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Die Story von Monty Spinnerratz
...oder wie die Augsburger Puppenkiste nach Amerika kam

  13.03.1997
 
 
 
 

Rechmann: Na, Willmann, schon gehört, daß die Augsburger Puppenkiste einen Kinofilm gemacht hat?
Willmann: Nicht nur gehört, Rechmann, sondern sogar schon gesehen!
Rechmann: Natürlich, - waren wir ja zusammen drin..
Willmann: Erinnern Sie mich nicht daran.
Rechmann: Und was bedeutet das jetzt für Sie, Willmann, groß geworden im Lummerland?
Willmann: Ein weiteres Zeichen dafür, daß das Ende naht; und für Sie, Rechmann?
Rechmann: Nun, zuerst einmal hab ich mich ja gefreut, aber dann war da einfach keine Insel mit zwei Bergen...
Willmann: ...richtig, sondern New York...
Rechmann: ... und das auch noch als Realkulisse...
Willmann: ... und mit echten Schauspielern, die chargieren, als nahte das Ende.
Rechmann: Und noch störender als die Mischung Puppen und Schauspieler, sind die sonderbaren Computereffekte, die so gar nicht zu den hölzernen, an sichtbaren Fäden hängenden Marionetten passen wollen.
Willmann: Was soll man viel sagen, außer: echtes Wasser statt wabernder Plastikfolie.
Rechmann: Ja, furchtbar; wie damals, bei meinem ersten Urlaub am Meer, als ich enttäuscht das dreckige Naß betrachtete und mich nach dem ‘echten’ Ozean aus der Puppenkiste sehnte.
Willmann: Ja, damals, ’68... .
Rechmann: Soll aber jetzt nicht so klingen, als ob hier zwei alte Säcke über den Untergang des Abendlandes lamentieren...
Willmann: ...aber es wäre schon viel leichter zu akzeptieren, daß man sich für diesen Film von der gewohnten Puppenkistenästhetik entfernt, wenn wenigstens die Story funktionieren würde..
Rechmann: Ach ja, die Story - Lassen Sie uns kurz zusammenfassen:

In der Kanalisation unter New York leben - wer hätte das gedacht - fröhliche Ratten. Aber im Hafenviertel wird die Idylle gestört: der böse Spekulant Dollart will hier ein riesiges Parkhaus errichten und versprüht deshalb extrastarkes Rattengift. Der junge Außenseiter Monty Spinnerratz erweist sich als die letzte Hoffnung der Ratten. Doch bevor es zum Happy End im Central Park kommt, sind für Monty viele Abenteuer zu bestehen, die ihn der schönen (?) Isabella Nobelratz näher bringen, zum Kunsthandel mit einer menschlichen Galeristin führen, mystische Muscheln an ihren mystischen Bestimmungsort zurückkehren lassen, und vieles Weiteres mehr...

Willmann: ...was ja ganz nett, spannend und phantasievoll klingt, im Film aber nur konfus und beliebig wirkt.
Rechmann: Genau! Der ganze Film weiß nicht so recht, wo er hin will; mal sind 100.000 Dollar die angestrebte Lösung der Ratten-Probleme, mal eine heilsame Wunderpflanze; mal scheint die Gefahr vom Gift, mal vom steigenden Abwasser auszugehen, etc.
Willmann: Und da der Film sich auch nicht so recht entscheiden kann, was seine Moral sein soll, bekommen wir gegen Ende 20 Minuten lang eine Predigt nach der anderen.

Rechmann: Aber es gibt natürlich auch positive Aspekte zu vermerken. So werden sich z.B. alle Kids ganz besonders freuen, daß in einer menschlichen Hauptrolle Lauren Hutton zu sehen ist - wer im Alter von 6 liebt nicht AMERICAN GIGOLO oder GATOR ...
Willmann: ... Ja, Rechmann, ich bin sicher, daß die amerikanischen Kinder ganz begeistert sein werden von der idyllischen Darstellung des New Yorker Hafenviertels und in Zukunft zu hunderten ihren Zeltlagerurlaub in dieser romantischen Umgebung verbringen wollen.
Rechmann: Bestimmt Willmann, bestimmt.
Willmann: Vielleicht wird der Film ja trotz unserer Unkenrufe ein großer Erfolg, und dann dürfen wir uns auf die Fortsetzung freuen...
Rechmann: ... in der hoffentlich das wundersame Verschwinden von 150.000 Dollar in den Taschen des Rattenpräsidenten von einem Untersuchungsausschuß aufgeklärt werden wird.

Christian Rechmann und Thomas Willmann

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