26.01.2012

»Ich bin sehr kritisch mit mir«

Beste Freunde:
George (Valeria Eisenbart) und Hund Timmy (aka Coffey)

Valeria Eisenbart über ihre Rolle als George in der Verfil­mung von Fünf Freunde, Frosch­ge­sichter und Rituale bei den Dreh­ar­beiten

Man sieht Valeria Eisenbart an, dass sie schon einige Auftritte auf Roten Teppichen absol­viert hat. Routi­niert reagiert sie auf die Zurufe der Kame­ra­leute, strei­chelt immer mal wieder Coffey, den Filmhund, und posiert lächelnd zwischen ihren jungen Kollegen. Sie wirkt kleiner und mädchen­hafter als auf der Leinwand. Da spielt sie George, das Mädchen aus dem Megaseller Fünf Freunde, das lieber ein Junge sein möchte. Die erste Kino­ad­ap­tion von Enid Blytons Kinder­buch­klas­siker ist für Valeria bereits die zweite Film­haupt­rolle innerhalb eines halben Jahres. In Wickie auf grosser Fahrt begeis­terte sie als wilde Svenja im vergan­genen Herbst Kritiker und Kino­pu­blikum. Seit 2008 steht die Berli­nerin regel­mäßig vor der Kamera, hat unter anderem zwei Kurzfilme, einen Zeichen­trick­film und einen TV-Krimi abgedreht und war in der Fami­li­en­komödie Hier kommt Lola! und dem düsteren Drama Die Tür zu sehen. Ein beacht­li­ches Pensum für eine 13-Jährige, aber auch nach dem Premie­ren­trubel und einem eintä­gigen Inter­view­ma­ra­thon macht der Jungstar noch einen entspannten Eindruck.

Das Gespräch führte Elke Eckert.

artechock: Hast du vor den Fünf Freunde-Dreh­ar­beiten die Bücher von Enid Blyton gelesen oder die TV-Serie aus den siebziger Jahren gesehen?

Valeria Eisenbart: Ich wusste natürlich, dass es die »Fünf Freunde« gibt, und habe auch mal ein oder zwei von den Büchern gelesen. Richtig dafür inter­es­siert habe ich mich aller­dings erst während der Castings. Da habe ich mir dann alle Bände gekauft. Während des Drehs haben wir auch die ersten beiden Staffeln der Fern­seh­serie bekommen. Die habe ich mir auf deutsch und auf englisch ange­schaut, weil ich wissen wollte, wie die Stimmen in echt klingen. Der Marcus Harris, der damals den Julian gespielt hat, war ja auch bei uns in einer kleinen Rolle dabei.

artechock: Was hat dir bei den Dreh­ar­beiten am meisten Spaß gemacht?

Eisenbart: Das kann ich so eigent­lich gar nicht sagen. Überhaupt drehen zu dürfen ist schon so ein großes Erlebnis für mich, das macht einfach wahn­sinnig viel Spaß. Action­szenen sind natürlich toll, wenn man rennen darf…

artechock: … oder sich auf dem Fahrrad ein Wett­rennen liefert.

Eisenbart: Na ja, da bin ich ständig in den Graben gefahren. Da waren ganz viele Kurven und die Kamera stand auf einem Golfcart. Und ich sollte um den Wagen herum­fahren. Das habe ich aber nicht geschafft, sondern bin an einer Stelle immer in den Graben gefahren. Ich weiß bis heute nicht genau wieso (lacht).

artechock: Bist du auch privat aben­teu­er­lustig oder eher der ruhigere Typ?

Eisenbart: Ich bin ein sehr verrückter Mensch, also nicht verrückt im Sinn von blöd, sondern immer ziemlich aufge­dreht. Als ich in der Schule mal ein bisschen ruhiger war, hat mich meine Freundin gleich gefragt: „Sag mal, Valeria, geht’s dir gut, ist alles okay?“ Weil sie das von mir gar nicht gewohnt war. Aber an manchen Tagen bin ich einfach ruhiger, weil ich müde bin. Das kommt aber selten vor.

artechock: Wie war es für dich, die Haupt­rolle in Fünf Freunde zu spielen? War es anders als bei Wickie auf grosser Fahrt, wo du eher in der zweiten Reihe agieren konntest?

Eisenbart: Ich hatte bei Wickie mehr Drehtage als beim Fünf Freunde-Dreh, insofern war es schon eine genauso wichtige Rolle. Deshalb war es für mich eigent­lich kein großer Unter­schied, auch wenn der Fokus damals natürlich besonders auf Wickie lag.

artechock: Wenn du dich auf der Leinwand siehst, bist dann zufrieden mit dem, was du da siehst?

Eisenbart: Ich bin sehr, sehr kritisch mit mir selber. Dann sage ich zum Beispiel zum Regisseur: »Ich guck da ja wie ein Frosch.« Ich sehe halt immer kleine Mängel, die andere nicht als Fehler ansehen.

artechock: War denn gleich klar, dass du die George spielst?

