Jazzclub – Der frühe Vogel fängt den Wurm

Deutschland 2004 · 84 min. · FSK: ab 0
Regie: Helge Schneider
Drehbuch: ,
Kamera: Voxi Bärenklau
Darsteller: Helge Schneider, Jimmy Woode, Pete York, Susanne Bredehöft u.a.
Helge Schneider

Viel­leicht sollte man es gar nicht verraten. Aber irgend­wann fliegt der Bluff sowieso auf: Helge Schneider, meist als alberner Spaß­ma­cher ange­priesen, ist einer der großen Künstler dieser Republik. Dass er ein fabel­hafter Jazzer ist, hat sich ja schon rumge­spro­chen. Und Cineasten ließ schon Praxis Dr. Hasenbein ahnen, dass er als Filme­ma­cher was weiß von frühem Kino und europäi­schem Auto­ren­film.

Beim ersten Film, über den er volle kreative Kontrolle hatte, wird’s unüber­sehbar. Nicht nur, weil Schneider (einst Kino­pi­anist!) eine richtige kleine, hinreißende Stummfilm-Sequenz eingebaut hat. Der Film hat auch sonst mit Achtern­busch oder Antonioni tausendmal mehr am Hut als mit dem Gegacker und Geacker des deutschen »Comedy«-Betriebes.

Freilich ist er auch hoch­gra­digst lustig – sein verquerer Humor ist aus Helges Lebens­ge­fühl nicht wegzu­denken. Aber wie sein uner­schüt­ter­lich gutmü­tiger Held Teddy Schuh mit unzäh­ligen Minijobs jongliert, während alle andern immer nur spazie­ren­gehen, schlafen und teetrinken zu scheinen, nur damit er abends brotlosen Jazz spielen kann, den keiner hören will – wie er als Callboy dicke Haus­frauen beglückt, Rentnern Simmel vorliest, Fische verkauft und im strö­menden Frühmorgen-Regen patsch­nasse Zeitungen austrägt: Das hat was vom großen Kampf der kleinen Kreatur. (Sämtliche Hirn­re­gionen des Menschen laut Helge: »Kucken, Kacken, Packen, Picken«.)

Jazzclub ist ein unglaub­lich relaxeder Film, der die Dinge mit Ruhe und Liebe beob­achtet. Welch anderer deutscher Streifen hätte je mehr Jazz-Feeling verströmt? Und alles ist so schön hand­ge­zim­mert und leicht angeranzt: Ein perfektes »Nein« zur durch­de­signten Welt. Dazu mit seinem authen­ti­schen, etwas melan­cho­li­schen Bild von Helges Heimat Mülheim auch einer der schönsten Filme über Provinz. Auch wenn’s keiner glauben wird: Im deutschen Nach­kriegs­kino gibt’s wenig, was mit Jazzclub mithalten könnte.