Fast verheiratet

The Five-Year Engagement

USA 2012 · 124 min. · FSK: ab 12
Regie: Nicholas Stoller
Drehbuch: ,
Kamera: Javier Aguirresarobe
Darsteller: Jason Segel, Emily Blunt, Rhys Ifans, Chris Pratt, Alison Brie u.a.
Verliebt, verlobt, verraten

Neue Szenen einer Ehe

Viel­leicht ist das die eigent­liche und unheim­lichste Erkenntnis aus dem sich aufdrän­genden Vergleich zwischen damals und heute; zwischen dem zermür­benden Ehedrama Szenen einer Ehe Ingmar Bergmans und dem leicht hinter­sin­nigen Singsang der Social Comedy Fast verhei­ratet aus dem Hause Appatow: Man muss gar nicht erst verhei­ratet zu sein, um zu erkennen, dass es nicht wirklich gut läuft, wenn Menschen zu lange zusam­men­leben.

Nicholas Stoller, der mit seinem Haupt­dar­steller Jason Segel diese Erkenntnis kürzlich bereits in Die Muppets auf etwas andere Weise varriiert hat, macht in Fast verhei­ratet aller­dings deutlich, dass es ohne Puppen im Leben noch viel schwerer ist, eine Part­ner­schaft eini­ger­maßen erfolg­reich durch­zu­halten. Und seien es nur fünf Jahre. Denn so lange zieht sich die Tortur hin, die Jason Segel und Emily Blunt durch­laufen, bevor sie erkennen, dass die fast genau 40 Jahre alten Varia­tionen einer Ehe von Bergmann durchaus noch Bestand und auch für eine Nichtehe verhee­rende Folgen haben können.

Dabei versuchen Tom und Violet es durchaus anders als Johan und Marianne. Die Heirat wird trotz großer Liebe immer wieder verschoben, auch weil die klas­si­schen Gender­kon­ven­tionen über­treten werden können. Denn nicht Violet, die erfolg­reiche Psycho­lo­gie­stu­dentin ist das Anhängsel, sondern Gour­met­koch Tom, der Job & Heimat aufgibt, um Violets Karriere zu unter­s­tützen. Stoller zeichnet diesen Rollen­tausch in Farben, die immer wieder ein wenig zu grell leuchten, selbst für den schrillen, an sich schon stark gebro­chenen und alle Stereo­typen unter­lau­fenden Kind­mann­kosmos anderer Judd Appatow Produk­tionen wie etwa The 40 Year Old Virgin. Ähnlich unaus­ge­goren und mit immer wieder schlechtem Timing werden die eigent­lich komö­di­an­ti­schen Module bedient. Toms erster Jagd­aus­flug inklusive erlegtem Tier ist ange­fangen vom Pull­over­witz bis zum Abschuss und Abtrans­port des Tieres einfach nur ein schlechter Witz. Aber schon Momente später versteht Stoller genia­lisch zu blitzen, über­rascht er mit wunder­baren Slap­stick­va­ri­anten während des Hoch­zeits­test­essens in einer depri­mie­renden Bar und einer bizarren Verfol­gunsjagd zwischen Tom und Violets Professor. Intel­li­gent und spie­le­risch zugleich werden selbst­re­fe­ren­tiell die Muppets zitiert, was Violet zum ersten Mal ermög­licht mit ihrer Schwester Bezie­hungs­fragen zu klären. Und selbst das scheinbar konven­tio­nelle Ende wird durch den subtil einge­bet­teten Van Morrisson Sound­track doppel­deutig hinter­fragt. Nicht mehr Van Morrison selbst singt wie den ganzen Film zuvor, sondern Cover­ver­sionen seiner Songs werden film­be­glei­tend einge­spielt und lenken vom plötz­li­chen Glück ab, denn: ist geco­vertes Glück noch Glück? Dieser Irrgarten wird in einem furiosen, hippiesken Finish grandios erweitert und entschä­digt ausrei­chend für die immer wieder flauen und verfehlten Momente.

Dennoch macht Fast verhei­ratet nicht wirklich glücklich. Das mag aller­dings weniger an seiner „Unfer­tig­keit“ liegen als an seiner ernüch­ternden Aussage, dass nicht einmal die Eman­zi­pa­tion der klas­si­schen Rollen­mo­delle Rettung verheißt. Dass es in Bezie­hungs­fragen im Grunde keine Rettung gibt und wir da stehen, wo vor Bergmann schon Strind­berg und vor Strind­berg so viele andere gestanden haben.