Crazy Heart

USA 2009 · 112 min. · FSK: ab 6
Regie: Scott Cooper
Drehbuch:
Kamera: Barry Markowitz
Darsteller: Jeff Bridges, Maggie Gyllenhaal, Robert Duvall, Ryan Bingham, Colin Farrell u.a.
Gemütszustände bei gutem Country

Fallen und Fliegen

»Kein Platz für die Erschöpften« heißt es in einem Lied des Films Crazy Heart. Und erschöpft ist die Haupt­figur Bad Blake in der Tat. Um sich die tägliche Flasche seines Lieb­lings­w­hiskys leisten zu können, muss der runter gekommene Country-Musiker sein spär­li­ches Einkommen in Bowling-Centern und schäbigen Kneipen verdienen. Bereits morgens ist er betrunken und verlässt schon mal kurz die Bühne, um sich in eine Mülltonne zu übergeben. Blake war früher ein Star in der Country-Szene der west­li­chen USA, jetzt, mit 57 Jahren, ist er ein physi­sches wie psychi­sches Wrack.

Jeff Bridges' beein­dru­ckende Darstel­lung des darbenden Cowboys – der entfernt an seine Kultrolle in The Big Lebowski erinnert – brachte dem Schau­spieler den Golden Globe und die fünfte Oscar-Nomi­nie­rung. Bridges, selbst Country-Fan, der bereits ein eigenes Album veröf­fent­lichte, hält sich mit der Darstel­lung des zerris­senen Charak­ters sehr zurück und macht Blake deshalb so glaub­würdig. Der Film fokus­siert sich ganz auf seine Haupt­figur und zeichnet das ernste Porträt eines musi­ka­li­schen Genies, dessen beste Jahre lange vorbei sind. Die gran­diosen Schau­spieler (unter anderen Robert Duvall als mora­li­sche Instanz in Blakes Leben), die eigens kompo­nierte Musik und die tragische Liebes- und Lebens­ge­schichte machen den Film absolut sehens­wert.

Die für Crazy Heart kompo­nierten Lieder bilden eine Art Mini-Musical im Film. Titel wie »Fallin' & Flyin'«, »Hello Trouble« oder »The Weary Kind« drücken Blakes Gemüts­zu­stände aus, packen sein Leben in poetische Worte, die der Sänger abseits der Bühne nur schwer findet. »Das ist kein Platz für die Erschöpften, kein Platz, den Kopf zu verlieren, kein Platz, um zurück zu bleiben, nimm dein verrücktes Herz und gib ihm noch eine Chance«, bringt »The Weary Kind« den Kern der Geschichte auf den Punkt.

Seinen Tiefpunkt erlebt Bad Blake, als er als Vorgruppe seines einstigen Protegés Tommy (über­ra­schend musi­ka­lisch: Colin Farrell) auftreten soll. Aus Geldnot hat er keine Wahl. Tommy verkör­pert alles, was Blake verloren hat: Jugend, Vitalität, Erfolg. Die Konfron­ta­tion mit dem alten Freund hält Blake sein eigenes Versagen schmerz­haft vor Augen. In einer der bewe­gendsten Szenen des Films stehen die beiden Sänger gemeinsam auf der Bühne, als ihnen ihr Rollen­tausch bewusst wird. Tommy ist es nun, der Blake unter die Arme greifen muss. Blake muss zurück­treten für die nächste Gene­ra­tion.

Neben eingäng­li­cher Country-Musik und rauer Männ­er­freund­schaften liefert Crazy Heart aber auch eine charmante und verrückte Liebes­ge­schichte. Blake verliebt sich in die junge Jour­na­listin Jean Craddock (Maggie Gyllen­haal), die sein fest­ge­fah­renes Leben durch­ein­ander bringt. Während eines Inter­views funkt es sofort zwischen den beiden. Die unge­wöhn­liche Romanze befremdet zunächst, bezaubert später aber eben deswegen, weil es hier mal nicht um ein perfektes Film-Paar geht. In Jeans Bett kompo­niert Blake zum ersten Mal seit Langem wieder. Für sie ist er bereit, sich zu ändern, leider aber zu spät.

Crazy Heart ist kein fröh­li­cher oder mitreißender Film, sondern eine nach­denk­liche Charak­ter­studie. Man begleitet Bad Blake gerne, weil er authen­tisch ist, kein Hollywood-Held, sondern ein gewöhn­li­cher Mensch, der in seinem Leben schwer­wie­gende Fehler begangen hat, die nicht wieder gut zu machen sind. Seine traurige und kuriose Geschichte wirkt nicht künstlich, sondern wie eine, die das Leben schreibt.