Eisenbart: Ja, ich wurde immer für die George gecastet. Es waren sehr viele Mädchen beim Casting. Aber dann bin ich es doch geworden. Da war ich sehr, sehr glücklich drüber. Das war einfach eine Riesen­chance, Fünf Freunde kennen so viele und die Rolle der George ist total cool.

artechock: George heißt ja eigent­lich Georgina und möchte lieber ein Junge sein. Hast du dir das auch schon manchmal gewünscht?

Eisenbart: Nein, noch nie, ich bin sehr froh, dass ich ein Mädchen bin.

artechock: Das Zusam­men­spiel zwischen dir und Coffey, dem Hund, war ja nicht ganz unwichtig. Hattet ihr gleich einen Draht zuein­ander?

Eisenbart: Ja, ich habe selbst einen Hund und wusste deshalb schon, wie ich mit ihm umgehen muss. Der Coffey ist ein ganz lieber Hund, der mag eigent­lich alle Menschen und ist auch gleich auf uns Kinder zuge­gangen.

artechock: Wieviele Stunden habt ihr am Tag drehen dürfen?

Eisenbart: Wir Kinder durften immer nur fünf Stunden am Stück drehen. Das ist gesetz­lich vorge­schrieben und wir haben uns immer daran gehalten.

artechock: Was habt ihr denn in der dreh­freien Zeit gemacht?

Eisenbart: Aufwär­mü­bungen! (lacht) Wir haben ja auch manchmal abends in der Dämmerung gedreht, wegen des Lichts. Wenn wir müde waren, haben wir uns alle hinge­stellt und Hampel­männer gemacht. Das war lustig. Und in der zwei­wöchigen Probezeit, also vor den eigent­li­chen Dreh­ar­beiten, waren wir in einer alten Kaserne in Schleswig mit riesigen Zimmern und vielen kleinen Gängen. Dort haben wir mit dem Hund und unserem Regisseur Mike Marzuk Räuber und Gendarm gespielt, damit wir uns schneller kennen­lernen.

artechock: Habt ihr während der Dreh­ar­beiten auch zusammen gewohnt?

Eisenbart: Ja, zumindest ganz nah neben­ein­ander, damit wir auch Sachen zusammen machen konnten. In Schleswig war’s besonders schön. Dort hatte zwar jede Familie ihr eigenes Apartment, aber wir haben jeden Abend zusammen gekocht, das war auch so ein kleines Ritual. Die Oettls, die Familie von Quirin, hatten eine Wohnung im zweiten Stock, da ging eine Treppe hoch zu einer großen Terrasse, auf der wir dann immer alle zusammen gegessen haben. Außerdem gab’s eine riesige Wiese mit Volley­ball­feld und Fußball­platz für uns Kinder.

artechock: Kann man sagen, dass ihr vier euch ange­freundet habt?

Eisenbart: Ja, das auf jeden Fall. Wir treffen uns ab und zu mal und tele­fo­nieren viel mitein­ander.

artechock: Gab's denn trotzdem auch mal Zoff beim Drehen?

Eisenbart: Nein, so richtigen Streit gab’s eigent­lich nie. Manchmal hatten wir ein paar Diffe­renzen, aber das hat sich immer ganz schnell wieder erledigt. Wenn einer ein Problem­chen hatte, haben wir einfach darüber geredet.

artechock: Hättest du Lust, einen zweiten Teil von Fünf Freunde zu drehen?

Eisenbart: Sofort, jederzeit. Aber dafür müssen halt die Kino­zahlen stimmen.

artechock: Wie bist du eigent­lich zur Schau­spie­lerei gekommen?

Eisenbart: Durch einen Workshop, den ich in den Ferien gemacht habe. Da hat mich der Regisseur Armin Völckers ange­spro­chen und mir geraten, mich mal bei einer Agentur zu melden. Das habe ich dann auch gemacht und so kam eins zum anderen.

artechock: Die Agentur hat dir dann das Casting zu deinem Debütfilm Die Tür vermit­telt.

Eisenbart: Ja, genau.

artechock: Das war ja keine Komödie, sondern ein Drama. Und du hast gleich in deinem ersten Film die dritte Haupt­rolle gespielt. War das schwierig für dich?

Eisenbart: Nein, eigent­lich nicht. Denn ich wusste ja, was auf mich zukommt. Mein Papa wollte erst nicht, dass ich das Drehbuch komplett lese, weil es ein ziemlich heftiger Film ist. Also hat er mir die Geschichte erzählt, und ich sollte nur meine Szenen lernen. Aber ich habe mir das Drehbuch heimlich geschnappt, mich unter der Couch versteckt und es gelesen. Danach habe ich zum Regisseur gesagt: »Das ist ja viel cooler und viel span­nender, als mein Papa mir das erzählt hat.«

artechock: Was haben deine Eltern gesagt, als klar war, dass du häufiger vor der Kamera stehen wirst?

