Ich habe sie geliebt

Je l'aimais

Frankreich/I/B 2009 · 115 min. · FSK: ab 6
Regie: Zabou Breitman
Drehbuchvorlage: Anna Gavalda
Drehbuch: ,
Kamera: Michel Amathieu
Darsteller: Daniel Auteuil, Marie-Josée Croze, Florence Loiret-Caille, Christiane Millet u.a.
Verpasstes Leben: Die Geliebte

27. Filmfest München 2009

Liebestragik, Lebensbequemlichkeit

Ich habe sie geliebt – Dieser nüchterne Titel steht für ein klares Statement. Und doch hat sich Pierre (Daniel Auteuil), Fami­li­en­vater und erfolg­rei­cher Geschäfts­mann, nie zur Liebe seines Lebens bekannt. Zabou Breitmann, zuletzt vor der Kamera zu sehen als Mutter und Ehefrau in der Midlife­crisis im erfolg­rei­chen fran­zö­si­schen Fami­li­en­film C'est la vie, gelingt als Regis­seurin ihres dritten Spiel­films ein nicht weniger berüh­rendes Liebes­drama. Genauer gesagt erzählt sie uns in Je l’aimais gleich zwei unglück­liche Liebes­ge­schichten und entführt uns in die tiefen Gefühls­welten uner­füllter Liebe.

Zunächst ist da Chloé (Florence Loiret), Mutter zweier kleiner Mädchen, frisch sitzen­ge­lassen vom Ehemann und Vater ihrer Töchter. Ausge­rechnet Pierre, der Vater des Untreuen, nimmt sich der trau­ma­ti­sierten Frau an und begleitet sie ins Fami­li­en­chalet in die Berge, wo sie sich von der Trennung erholen soll. Chloés Kummer und Gefühls­aus­brüche rufen in dem sonst wort­kargen Mann lange zurück­lie­gende Gefühle hervor und bringen ihn zum Reden. Er erzählt nun erstmals die Geschichte seiner großen Liebe und das Geheimnis seines Lebens. Hier baut Breitman die zweite, den Film domi­nie­rende Geschichte auf. Pierre traf einst Mathilde (Marie-Josée Croze), mit der ihn eine leiden­schaft­liche Liebe verband, für die er aber nicht in der Lage war, sein geord­netes Familien- und Gesell­schafts­leben aufzu­geben. Anhand der Erzäh­lungen Pierres und in Form von Rück­blenden erfährt der Zuschauer die Geschichte der beiden. Eine Liebe in immer anderen Hotel­zim­mern, an immer anderen Orten der Welt, die nie den Weg in den Alltag gefunden hat.

Kennt nicht jeder diese Geschichten, die gleich zwei Frauen ins Unglück stürzen? Auf der einen Seite die Ehefrau, die verzwei­felt versucht, ein geord­netes Fami­li­en­leben aufrecht­zu­er­halten, und sei es nur um die Vorteile ihres Lebens im Wohlstand und den guten Ruf nicht zu verlieren. Und auf der anderen Seite die Geliebte, immer in der Hoffnung, der Mann könnte sich doch irgend­wann für sie entscheiden und ein normales, öffent­li­ches Leben mit ihr führen. Breitman wertet das Verhalten ihrer Figuren nicht. Sie führt uns ganz objektiv die Vertrackt­heit solcher Drei­ecks­ge­schichten vor Augen, die, egal wie, immer Verletzte zurück­lassen. In diesem Fall bleiben sogar alle drei Betei­ligten auf der Strecke.

Chloés Schicksal bildet in Je l’aimais nur die Leinwand, auf der Pierres Geschichte gezeichnet wird. Nur in kurzen Sequenzen kehrt der Film zu ihr zurück. Der Charakter von Pierre aller­dings fügt sich über die zwei Zeit­ebenen letztlich zu keiner Einheit, was man dem Film jedoch nachsieht. Denn er versteht es, den Zuschauer zu bannen und in die immer inten­si­vere Gefühls­welt der Liebe zwischen Pierre und Matilde zu ziehen, die anfangs noch eine Leich­tig­keit hat, dann leiden­schaft­lich und schließ­lich zerstö­re­risch wird. Vor allem die junge Frau, mit dem Wunsch nach mehr, scheint an ihr zu Grunde zu gehen. In Szenen, in denen Pierre sie mitten in der Nacht verlässt, um zurück zur Familie zu gehen, wird die Einsam­keit und die unlieb­same Rolle nicht nur der Ehefrau, sondern auch die Tragik der Geliebten spürbar.

Pierres Geschichte soll Chloé am Ende helfen, den Glauben an die Liebe nicht zu verlieren. Die Trennung als Chance auf einen Neuanfang, ein besseres Leben. Etwas kitschig wirkt am Ende die Metapher des Lichts am Horizont als Hoff­nungs­schimmer der verzwei­felten Frau – aber das Bild passt in diesen gefühls­in­ten­siven Film: Große Gefühle für dieje­nigen, die sich mal wieder einen Film lang der Tragik der Liebe hingeben wollen.

Auf dem Filmfest: Mi., 01.07., Cinemaxx 3, 22:30 Uhr