17.08.2000

Jane Bond

Rupert Everett mit Film- Familie in EIN FREUND ZUM VERLIEBEN
Rupert Everett mit Film- Familie in Ein Freund zum Verlieben
(Foto: Concorde)

Interview mit Rupert Everett zu Ein Freund zum Verlieben

Seit rund 15 Jahren gehört der Brite Rupert Everett (geb.1959) zu den gefrag­testen und inter­es­san­testen Film-Schau­spie­lern. Aus einer reichen briti­schen Familie stammend, wurde er seit dem Alter von 7 Jahren im Ample­forth College von Bene­dik­tiner-Mönchen erzogen. Seinen Film­durch­bruch erlebte er 1985 mit Another Country. Seit 1989 ist Everett zudem einer der wenigen beken­nenden Homo­se­xu­ellen unter den Schau­spie­lern Holly­woods.

Zuletzt hatte er mit Haupt­rollen in so unter­schied­li­chen Filmen wie Shake­speare in Love (als Marlowe), B. Monkey und An Ideal Husband Erfolg. In John Schle­sin­gers Melodrama Ein Freund zum Verlieben (The Next Best Thing) spielt Everett nun an der Seite von Madonna.
Mit Everett sprach Rüdiger Suchsland.

artechock: Mr.Everett, Sie haben früher als Model gear­beitet, sind auch heute noch manchmal auf Werbe­photos zu sehen. Heute gelten Sie als einer der best­aus­se­hendsten Schau­spieler und werden von Frauen wie Männern glei­cher­maßen umschwärmt. Sind Sie eigent­lich eitel?

Rupert Everett: Selbst­ver­s­tänd­lich, ich bin ungeheuer eitel. Ich finde auch nicht, dass das eine Sünde ist.

artechock: Ist es nicht auch eine Belastung, gut auszu­sehen?

Everett: Oh ja, ungemein. Jeden Morgen schaue ich in den Spiegel und denke: Oh Gott, wie schreck­lich. Nein im Ernst: es kann schon eine Belastung sein. Erstens nehmen einen manche Leute erst gar nicht für voll, Männer vor allem. Und dann gibt es natürlich ein Problem mit der Besetzung. Wer so aussieht, wie ich, gilt manchen als nicht seriös. Für bestimmte Charak­tere und in bestimmten Filmen werde ich einfach nicht besetzt. Aber das geht wohl allen so – und es gibt sicher Schlim­meres, als für gutaus­se­hend gehalten zu werden.

artechock: Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs? Was macht Sie zu etwas Beson­derem?

Everett: Vor allem hatte ich Glück. Ich hatte das Glück, dass ich gerade da war, als man in den USA Engländer suchte. Und schwul zu sein war das Aller­beste, was mir in meiner Karriere passieren konnte.

artechock: Die wenigsten homo­se­xu­ellen Mitglieder des Show-Business hatten – wie Sie vor über 10 Jahren – den Mut, sich zu outen. Haben Sie keine Angst gehabt, dass dies Ihre Kariere beenden könnte?

Everett: Eigent­lich habe ich mich nie richtig geoutet. Das kam ganz organisch. Meine letzte Freundin habe ich mit 26 gehabt, dann habe ich das gestoppt. Ich war schwul, das war kein Event für mich, es passierte einfach so. Für mich war es richtig, wie es passierte. Im Prinzip finde ich aber die Bedeutung, die dem persön­li­chen coming out beigemessen wird, ein wenig geschmackslos, auch dumm.

Das hat meiner Karriere schon einen Knick versetzt. Den großen roman­ti­schen Liebhaber könnte ich schon spielen, aber das wäre nicht klug von mir, denn dann würde ich für mögliche Miss­erfolge verant­wort­lich gemacht, weil ich schwul bin. Und richtig große Fami­li­en­filme gingen eher an Tom Cruise oder Nicholas Cage. In Amerika haben wohl viele Produ­zenten Angst, das Publikum könnte das nicht akzep­tieren. In meiner Heimat stört das niemanden, und in der Oscar Wilde Verfil­mung The Perfect Husband konnte ich selbst­ver­s­tänd­lich Lord Goring sein.
In meiner zweiten Hollywood-Karriere bin ich jetzt eben ein Schwuler der einen Schwulen spielt. Ich finde es eigent­lich lang­weilig darüber zu reden, schwul zu sein, aber das muss ich wohl.

artechock: Wenn Sie Ihr Schwul­sein nicht zum Thema machen möchten, ist es dann besonders clever, eine Rolle wie die in The Next Best Thing zu über­nehmen? Dort spielen Sie immerhin einen Homo­se­xu­ellen – klar, dass sie dazu befragt werden...

Everett: Sie haben sicher recht. Aber ich bin ja nun nicht gerade berühmt dafür, ein großer Taktierer zu sein – wäre ich es, hätte meinen Karriere nicht so einen Achter­bahn-Verlauf genommen. Aber Madonna ist eine sehr gute Freundin von mir. Ich wollte schon seit langem etwas mit ihr gemeinsam machen. Letztlich nehme ich die Rollen, die mir angeboten werden, und die gut sind.

artechock: Gibt es Rollen, die Sie gerne spielen würden, aber nicht bekommen, weil man Ihnen das nicht zutraut?

Everett: Ob es am Zutrauen liegt, oder am Aussehen, weiß ich nicht. Aber mit leading-man-parts werde ich nicht gerade über­schüttet. Es liegt vor allem an den Männern. Sie glauben, dass die Sexua­lität eines Schau­spie­lers eine Rolle spielt, dass die Frauen im Publikum nicht an einem Gefallen finden können, obwohl sie wissen: Den bekomme ich nie ins Bett.
Aber wenn es nach mir ginge, würde ich tatsäch­lich sehr gerne einmal in einem Horror­film auftreten, oder eine Action-Rolle bekommen. So etwas habe ich noch nie gemacht. Graf Dracula würde ich sehr gerne spielen.

artechock: Einen Briten muss man in so einem Fall fragen: Könnten Sie sich vorstellen, einmal James Bond zu spielen?

Everett: Oh ja, das würde ich wahn­sinnig gerne. Aber ich fürchte, man wird mich nicht fragen. Leider. Viel­leicht räche ich mich eines Tages. Sie wissen viel­leicht, dass ich gele­gent­lich Dreh­bücher schreibe. Eines von ihnen erzählt eine schwule Spionage-Geschichte. Es heißt Jane Bond.

artechock: Was erhoffen Sie dann von Ihrer beruf­li­chen Zukunft?

Everett: Soll ich es Ihnen ganz ehrlich verraten? Ich möchte dick und fett werden, und im Kino wie auf der Bühne der Nach­folger des Charak­ter­dar­stel­lers Robert Morley werden. Denn kennen Sie ja sicher: Der hat immer Butler und Geheim­dienst­chefs gespielt. Ohne ihn ist der Posten frei geworden. Und ich könnte mich dann endlich richtig gehen lassen...