Eisenbart: Am Anfang haben wir das eh alle nicht geglaubt. Als es dann doch so war, haben meine Eltern gesagt, sie finden das okay, aber ich muss meine Schule zu Ende machen, damit ich, falls ich mal keine Rollen mehr bekomme, was anderes machen kann.

artechock: Was könnte das denn sein?

Eisenbart: Ich weiß jetzt noch nicht, was das sein könnte, weil ich eigent­lich ja auch unbedingt Schau­spie­lerin werden will.

artechock: Wie schaffst du es als 13-Jährige, Schule und Schau­spie­lerei unter einen Hut zu bringen?

Eisenbart: Ganz gut, weil ich viel Unter­stüt­zung bekomme, um in den dreh­freien Zeiten zu lernen.

artechock: Ihr wurdet während der Dreh­ar­beiten ja auch unter­richtet.

Eisenbart: Ja, jeder bekam Unter­richt, und es gab für die verschie­denen Unter­richts­fächer auch verschie­dene Lehrer. Ich musste aber diesmal nicht so viel lernen, weil ich den Großteil des Drehs Sommer­fe­rien hatte.

artechock: Du giltst als Natur­ta­lent, aber auch als sehr diszi­pli­niert und profes­sio­nell. Wie bereitest du dich auf deine Rollen vor?

Eisenbart: Für die Rolle der George habe ich eine Biografie geschrieben. Das hat uns Mike, unser Regisseur, empfohlen. Ich habe aufge­schrieben, wie alt George ist, wie sie heißt, wie ihre Eltern sind und was ihre Freunde machen. Um heraus­zu­finden, wie George denkt und handelt. Außerdem stelle ich mir, wenn ich eine Szene lese, vor, wie die Kulissen aussehen und wie ich und die anderen sich da bewegen könnten. Manchmal stimmt’s, manchmal nicht. Aber dann muss ich mich halt anpassen.

artechock: Auffällig bei dir ist, dass du nicht mit Kinder­filmen ange­fangen hast, sondern mit Filmen für ein erwach­senes Publikum. Hat sich das zufällig so ergeben?

Eisenbart: Meine Agentur hat mir einfach freien Lauf gelassen. Sie hat gesagt, da inter­es­siert sich jemand für dich, das ist der und der Film, schau dir mal deine Szenen an. Und dann habe ich entschieden, ob ich dieses Casting machen will oder nicht. Es gab auch mal ein Rollen­an­gebot, da sollte ich ein Mädchen spielen, das drei Jahre älter war als ich. Das habe ich dann abgelehnt, weil das keinen Sinn gemacht hätte. Ich war einfach noch zu jung, um so eine Rolle zu spielen.

artechock: Du hast schon sehr unter­schied­liche Sachen gemacht. Hast du ein Lieb­lings­genre?

Eisenbart: Nein, aber Kinder­filme gefallen mir schon sehr gut, weil eben andere Kinder dabei sind und man auch Freund­schaften schließt. Erwach­se­nen­filme mache ich aber auch sehr gerne.

artechock: War es anfangs schwierig für dich, mit bekannten Schau­spie­lern vor der Kamera zu stehen?

Eisenbart: Nein, ich sag dann nicht, oh, ein Star, da darf ich nichts falsch machen, sondern bin einfach normal. Ich mache da keinen Unter­schied, das sind ja auch keine Götter oder so.

artechock: Dein Vater ist eine wichtige Bezugs­person für dich. Ist er auch dein Manager?

Eisenbart: Ja, auch. Mein Papa begleitet mich immer zu meinen Drehs.

artechock: Was sagen denn deine Freunde und deine Geschwister zu deiner Schau­spiel­kar­riere?

Eisenbart: Ich habe keine Geschwister. Meine Freunde behandeln mich genauso wie vorher und stehen immer hinter mir.

artechock: Hast du eine beste Freundin?

Eisenbart: Nee, ich habe eigent­lich fünf beste Freun­dinnen. Und ich weiß, wenn irgendwas passiert, sind sie für mich da.

artechock: Das letzte Jahr war ja dein bisher span­nendstes, was die Schau­spie­lerei angeht. Gleich zwei Filme (Wickie auf grosser Fahrt / Fünf Freunde), in denen du mitge­spielt hast, dürfen sich 2012 Hoffnung auf den deutschen Filmpreis machen.

Eisenbart: Das ist ja krass, das habe ich gar nicht gewusst! Ich habe bisher nur mitbe­kommen, dass Wickie auf grosser Fahrt den Baye­ri­schen Filmpreis für den besten Kinder­film erhalten hat.

artechock: Bist du ein bisschen stolz auf dich?

Eisenbart: Ja, natürlich ist das toll, dass jemand sieht, wie viel Arbeit in so einem Film steckt, und sagt, den könnten wir doch mal auszeichnen.

top