Im Juli

Deutschland 2000 · 100 min. · FSK: ab 12
Regie: Fatih Akin
Drehbuch:
Kamera: Pierre Aïm
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Christiane Paul, Mehmet Kurtulus, Idil Üner u.a.
On the Road zum Happyend

Fatih Akin, der vor zwei Jahren durch Kurz und schmerzlos, einem einfühl­samen Gangs­ter­film aus dem deutsch-türki­schen Milieu von Hamburg auf sich aufmerksam machte, ist jetzt beim Main­stream-Unter­hal­tungs­kino ange­kommen. Mit seiner Mischung aus Roadmovie und Bezie­hungs­komödie plus einer dicken, schwarzen Limousine mit Leiche im Koffer­raum wirkt Im Juli wie ein Medley deutscher Erfolgs­komö­dien der letzten fünf Jahre. Dazu hat sich Akin die üblichen Haupt­dar­steller gesucht: Moritz Bleibtreu und Chris­tiane Paul.

Die »flippige« Juli arbeitet als Schmuck­ver­käu­ferin an einem Markt­stand in Hamburg. Sie hat sich ausge­rechnet in Daniel, den welt­fremden Physik­re­fe­rendar, verguckt, der täglich an ihrem Stand vorbei stolpert. Sie prophe­zeit ihm, daß ein Sonnen­symbol ihn bald zu seiner Traumfrau führen werde, und drückt ihm einen Flyer für eine Party in die Hand. Abends zieht Juli ihr T-Shirt mit der großen Sonne auf der Brust an und geht zur Party – 5 Minuten zu spät. Daniel hat schon eine Sonne gefunden, bei Melek. Melek muß am nächsten Morgen nach Istanbul fliegen. Bis dahin streifen sie und Daniel durch Hamburg. Kaum ist Melek abge­flogen, kennt Daniel nur noch ein Ziel: Melek wieder­sehen. Die einzige Chance: In einer Woche will sie an der Bospo­rus­brücke in Istanbul sein. Also auf nach Istanbul. Juli ist mitt­ler­weile fertig mit der Welt. Per Anhalter will sie weg aus Hamburg. Egal wohin. Der erste Fahrer der hält ist – wir befinden uns in einer Komödie – Daniel. Doch das Auto gibt schon in Bayern seinen Geist auf. Per Anhalter, Schiff und Auto­dieb­stahl versuchen die beiden sich jetzt nach Istanbul durch­zu­schlagen, werden getrennt und wieder­ver­ei­nigt. Er sieht in ihr den guten Kumpel, während sie immer noch hofft ihn rumzu­kreigen. Irgend­wann strandet er schließ­lich seines Geldes, seiner Papiere und seiner Existenz beraubt, mutter­see­len­al­lein auf einem sonnen­ver­brannten Feld in Bulgarien...

Alle Figuren scheinen einem Typen­ka­talog für Fern­seh­se­rien entnommen zu sein. So erlaubt der Film den beiden Haupt­dar­stel­lern nicht, ihr Können zu entfalten und den Figuren Tiefe zu geben. Oft wird ihnen von den Neben­dar­stel­lern, allen voran Branka Katic, die Schau gestohlen. Deren Figuren haben auch nicht mehr Tiefe, aber sie dürfen ihre »Type« hemmungs­loser ausspielen. Wer sich treff­si­chere Millieu­schil­de­rungen wie in Kurz und schmerzlos erhofft, wird also enttäuscht. Selbst Istanbul wird zum austausch­baren Post­kar­ten­motiv degra­diert. Die Reise könnte genau so gut nach Moskau, Palermo oder zum Nordkap gehen. Lediglich einige Szenen mit Melek in Hamburg – insbe­son­dere, wenn sie am Elbufer musiziert – durch­bre­chen die glatt lackierte Ober­fläche. Sie haben die Kraft und den rauhen Charme von Akins vorigem Film, wirken in Im Juli aber seltsam depla­ziert.

Trotzdem, Akin versteht sein Handwerk. Der Film ist gekonnt insze­niert. Auch wenn spätes­tens nach 20 Minuten jedem Zuschauer klar ist, daß es das genre­ty­pi­sche Ende geben wird, ergeben sich entlang der Reise genügend Über­ra­schungen und plot twists, um das Interesse wach­zu­halten. Platte Gags werden vermieden. Und am wich­tigsten: Das Timing stimmt perfekt. Das Resultat ist eine luftig-leichte Sommer­komödie, die es schafft, die Zuschauer über 110 Minuten gut zu unter­halten.