Rolf Peter Kahl spielen ein Pärchen im Dauerclinch, sie lieben sich und halten sich dennoch nicht aus. Zärtlichkeit, Gleichgültigkeit, Haß, Geilheit, Verletzlichkeit, die ganze Gefühlspallette wird aufgebracht in diesem Entstadium einer anstrengenden Liebe. Eher beiläufig erfolgt schließlich die Trennung nach diesem qualvollen Hin und Her.
Seinen Zuschauer gönnt Roehler keine gefälligen Nebenmotive, auch treten kaum Nebenfiguren auf. Die Konzentration auf die Rangeleien der beiden Liebenden läßt dennoch keinerlei Langeweile aufkommen, und eben darin liegt die Leistung in "Sylvester Countdown", daß er trotz seiner thematischen Beschränkung nicht ins Geschwätzige abrutscht. Auch entzieht sich der Film durch seine Mischung aus Drama, Kammerspiel und Komödie jeder Etikettierung. Die Direktheit mit der sexuelle Handlungen dargestellt werden und die Beharrlichkeit, mit der der Regisseur seinen Blick auf dem immergleichen Konflikt ruhen läßt, dürfte ihm zudem den Zugang zum großen Publikum verwehren. Doch gerade das Bestreben seiner Kollegen, es allen recht und dazu noch Kohle zu machen, treibt unsereins ja in letzter Zeit verstärkt in die Nachbarkinos, wo die Amis ihre virtuose Hausmannskost darreichen oder die Franzosen ihre schönen Weiber zur Schau stellen.

Richy Oehmann

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