USA 2009 · 101 min. · FSK: ab 16 Regie: Nelson McCormick Drehbuch: J.S. Cardone, Donald E. Westlake Kamera: Patrick Cady Darsteller: Dylan Walsh, Sela Ward, Penn Badgley, Amber Heard, Sherry Stringfield u.a. |
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Ödipus schlägt jetzt gleich zu |
Die tiefsten Abgründe lauern zuhause, am scheinbar geborgensten, privatesten Ort: Immer wieder erkundet das Kino neu das Terrain der Familie als »Terrorzusammenhang« (Alexander Kluge): Manchmal fand sich gar »der Feind in meinem Bett«, dann wieder die Gefahr in einer »Fatal Attraction«, gelegentlich lag die ultimative Bedrohung in den eigenen Kindern (in z.B. Das Omen). Mütter (Psycho) und Väter (Das Fest), aber auch Hausdamen, Nannys und Babysitter erwiesen sich auf der Leinwand als noch weitaus gefährlicher als alle Gärtner dieser Welt, die doch angeblich »immer der Mörder« sind – aber vielleicht nur die der Rabatten.
Auch die »böse Stiefmutter« ist spätestens seit Grimms Märchen ein eigener Topos. In Nelson McCormicks Remake eines in den USA 1987 erfolgreichen Horror-Thrillers, der bei uns nur in den Videotheken erhältlich war, ist es nun ein Stiefvater, der zur Bedrohung für eine ganze Familie wird – das erhöht die Gefahr noch, denn ein Mann braucht noch nicht mal List, Tücke und zur Not ein wenig Gift, um seine Liebsten um die Ecke zu bringen, ihm reicht im Zweifelsfall schon bloße Körperkraft.
Im Zentrum des Films steht ein Mann, dessen übertrieben perfektionistische Vorstellungen familiärer Idylle derart pathologisch geworden sind, dass jede – andererseits geradezu naturgemäß einsetzende – Enttäuschung seiner übersteigerten Ansprüche zur Folge hat, dass er daraufhin seine Familie niedermetzelt, und sich eine andere alleinstehende Frau mit Kindern sucht, um sein perverses soziales Experiment aufs Neue zu probieren.
Der Film beginnt mit David, dem Schurken: Vor dem Spiegel wäscht und kleidet er sich, verändert Augenfarbe und Aussehen, und das Publikum begreift allmählich: Dieser äußerlich makellose, ordentliche, ja: pedantische Herr hat soeben seine Frau und deren drei Kinder abgeschlachtet. Dylan Walsh gibt dieser Figur von Anfang an viel böse Nettigkeit und abgründige Eiseskälte. Es dauert nicht lang, da hat er ein neues Opfer ausgespäht, die allzu vertrauensselige Susan (Sela Ward). In diesem Fall nun schöpft allerdings deren älterer Sohn schnell Verdacht, und kommt dem bösen Stiefvater auf die Schliche – dies ist dann nur der Anfang einer harten Konfrontation.
Der Film mischt mit diesem Szenario verschiedene Motive: Einerseits ist dies ohne Frage auch eine Satire über bürgerliche Familienideale, und die Vorstellung einer perfekten Familie – die ja in der Praxis fast nie die theoretischen Idealvorgaben erfüllt. Insofern hat der Film in den Wochen nach Weihnachten den perfekten Starttermin, besitzt doch auch das »Fest der Liebe« die Tendenz, in nur wenigen Tagen in der Druckkammer des Wohnzimmers höchst explosive Gemische zu formen. Nicht weniger mokiert sich Stepfather auch über die Einsamkeit älterer Frauen, die, so wird jedenfalls nahegelegt, auf jeden schmierigen und fiesen Typen hereinfallen, so er nur bestimmte »Grundbedürfnisse« erfüllt. Zugleich ist Stepfather ein klassisches Exemplar des »Intruder«-Genres, jener Filme, in denen ein Eindringling einen sozialen Zusammenhang durcheinander bringt und dafür oft bestraft wird.
Im Zentrum illustriert der Film hier unter der Handlungsoberfläche allerdings offenkundig den guten alten Ödipus-Komplex: Wie bereits in der antiken Tragödie erwächst hier einem jungen, gerade im Militär »zum Mann gewordenen« Burschen durch einen Älteren Konkurrenz. Beide buhlen um die Gunst der Mutter, und der Sohn bringt den Vater um – da dieser auch noch »Stief-« ist und den Tod »verdient« geschieht in diesem Fall alles gewissermaßen stellvertretend für den natürlichen Papa. Eine sehr archetypische, klassische und recht konservative Story also, gut verborgen in der Hülle eines konventionellen, also eher plumpen Horrorfilms.