Der Eisbär

Deutschland 1998 · 90 min. · FSK: ab 12
Regie: Til Schweiger
Drehbuch:
Kamera: Greg Littlewood
Darsteller: Benno Fürmann, Tom Gerhardt, Karina Krawczyk, Til Schweiger u.a.
Til Schweiger eiskalt

Der Witz vom Eisbär

Der stoische Killer Leo, Eisbär genannt (Til Schweiger, Der bewegte Mann) hat einen Auftrag von dem Gesund­heits­in­spektor (Heiner Lauter­bach), einem gefürch­teten Gangs­terboß, in den Sand gesetzt. Zeit­gleich: Fabian (Benno Fürmann) und Reza (Florian Lukas), zwei minder­be­mit­telte Frau­en­geile, klauen der coolen Nico (Karina Krawczyk) den Wagen. Doch im Koffer­raum befindet sich eine scharfe Bombe, die für den Gesund­heits­in­spektor bestimmt war. Bei der folgenden Jagd nach dem explo­siven Mercedes laufen die Fäden schließ­lich in der schäbigen Kneipe Pauls Eck zusammen, in der sich der Eisbär und Nico näher­kommen.

Nachdem Til Schwei­gers Hollywood-Karriere (kaum mehr als Neben­rollen, wie in The Repla­ce­ment Killers) nicht so richtig in Schwung kommen wollte, übernimmt er in Der Eisbär nicht nur die Haupt­rolle und Produk­tion, sondern auch die Regie. Doch seinem Debut, einer allzu holprigen Mischung aus Taran­tinos Filmwelt und Noir-ange­hauchten Gangs­te­repen, fehlt es neben Elan auch an über­zeu­genden Schau­spie­lern. Als Folge von der Chlo­ro­for­miert­heit der durchaus renom­mierten Schau­spieler ergibt sich eine stetige Distanz, die die parodis­ti­schen Akzente als hilflos und verloren erscheinen läßt. Selbst bei Heiner Lauter­bach und Muster­knabe Jürgen Tarrach springt der Funke einfach nicht über. Und daß der Haupt­dar­steller selbst kaum Gesichts­nu­ancen zeigt, dürfte wohl niemand mehr über­ra­schen. Bis hin zur Lächer­lich­keit erstre­cken sich die hane­büchenen Dialoge, denen weder Glaub­wür­dig­keit noch mini­malste Dramatik zugrunde liegt. Zu den mäßig span­nenden und größ­ten­teils poin­ten­losen Witzen gesellt sich eine zähe bis lang­at­mige Umsetzung. Wenigs­tens kann sich Schweiger von seinem bezu­g­losen Anfang lösen und ihm gelingt eine teils unter­halt­same, aber nicht gerade inspi­rierte Gangs­ter­komödie.

Nachdem Altman für Bin ich schön? schon Pate stand, scheint nun Tarantino der mitt­ler­weile einfluß­reichste Ideen­geber für deutsches Kino geworden zu sein, was sich nicht nur in der episo­den­haften Paral­lel­hand­lung und den lako­ni­schen, möglichst coolen Dialog­fetzen sowie der absurden Grund­stim­mung zeigt, sondern auch in direkten Anspie­lungen. Besonders ein Überfall auf ein Fastfood-Restau­rant mit 40 Hambur­gern als Beute und der über­drehte Showdown sind mit freund­li­cher Geneh­mi­gung entliehen. Zur technisch versierten Umsetzung gehören neben dem rhyth­mi­schen Schnitt auch einige Kame­ra­fahrten, deren Wildheit und Bewe­gungs­reichtum an typische Hong Kong Actioner erinnert. Neben dieser Selbst­be­die­nung über­schüttet Schweiger seinen inof­fi­zi­ellen Knocking On Heavens Door-Nach­folger mit einer schier nicht enden wollenden Reihe von Zitaten in Form von Szenen, Dialogen und auch musi­ka­li­schen Hommagen. Nur fügen sich diese absolut nicht paßgenau ein, sie sind entweder depla­ziert, oder wirken nach­teilig parodis­tisch. Mit seinem bere­chen­baren Schluß raubt einem Der Eisbär schließ­lich jeden Funken Spaß. Um mit einem Zitat zu schließen, ein Satz, der öfters in Til Schwei­gers neuem Film auftaucht und durchaus treffend den ersten Eindruck nach durch­stan­dener Laufzeit beschreibt: das glaube ich einfach nicht!