The Rite – Das Ritual

The Rite

USA 2011 · 113 min. · FSK: ab 16
Regie: Mikael Håfström
Drehbuch:
Kamera: Ben Davis
Darsteller: Anthony Hopkins, Colin O'Donoghue, Alice Braga, Ciarán Hinds, Rutger Hauer u.a.
Der Glaube steht ihm gut

Immer Ärger mit Satan

Hundert Namen hat der Teufel – Beelzebub, Leviathan, Baal – und tausend Gestalten: Als Pferd mit rotglühenden Augen sieht man ihn in diesem Film, und als hundert kleine Kröten; man hört seine Stimme aus dem Mund von Besess­senen – Hokus­pokus ist das für die, die nicht glauben, für Agnos­tiker. Fürs Kino aber ist es ein gefun­denes Fressen. Es muss sich nicht entscheiden zwischen philo­so­phi­schen Debatten um Gottes­be­weise, und theo­lo­gi­schen Diskursen über die Natur des Bösen, ihm genügt die sinnliche Gewiss­heit: Wahr ist, was auf der Leinwand zu sehen ist. Und da war, vom Exorzist bis zum Omen immer schon viel zu sehen.
Ausge­rechnet das Kino des protes­tan­ti­schen Amerika zeigt sich seit jeher besonders vom Katho­li­zismus faszi­niert. Weit über die Filme der Italo­ame­ri­kaner Coppola und Scorsese hinaus geht es hier immer wieder auch um die Rituale der katho­li­schen Kirche, um Blut und Weih­wasser, Tränen und Kruzifixe, um Engel und Dämonen, das Kino sichtbar macht – als ginge es um ein sinnlich-sattes Gegen­ge­wicht zur puri­ta­ni­schen Bilder­karg­heit. Fast schon ein eigenes Genre sind da die Exorzist-Filme. Den ersten, einen Welter­folg, drehte William Friedkin 1973. Einmal spielt
The Rite ganz offen auf ihn an: »Was erwartest du?«, fragt da der irische Priester Lucas, den in diesem Film Anthony Hopkins spielt, – »Erbsen­suppe und Spin­nen­gang«. Mit ihrem spin­nen­ar­tigen Gang und ekeligem grünen Brei, der ihr aus dem Mund floss, wurde Linda Blair in Friedkins Film einst berühmt als »Besessene«.
In The Rite von Mikael Håfström (Zimmer 1408) stehen dagegen eindeutig die Priester im Zentrum und ihre Probleme mit dem Teufel. Besonders Michael (Colin O’Donoghue). Leichen pflastern schon in jungen Jahren seinen Weg: »In meiner Familie wird man Leichen­be­statter oder Priester, das war’s« erklärt er einem Freund. Schon als Kind hat er von seinem Vater (Rutger Hauer) gelernt, wie man Tote präpa­riert, und so sieht man ihn am Anfang im väter­li­chen Bestat­tungs­be­trieb in einer kleinen US-Klein­stadt. Viel­leicht liegt es an einem trau­ma­ti­schen Kind­heits­er­lebnis, dem Tag, als er mit dem Vater seine eigene Mutter zu Grabe tragen musste, dass er sich für die andere Möglich­keit beschließt, und am Pries­ter­se­minar studiert. Doch dann zieht er sein Pries­ter­ge­such zurück: »aus Mangel an Glauben«. Welch ein Glück, dass ihn der treu­sor­gende »Father Mattheus« – sie heißen hier alle nach Evan­ge­listen – sieht, wie er nach einem schweren Unfall einer Ster­benden die Sakra­mente gibt: »Ich sehe Deine Berufung.« Und glück­li­cher­weise gibt es »ein neues Programm des Vatikan«, eine Art Sonder­ein­satz­truppe, die es mit den Dämonen, den »Fußsol­daten Satans« aufnimmt. Zwei Monate lernt Michael in der Ewigen Stadt bei Jesuiten-Patern die Wissen­schaft vom Teufel. Als er immer noch zweifelt, wird er zu »Father Lucas« geschickt, und kaum ist er da – »Wenn man vom Teufel spricht...« – klingelt es an der Tür: Eine Anwe­sen­heit, eine Besessene und es wird nicht der Letzte sein: Schlag auf Schlag versucht der Teufel seine Existenz unter Beweis zu stellen und verdirbt den Priestern ein wenig das bislang so angenehme Leben in Rom, in alten Häusern, unter Kunst und Katzen, zu Weih­rauch­düften.

In seiner letzten halben Stunde wird der insgesamt sehens­werte Film, der als sehr eleganter Myste­ry­thriller begann, mehr und mehr zu einem Teufels­hor­ror­film. Immer wieder mit schönen Szenen, besonders, wenn Hopkins hinter der Fassade des freund­li­chen Exor­zisten, der selbst kurz vom Teufel über­wäl­tigt wird, seinen Auftritt als »Hannibal Lecter« hervor­blitzen lässt. Sogar die islän­di­sche Asche­wolke kommt später vor, es fällt Schnee in Rom, und Michael, der einen Vater verliert, um zwei neue zu gewinnen, erkennt: »Wenn ich an dich glaube, glaube ich auch an Gott.« Das könnte man nun nicht nur über den Teufel, sondern erst recht über das Kino sagen, und in diesem Sinne ist jeder Kino­gänger ein Gläubiger. Und man kann mit Lucas/ Hopkins schließen: »Ich finde, der Glaube steht ihm gut.«