05.08.2004

»Ich kenne keinen anderen Schwarzen, der je die Welt retten durfte!«

Will Smith in I, ROBOT
Will Smith in I, Robot

Hollywood-Star Will Smith über die Welt der Zukunft, Politik und den Wunsch nach mehr Freiheit

Der 1968 geborene Will Smith ist – neben Denzel Washington und Morgan Freeman – der bekann­teste schwarze Darsteller im US-Kino. Begonnen hat er in den 80er Jahren als Musiker. Den Leinwand-Durch­bruch erlebte er dann 1996 mit Roland Emmerichs Inde­pen­dence Day und mit Men in Black. Vor zwei Jahren wurde er für die Titel­rolle in ALI für einen Oscar nominiert. Nun ist Smith, einer der best­be­zahlten Stars der Gegenwart, in dem Science-Fiction-Action­film I, ROBOT zu sehen.
Mit ihm sprach Rüdiger Suchsland.

Artechock: I, Robot zeigt eine Welt, in der jeder Mensch einen Privat­ro­boter besitzt. Welche Art Roboter hätten Sie selbst denn selbst am liebsten zuhause?

Will Smith: Einen Golf­caddie! Der mir sagt, wie weit es zum Loch ist, wann die Schläger brechen, wie ich um die blöden Bäume herum­komme. Mein Golf-Handicap ist zu schlecht. Jede Tech­no­logie ist nicht etwas, das etwas „für einen tut“, sondern eine Erwei­te­rung des eigenen Verstandes. Ich würde einen Roboter als Lehrer benutzen, zum Beispiel für Schach – ich bin ein richtiger Schach­freak.

artechock: Die Vorlagen zum Film sind die berühmten Kurz­ge­schichten von Isaac Asimov. Was hat sie an diesem Stoff faszi­niert?

Smith: Die beste Science-Fiction ist voll mit echter Wissen­schaft. Asimov hat die „drei Gesetze“ geschrieben, das sind wirklich geniale Konstrukte. Die Roboter sind lernfähig – wie jede andere Kreation auf der Erde. In der Geschichte des Films geht es tatsäch­lich um den Gegensatz von Logik gegen Intuition. Auch hier tun die Roboter nie etwas falsches, sie machen exakt das, wozu sie entworfen wurden. Tatsäch­lich geht es also um die Arroganz der Menschen, die glauben, alles kontrol­lieren zu können. Zugleich enthält der Film einige brillante Visionen von unserem Leben in der Zukunft. Das was wir sehen, ist viel­leicht sogar weniger als 31 Jahre weg. Große Science-Fiction kann in die Zukunft sehen.

artechock: Sehen Sie doch mal in die Zukunft. Wie stellen Sie sich unsere Welt von morgen vor?

Smith: In I, Robot spiele ich zwar einen Tech­no­pho­biker, aber tatsäch­lich liebe ich die Vorstel­lung, dass Technik alles über­schreitet, was wir uns überhaupt vorstellen können – überlegen Sie mal, was sich in den letzten 50 Jahren getan hat. Das ist vergleichbar mit dem, was sich in den 1000 Jahren vorher verän­derte. Wir können noch nicht einmal sagen, was in 10 Jahren alles anders sein wird. Mein Vater hatte noch nicht einmal einen Fernseher, als er aufwuchs! Keiner von uns konnte sich ein Handy vorstellen. Wir haben einen Mann auf den Mond geschossen, auf meinem iPod habe ich 55.000 Songs gespei­chert. Das finde ich total aufregend und habe keinerlei Angst. Der Haupt­un­ter­schied zwischen dem, was der Film zeigt und dem Stand der Wissen­schaft, ist, dass Robo­ter­ge­sell­schaften zur Zeit nicht an Robotern arbeiten, die mensch­liche Gesichter haben. Zuviele Menschen lehnen das völlig ab. Sony hat immerhin einen Roboter gemacht, der wie ein kleines Kind aussieht. Also: Es kann sich alles ändern, und auch Dinge, die uns heute erschre­cken, können uns morgen ganz vertraut sein. Ich glaube, wenn ich 1800 aufge­wachsen wäre, hätte mich die Vorstel­lung des Fliegens oder des Internet auch erschreckt.

artechock: Es gibt viel Action und anregende Zukunfts­sze­na­rien. Die Liebes­ge­schichte in diesem Film wird dagegen nur ange­deutet...

