Trumbo

USA 2015 · 125 min. · FSK: ab 6
Regie: Jay Roach
Drehbuch:
Kamera: Jim Denault
Darsteller: Bryan Cranston, Diane Lane, Helen Mirren, Louis C.K., Elle Fanning u.a.
Nur ein Klischee der McCarthy-Ära?

Persona non grata

Das Kino als Massen­me­dium hat poli­ti­sches Gewicht. Es vermit­telt Ideo­lo­gien und spiegelt gesell­schaft­liche Verhält­nisse, weshalb der Staat die Wirkung des Lein­wand­schaf­fens manchmal fürchtet. Wie weit die Angst vor einer Beein­flus­sung der Bürger reichen kann, verrät ein Blick auf die McCarthy-Ära in den 1940er und 1950er Jahren, die durch einen aggres­siven Anti­kom­mu­nismus und wilde Verschwö­rungs­theo­rien gekenn­zeichnet war. Nach dem Ende des Zweiten Welt­kriegs breitete sich in den USA ein Klima der Verun­si­che­rung aus, in dem alles verteu­felt wurde, was irgendwie nach linkem Denken roch. Auch Hollywood geriet ins Visier der Kommu­nis­ten­jäger, die eine schwarze Liste von verdäch­tigen Personen aus der Branche anfer­tigten und einige Betrof­fene vor das Komitee für uname­ri­ka­ni­sche Umtriebe (House Un-American Activi­ties Committee oder kurz HUAC) zitierten. Wer dort seine Aussage verwei­gerte, musste mit dras­ti­schen Konse­quenzen rechnen.

Berühmt­heit erlangten in diesem Zusam­men­hang die soge­nannten »Hollywood Ten«. Zehn Film­schaf­fende, die sich nicht über Mitglied­schaften in der Kommu­nis­ti­schen Partei äußern wollten und daraufhin zu Haft­strafen verur­teilt wurden. Unter ihnen befand sich auch der Dreh­buch­autor Dalton Trumbo, dessen Schicksal Jay Roach (Meine Braut, ihr Vater und ich) in einem sorg­fältig ausge­stat­teten Biopic nach­zu­zeichnen versucht. Breaking Bad-Star Bryan Cranston schlüpfte dafür in die Rolle des stand­haften Schrei­ber­lings und füllt diese mit Verve und Charisma aus. Bei der Oscar-Verlei­hung 2016 musste er sich jedoch, wie erwartet, Leonardo DiCaprio (ausge­zeichnet für The Revenant) geschlagen geben.

Trumbo bietet einen Blick durch das Schlüs­sel­loch der Film­in­dus­trie und schaut auf ein finsteres Kapitel der Traum­fa­brik, mit dem heute nur noch wenige Kino­gänger vertraut sein dürften. Spannend ist vor allem, wie Roach in der ersten Hälfte Archiv­ma­te­rial mit nach­ge­stellten Szenen in Schwarz-Weiß verbindet und seiner Film­bio­grafie so einen authen­ti­schen Anstrich verleiht. Packend-unter­halt­same Einzel­mo­mente gibt es immer wieder zu bestaunen. Etwa wenn der eloquente Prot­ago­nist den stramm-reak­ti­onären Patrioten John Wayne (David James Elliott) bei einem Wort­ge­fecht auflaufen lässt oder aber John Goodman als unbe­stech­li­cher B-Movie-Produzent hemmungslos aus der Haut fahren darf. Einen blei­benden Eindruck hinter­lässt nicht zuletzt die einfluss­reiche Hollywood-Kolum­nistin Hedda Hopper (wunderbar biestig: Helen Mirren), die unun­ter­bro­chen Stimmung gegen vermeint­liche Kommu­nisten macht und sich für Berufs­ver­bote einsetzt.

Die Figur der Klatsch­jour­na­listin legt aller­dings auch den bisweilen unbe­frie­di­genden Umgang des Films mit seinem Thema offen. In den meisten Fällen sind die Fronten klar abge­steckt. Und häufig siegen Verein­fa­chungen über genaue Beob­ach­tungen. Deut­li­cher hätten Roach und Dreh­buch­autor John McNamara beispiels­weise den Leidens­druck des Titel­helden heraus­ar­beiten können, der nach seiner Haft­ent­las­sung lange Jahre nur im Geheimen und unter Pseudonym weiter­schreiben konnte. Zwei der in dieser Zeit entstan­denen Werke – Ein Herz und eine Krone und Roter Staub – erhielten einen Oscar. Als Drehbuch-Mitur­heber wurde Trumbo aber erst viel später anerkannt.

Unter­ent­wi­ckelt fühlen sich auch die Szenen an, in denen der Film die Auswir­kungen der Hexenjagd auf das Fami­li­en­leben darstellt. Trumbos Ehefrau Cleo (Diane Lane) ist eine blasse Randfigur, die bloß Stich­worte und zaghafte Zweifel einwerfen darf. Und die Diskus­sionen mit seiner Tochter Niki (Elle Fanning) reizen das Konflikt­po­ten­zial, das seine Arbeitswut nach dem Gefäng­nis­auf­ent­halt erzeugt, leider nie richtig aus. Rundum enttäu­schend ist Trumbo sicher nicht. Und doch müssen sich Roach und seine Mitstreiter vorwerfen lassen, dass sie die hoch­span­nende Lebens­ge­schichte ihres Titel­helden etwas zu gefällig aufbe­reitet haben. Die Exis­tenz­angst, unter der die damals verfolgten Filme­ma­cher litten, war jeden­falls um einiges größer, als es das recht konven­tio­nelle Biopic vermit­telt.