Smith: Es stimmt schon: In einem großen Sommer­block­buster muss der Held eigent­lich am Ende das Mädchen küssen. Aber mein Regisseur Alex Proyas ist ein unglaub­li­cher Science-Fiction-Fan. Er wollte nicht, dass irgend­etwas die Konzen­tra­tion vom Kern der Story ablenkt.

artechock: Es hat also nichts mit Ihrer Hautfarbe zu tun – man sieht in Hollywood so gut wie nie Schwarze eine weiße Frau küssen...

Smith: Nein, ich denke, das hätte schon passieren können. Aber natürlich: Es gibt auch in Hollywood weiterhin Rassismus. Genau wie Sexismus, wie Klas­sen­ver­hält­nisse. Der Vorteil daran ist: Man erkennt seine Feinde. Natürlich bin ich mir bewusst, dass die meisten Studio-Bosse weiß sind. Sie erzählen Geschichten über Leute, die so sind, wie sie. Sie kennen mich und meine Freunde, meine Lebens­ver­hält­nisse viel zu wenig. Mein Job ist, genau solche Vorur­teile – die den Betei­ligten oft gar nicht einmal bewusst sind – abzubauen.

artechock: Was suchen Ihre Fans, wenn sie in einen Will-Smith-Film gehen?

Smith: Hoffnung. Mein Aussehen, meine Ausstrah­lung sagen: Alles ist möglich. Jeder hat eine Chance. Egal, wovon man träumt – man kann es schaffen. Ich kenne keinen anderen Schwarzen, der je im Kino die Welt retten durfte! Oder nehmen sie Ali. Warum dieser Film für mich perfekt war, war, weil kein einziger Mensch auf der Welt glaubte, dass ich Muhammad Ali spielen könnte. Sogar meine Mutter meinte besorgt: »Baby, bist Du sicher?« (lacht) Indem ich das geschafft habe, habe ich diese Art von Hoffnung auf eine neue Stufe gestellt Vergleichbar damit ist für mich nur Rap-Musik. Diese Musiker sind so frei! Ich sehe sie, und denke: »Hey verdammt! So warst Du auch mal. Die sagen wirklich genau, was sie wollen, ziehen die Klamotten an, die sie gut finden. Da musst Du wieder hin: Wo ein Ort ist, wo Du tust, was Du willst – egal ob es anderen gefällt.«

artechock: Fühlen Sie sich in Hollywood unfrei?

Smith: Nicht Hollywood schränkt mich ein, sondern ich mich selber. Das ist ein Ich-Ding. Ich stecke mich selbst in die Falle.

artechock: Sie waren ja mal ein erfolg­rei­cher Musiker. Fühlten Sie sich dort freier?

Smith: Wissen Sie, es gibt einfach Zeiten, da inter­es­siert es einen mehr, Erfolg zu haben, oder cool zu wirken, als frei zu sein. Was ich eben meinte, ist der insge­heime Wunsch, wieder zu dem Punkt zurück­zu­kommen, wo es einfach nur darum geht, man selber zu sein. Denn ich weiß ja auch: Eines Tages bin ich den Leuten wurscht. Heute nicht, und das genieße ich und mache das Beste daraus. Aber irgend­wann heißt es von mir: Der war mal groß. Ich weiß, dass ich heute populärer bin, als ich es je in meinem Leben wieder sein werde. Ich bin Realist.

artechock: I, Robot ist auch eine poli­ti­sche Metapher: Gezeigt wird eine tota­li­täre Zukunfts­welt. Können Sie sich eine ähnliche Entwick­lung für Ihr eigenes Land vorstellen?

Smith: Schauen Sie sich die Geschichte an: Wir wissen, was mit dem ägyp­ti­schen Imperium passiert ist, mit dem Römischen Reich, mit Byzanz... Alle Imperien, die je exis­tierten, gehen den gleichen Weg. Die Frage ist, wie klug die Politiker der USA mit diesen Tatsachen umgehen, wie gut sie sie verstehen. Wenn sie sie verstehen, wird es langsam Zeit.

artechock: Andere Schau­spie­ler­kol­legen enga­gieren sich politisch. Kamen Sie je selbst in Versu­chung?

Smith: Politik spiegelt die Gesell­schaft und ihre Menschen wieder. In Amerika ist unser größtes Problem die Apathie. Für mich ist das wich­tigste, die Leute dazu zu bringen, dass sie einfach aufpassen, dass sie sich infor­mieren. Wir haben Zugang zu allen möglichen Infor­ma­ti­ons­quellen. Alles, was wir machen müssen, ist: Wir müssen einfach etwas besser aufpassen: Dann richtet sich die Politik auch nach den Leuten.